Deutliche Worte eines Geistlichen:"Sprachlich abrüsten" beim Thema Flüchtlinge

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Die Hetze gegen Asylbewerber ist Thema des Landfrauentags. Kreisbäuerin Rosina Westermair will dagegen steuern. "Es wird doch immer schlimmer", sagt sie

Von Katharina Aurich, Helfenbrunn

Wer beim Landfrauentag des Bayerischen Bauernverbands (BBV) eine Heile-Welt-Veranstaltung erwartet hatte, ist am Mittwoch beim Burgerwirt eines besseren belehrt worden. 250 Frauen hörten konzentriert und betroffen einem Vortrag mit klaren politischen Ansagen zu. "Wir wollten etwas gegen die Hetze gegen Flüchtlinge tun, informieren und zum Nachdenken anregen, es wird doch immer schlimmer", sagte Kreisbäuerin Rosa Westermair. Deshalb hatte der Vorstand den Klinikseelsorger Josef Epp aus Ottobeuren eingeladen, der Klartext sprach.

"Wir beklagen uns, dass so viele Flüchtlinge kommen, aber wir beklagten uns nicht, als unsere Interessen in diesen Ländern auf Kosten der Menschen dort durchgedrückt wurden", rief Epp den Zuhörerinnen zu. Auch habe sich keiner beschwert, als die Waffenindustrie riesige Gewinne erzielt habe, so der Theologe.

Man solle auch sprachlich abrüsten, er halte den Begriff "Flüchtlingskrise" für maßlos überzogen, bei uns gebe es keine Krise - diese sei woanders, in den Ländern, die von rücksichtslosen Konzernen, die Nahrungsmittel zu Spekulationsobjekten machten, ausgebeutet würden. "Die Zeit unseres maßlosen Überflusses geht dem Ende zu, die Völker, die in Armut leben, lassen sich das nicht mehr gefallen", so der Kirchenmann.

Keiner habe eine Lösung. Einen Zaun zu errichten, sei menschenunwürdig. "Wir sollten demütig und bescheiden gemeinsam nach Lösungen suchen", sagte Epp. Und er wies auf die "Verlogenheit in unserer Gesellschaft" hin, auf diejenigen, die sich lautstark über das Verhalten von Männern in Köln in der Silvesternacht aufregten und die Achtung der Würde der Frau einforderten. Man sollte sich moralisch nicht auf ein hohes Pferd setzen, Deutschland sei die "Drehscheibe für Zwangsprostitution aus dem Osten". Ein Land, das als einer der Hauptproduzenten von Pornofilme gelte und in dem User am allermeisten auf Pornoseiten klickten - das seien Verletzungen der Würde der Frau auf allen Ebenen, kritisierte Epp.

Der Referent empfahl seinen Zuhörerinnen, genau hinzusehen und tolerant zu sein, Maß zu halten, immer wieder den eigenen Horizont zu erweitern und dabei die Bodenhaftung zu behalten. Aber auch sich selbst zu mögen und jedem Menschen mit Wertschätzung und Achtsamkeit zu begegnen.

Rosa Westermair betonte nach dem Vortrag, dass sie selbst und viele Bäuerinnen offen für Flüchtlinge seien und sie gerne bei sich aufnehmen und beschäftigen würden, aber die bürokratischen Hürden seien bisher zu hoch und die Verfahren zu umständlich.

© SZ vom 04.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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