Die  Flüchtlingshelfer stoßen an ihre Grenzen:Landräte fühlen sich im Stich gelassen

Lesezeit: 2 min

Freising muss bis Ende nächsten Jahres womöglich bis zu 4000 Flüchtlinge unterbringen - Landrat Josef Hauner fordert bei der Bürgermeister-Dienstbesprechung eine Obergrenze und eine gerechtere Verteilung der Asylbewerber

Von Peter Becker, Moosburg

"Noch so ein Jahr wie 2015 können wir nicht bewältigen!" Landrat Josef Hauner (CSU) sprach an diesem Dienstag bei der Bürgermeister-Dienstbesprechung in Moosburg deutliche Worte zur Unterbringung der Flüchtlinge im Landkreis. Die aktuellen Zahlen der ankommenden Asylbewerber in Deutschland schlagen sich in den Schätzungen des Landratsamts nieder, wie viele Neuankömmlinge in den kommenden Monaten unterzubringen sind. Bei 800 000 Menschen steigt die Quote des Landkreises von 1500 auf 2300. Sind es gar eine Million, "dann muss man noch etwa 20 Prozent dazurechnen", sagte Hauner.

Möglicherweise muss der Landkreis bis Ende nächsten Jahres 4000 Flüchtlinge beherbergen. Hauner rechnete vor, dass die Verwaltung etwa Unterkünfte für 2600 Personen schaffen müsste. Er hat deshalb die Anweisung herausgegeben, dass die Behörde sämtliche Kommunen nach möglichen Quartieren durchforstet. "Damit am Ende nicht alle Turnhallen mit Flüchtlingen belegt sind", stellte Hauner fest.

Der Landrat war noch beeindruckt von dem Bericht, den Regierungspräsident Christoph Hillenbrand während einer Tagung der Landräte abgegeben hatte. Er schilderte darin die jüngsten Ereignisse in München. Fakt ist, dass sich die Landkreise bei der Unterbringung der Flüchtlinge von der großen Politik im Stich gelassen fühlen. "So kann es nicht weitergehen", sagte Hauner. Auf "schlaue und warme Worte aus Berlin" könnten die oberbayerischen Landräte gut und gern verzichten. Es müsse eine Obergrenze bei der Zahl der aufzunehmenden Flüchtlinge geben.

Hauner schilderte, wie Angestellte und ehrenamtliche Helfer in den vergangenen Monaten an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gestoßen seien. Viele seien in ständiger Rufbereitschaft. Ein Drittel der Angestellten im Landratsamt sei mittlerweile mit der Unterbringung der Flüchtlinge beschäftigt.

Hauner erinnerte daran, dass die Sicherheitslage im Landkreis trotz der großen Zahl der eintreffenden Asylbewerber bislang ruhig sei. Das hatte jüngst während eines Pressegesprächs im Landratsamt der Chef der Freisinger Polizeiinspektion, Ernst Neuner, versichert. "Ich hoffe, dass das so bleibt", betonte der Landrat. Die Zahl der eintreffenden Flüchtlinge werde mit dem Jahreswechsel nicht plötzlich versiegen. Deshalb forderte er eine insgesamt bessere Verteilung der Asylbewerber auf andere Bundesländer.

Hauner erinnerte daran, dass die erste größere Unterkunft an der Wippenhauser Straße im Entstehen sei. Mitte November soll sie bezugsfertig und die Turnhalle der Wirtschaftsschule geräumt sein. Hauner versteht dies als Signal an Schulen und Vereine, dass Sportunterricht sowie Trainings- und Spielbetrieb aufrecht erhalten bleiben sollen. Traglufthallen für bis zu 300 Personen, wie sie in Eching und Neufahrn entstehen sollen, sieht der Landrat nicht als Dauerlösung. Er appellierte vielmehr an die Bürgermeister, stabilere Bauten in ihren Gemeinden zu errichten. Die könnten später als Unterkünfte für Obdachlose oder Familien mit geringem Einkommen genutzt werden.

Hauner will in jedem Fall vermeiden, dass eine Konkurrenzsituation zwischen heimischen Bedürftigen und Neuankömmlingen entsteht. Das würde zu Konflikten führen. Der Landkreis muss zwar einige Millionen Euro für den Bau der geplanten Flüchtlingssiedlungen an Wippenhauser-, Katharina-Mair- und Gartenstraße sowie am Park-and-Ride-Parkplatz aufwenden. Doch dieses Geld bekommt er auf lange Sicht von der Regierung von Oberbayern zurückerstattet. Die Summen würden nicht in die Kalkulation der Kreisumlage für das Haushaltsjahr 2016 einbezogen, beruhigte er die Bürgermeister. Ob sich die im nächsten Jahr ändert, dazu soll Kämmerer Gerhard Six in der November-Sitzung des Kreisausschusses informieren.

© SZ vom 16.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: