Das Jahr 2016:Eching wagt den Wandel

Lesezeit: 2 min

Bei der Bürgermeisterwahl im Juli macht der 30-jährige, parteifreie Sebastian Thaler das Rennen. Auf ihn entfallen 62 Prozent der Stimmen. Thomas Kellerbauer, der Kandidat der CSU, unterliegt deutlich

Von Alexandra Vettori, Eching

Als Josef Riemensberger Anfang April dieses Jahres bei einer Versammlung der Echinger CSU bekannt gab, nach 18 Jahren als Bürgermeister nicht mehr zu kandidieren, bekam das ohnehin bestimmende Thema für 2016, die Bürgermeisterwahl im Juli, eine bis dahin unerwartete Tragweite. Jetzt, da Riemensberger, 58, nach vier erfolgreichen Kandidaturen eine fünfte aus persönlichen Gründen ausgeschlossen hatte, rückte der Rathaussessel für die anderen politischen Gruppierungen tatsächlich in greifbare Nähe.

Vor allem traf das für einen zu, den die SPD schon im November des Vorjahres aus dem Hut gezaubert hatte, den parteifreien Sebastian Thaler, 30 Jahre jung, in Naburg in der Oberpfalz geboren, nach einem Elektrotechnik-Studium in München mittlerweile Siemens-Projektleiter und Wahlmünchner. Thaler kannten im Ort bis zu diesem Zeitpunkt nur die Tennisspieler des SC Eching, wo er seinem Hobby nachging, bis ihn dort der SPD-Altbürgermeister Rolf Lösch als politischen Newcomer ausmachte.

Sebastian Thaler erschien nicht nur dem Altbürgermeister als personifizierter Wandel in der irgendwie stickig gewordenen Atmosphäre des Echinger Rathauses, und so zählten von Anfang an auch die "Bürger für Eching", die Grünen und die Echinger Mitte zu den Unterstützern des Unbekannten. Jetzt, im April, stand fest, dass ein fundamentaler Wandel stattfinden würde - von vielen lang ersehnt, denn immer lauter waren die Klagen geworden, über fehlende Transparenz bei Entscheidungen, über Diskussionsmüdigkeit im Gemeinderat, über die Verschleppung wichtiger Themen vom Rathaus- und Rathausplatz-Umbau über die Ausweisung neuer Baugebiete im Hauptort bis hin zur längst überfälligen Entscheidung über die künftige Nutzung des Nordwestufers am Hollerner See.

Die Echinger CSU schickte Thomas Kellerbauer ins Rennen, eigentlich den idealen politischen Gegner für ein unbeschriebenes Blatt wie Thaler. Der 47-Jährige ist in Eching aufgewachsen, führt seit 1997 den elterlichen Betrieb, ist verheiratet, Vater, seit 2011 stellvertretender Vorsitzender, seit 2013 Ortsvorsitzender der Echinger CSU, seit 2014 Gemeinderat und Dritter Bürgermeister. Als der Lokalmatador und früher ambitionierte Bürgermeisterkandidat Otmar Dallinger von den Freien Wählern eine erneute Kandidatur ebenfalls abwinkte, war klar, dass alles auf ein Duell zwischen Kellerbauer und Thaler hinauslaufen würde.

Am Wahlabend stehen die beiden Kontrahenten Sebastian Thaler (links) und Thomas Kellerbauer am Ende einträchtig nebeneinander. (Foto: Lukas Barth)

Dann passierte lange nichts. Erst Mitte Mai startete Kellerbauer seinen Wahlkampf, da war Thaler mit seinem Unterstützerkreis schon in den Orten der Gemeinde unterwegs und stieß mit jungdynamischer Frische auf Interesse und, wie sich zeigte, auch auf Wohlwollen. Denn als am 3. Juli, 52,2 Prozent der 10 300 wahlberechtigten Echinger ihr Votum abgegeben hatten, stand der 30-Jährige als neuer Bürgermeister da, 62 Prozent der Stimmen waren auf ihn entfallen.

Bevor er sein Amt im September antrat, zurrte der noch amtierende Bürgermeister aber noch eines fest: Er ließ den Gemeinderat die Sanierung und Erweiterung des alten Rathauses beschließen und verhinderte so den von Thaler im Wahlkampf erwogenen Neubau. Den Abschied seines Amtsvorgängers Mitte September im Bürgerhaus verpasste Thaler, er weilte da im lange vor der Wahl gebuchten Amerikaurlaub, die Geschäfte übergab der Stellvertreter. Seither müht sich der junge Bürgermeister, den Worten Taten folgen zu lassen. Bei ersten Bürgerversammlungen hörte er sich freundlich alle Wehwehchen an, am neuen Rathaus sorgte er zumindest für Umplanungen, und die Stimmung in Belegschaft und Gemeinderat soll sich auch gebessert haben. Was bei den anderen Themen passiert, wird das neue Jahr zeigen.

© SZ vom 27.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: