Eching:Das etwas andere Fest der Blasmusik

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Schubladendenken ade: Die Brass Wiesn in Eching besticht durch ihre Vielfalt. Von traditionellen Klängen bis hin zu Balkanbeats ist alles dabei

Von Alexandra Vettori, Eching

Alexander Wolff hat es gleich gewusst: Als sich am Samstag die ersten dicken Wolken über den Alpen ballten, war er ganz sicher: "Da kommt nichts!" Es ist tatsächlich nichts gekommen - der Regen blieb aus und verschonte das Brass-Festival in Eching. Mit knapp 3000 Besuchern verzeichneten die Veranstalter um Alexander Wolff eine leichte Steigerung um etwa 500 gegenüber dem Vorjahr, als die Brass Wiesn erstmals stattfand. "Rundum zufrieden, tolle Stimmung, tolle Besucher" lautet Wolffs Fazit am Sonntag. Dass auch die Zahlen in diesem Jahr noch nicht reichen, um die Veranstaltung in die Gewinnzone zu bringen, räumt er unumwunden ein: "Es braucht Zeit, bis sich ein Festival etabliert. Aber wir setzen hier auf Qualität bei Musik wie Ambiente, und das wird sich durchsetzen."

Blasmusik und Festival-Atmosphäre, wie geht das zusammen?, fragt sich der unbedarfte Besucher, zumal älteren Semesters und noch aus einer Zeit, in der sich Gruppen und Stile säuberlich voneinander abgrenzten. Solcherlei Schubladendenken aber haben die Musiker längst hinter sich gelassen. Und so versammelte sich in Eching eine bunte Mischung von Menschen verschiedensten Alters und verschiedenster Richtungen. Lederhosen in allen Variationen, im speckigen Wildererstil oder fein bestickt, waren zu sehen, auch einige Dirndl. Erfreute sich die Fraktion der Weißhaarigen eher an traditioneller bayerischer Blasmusik, so fuhr die Jugend ab auf Ska, bayerischen Rap und Balkanbeats. Bei 22 Bands und zwei Tagen Programm war für jeden etwas dabei.

"Das ist auch überraschend für uns, wie vielfältig das Publikum ist", sagt Alexander Wolff, "wir legen Wert darauf, dass jede Musikrichtung da ist, bis Elektro und Rock. Nur Blech muss dabei sein." Bands aus Spanien, Rom, aus Serbien und Argentinien - schon bei der Auswahl lege man Wert darauf, dass die Brass Wiesn nicht auf "Lederhose und Humptata" reduziert werde. "Wir wollen Grenzen überschreiten", sagt Wolff und erzählt, wie Freitagnacht, als das offizielle Programm gegen zwei Uhr beendet war, Musiker und Besucher sich spontan vor dem Zelt zu einem Unplugged-Konzert trafen.

Es ist Samstagnachmittag, die größte Hitze ist vorüber, eine spanische Blasmusikcombo aus Valencia spielt auf. "Haben ihr Lust zu Tanz?" fragt der Sänger - immer mehr haben Lust, wippen und wackeln im Pulk. Franziska Schropp und Dominik Kraft betrachten das Treiben von einer Bierbank unter dem Sonnenschirm aus.

Das junge Paar aus Freising hat den Festivalbesuch bei der SZ gewonnen. "Wir sind wirklich begeistert von der Vielfalt. Zwar mögen wir auch normale Blasmusik, wir sind damit groß geworden, aber diese vielen Variationen, das ist schon toll", sagt Franziska Schropp. Ein Stück weiter hält sich eine Gruppe junger Erwachsener zwischen 18 und 20 Jahren an einem Stehtisch fest. Sie haben schon rege dem Gerstensaft zugesprochen, die Schwüle tut das Übrige. Sie kämen aus Eching, erzählen sie, "wenn hier schon mal was los ist, muss man auch kommen", sagt Jens und grinst. Mit herkömmlicher Blasmusik haben sie nichts am Hut, sie warten auf Bbou, den bayerischen Rapper.

Auf dem Campingplatz herrscht am Wochenende die übliche Festival-Atmosphäre. Die Autokennzeichen reichen von Cham, Ebersberg, Esslingen bis Traunstein, die Brass Wiesn ist offenkundig schon über die direkte Nachbarschaft hinaus ein Begriff. Eine Gruppe junger Leute hängt entspannt auf Campingstühlen herum und erzählt, man sei aus München hergeradelt. "Der See ist richtig gut", sagt Fabian. "Und die Nachbarn", er zeigt auf ein großes Armeezelt, vor dem sich ein stattlicher Müllberg aus Bierdosen und Plastik erhebt, "sind auch lustig, die haben Instrumente dabei und gestern Nacht noch richtig aufgespielt."

© SZ vom 11.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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