Die Westtangente  wird teurer:Noch einmal genau nachrechnen

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Bei den Bauarbeiten für die Westtangente läuft gerade die Anbindung zum Weihenstephaner Ring. (Foto: Marco Einfeldt)

Kämmerin Mathilde Hagl prüft jetzt, wie hoch der Anteil der Stadt bei den Mehrkosten für den Bau der Westtangente tatsächlich ist. Tiefbauamtsleiter Franz Piller oder Finanzreferent Ulrich Vogl: Einer hat sich da verrechnet.

Von Kerstin Vogel, Freising

Die Diskussion um die Kostensteigerungen beim Bau der Westtangente endete am späten Donnerstagabend im Freisinger Stadtrat - mit einem diffizilen Arbeitsauftrag für Stadtkämmerin Mathilde Hagl. Sie soll in den kommenden Tagen ausrechnen, wie hoch die Mehrkosten sind, die der Stadt tatsächlich entstehen. Am Ende wird sie dann entweder Freisings Tiefbauamtsleiter Franz Piller oder den Finanzreferenten des Stadtrats, Ulrich Vogl, irgendwie als mathematisch unzulänglich entlarven müssen, denn einer von beiden hat sich verrechnet.

Um 5,4 Millionen Euro ist das Projekt Westtangente bekanntlich zuletzt teurer geworden. Insgesamt kostet die in der Stadt seit Jahrzehnten höchst umstrittene Umgehungsstraße nun schon 91 Millionen Euro. Doch wegen der prozentualen Zuschussregelung und der Aufteilung der Finanzierung zwischen Stadt und Landkreis bedeutet das im Haushalt der Stadt eigentlich nur Mehrausgaben von 600 000 Euro. So rechnete es Franz Piller den Stadträten am Donnerstag noch einmal vor. Statt auf 17,4 Millionen belaufe sich der Beitrag der Stadt zum Bau der Tangente jetzt auf 18,08 Millionen Euro, präzisierte er noch.

Doch Piller hatte diese Rechnung im Sinne des Wortes ohne Finanzreferent Vogl gemacht. Der ÖDP-Stadtrat huschte in der Sitzung, schon lange bevor der Punkt Westtangente aufgerufen wurde, von Kollege zu Kollege, tuschelte mit den Grünen und nahm Piller zum Gespräch zur Seite. Ein wenig später bat Piller dann umgekehrt Vogl vor die Tür des Sitzungssaals, doch einigen konnten sich die beiden auch dort offensichtlich nicht: Vogl seinerseits rechnete den Stadträten danach jedenfalls vor, warum seiner Ansicht nach durch die Kostensteigerungen beim Bau der Westtangente nicht 600 000 sondern 1,23 Millionen Euro am Haushalt der Stadt hängen bleiben - und bat die Kämmerei um Prüfung.

Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher hatte zuvor noch einmal dargelegt, dass Kostensteigerungen bei so großen Bauprojekten wie der Westtangente "keine Ausnahmesituation" darstellten. Trotzdem könne und solle das natürlich auch hinterfragt werden, betonte er, was sich neben Vogl auch Grünen-Stadtrat Sebastian Habermeyer nicht zweimal sagen ließ. Man sei bislang ja immer noch "nur" auf dem Stand der Kostenberechnung, sagte er: "Jetzt kommt ja noch die Ausschreibung, das könnte noch mal teurer werden." Den Kollegen aus den anderen Fraktionen warf Habermeyer vor, bei der Westtangente jede Kostensteigerung einfach nur abzunicken. "Wir reden bei jedem Verein schon über kleinste Zuschuss-Summen, aber bei der Tangente sind 600 000 Euro völlig wurscht", echauffierte er sich. Die Grünen würden jedenfalls auch in Zukunft sehr genau hinsehen, kündigte er an.

Ein sich irgendwie aufdrängendes Bild bemühte dann Habermeyers Fraktionskollege Jürgen Maguhn für die Situation. Er sehe die Gefahr, "dass sich ein riesiges schwarzes Loch auftut, wenn der Tunnelbau erst einmal begonnen hat", unkte er: "Und darin werden dann viele andere Projekte verschwinden." Bevor das jedoch noch jemand "vertiefen" konnte, beantragte CSU-Stadtrat Rudi Schwaiger das Ende der Debatte. Die Grünen, Linken-Stadtrat Guido Hoyer und Karl-Heinz Freitag (FW) stimmten gegen die Kostensteigerung auf 91 Millionen Euro. Weil 28 andere Stadträte jedoch dafür waren, nimmt das Projekt nun weiter seinen Lauf.

Und die Stadtkämmerin? Die rechnet. Den Umgang mit Zahlen und komplexen Rechnungen zwar eigentlich gewohnt, reichte Mathilde Hagl die Zeit in der Stadtratssitzung dann doch nicht, um die Frage "600 000 oder 1,23 Millionen" zuverlässig beantworten zu können. Das Ergebnis wird nachgereicht, Piller und Vogl dürfen gespannt sein.

© SZ vom 05.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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