Bio-Stadt Freising:"Der Titel muss mit Leben gefüllt werden"

Lesezeit: 3 min

Das Archivbild zeigt eine Schulmensa. Das Essen an Freisinger Schulen und Kitas soll einen größeren Bio-Anteil bekommen. (Foto: Franziska Kraufmann/dpa)

Vor etwa zwei Jahren wurde der Beschluss im Stadtrat gefasst: Freising trat dem Netzwerk der deutschen Biostädte bei. Allzu viel sei bislang aber nicht geschehen, kritisiert die Grünen-Politikerin Susanne Günther.

Von Gudrun Regelein, Freising

Es war vor etwa zwei Jahren, als die Stadt Freising dem Netzwerk der deutschen Biostädte beitrat. Der Antrag dafür kam schon 2019 von der Agenda21-Projektgruppe "Biostadt Freising", den Beschluss fasste der Stadtrat dann einstimmig im März 2021. Freising war damals die neunte bayerische Stadt in diesem bundesweit aktiven kommunalen Netzwerk - mittlerweile sind es bereits 27. Aber was heißt "Biostadt" konkret? Wurde und wird nun alles Bio und nachhaltig in der Stadt?

Es sei eine politische Entscheidung, sich in diesem Themenfeld stärker zu engagieren, sagt Freisings Hauptamtsleiter Rupert Widmann. Das "Bio" stehe nicht nur auf dem Papier, betont er. "Das ist für uns ein wichtiger Titel - und ein zukunftweisendes Thema." Das Netzwerk habe sich unter anderem zum Ziel gesetzt, den Ökolandbau, die Weiterverarbeitung und die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln mit kurzen Transportwegen und regionaler Wertschöpfung verstärkt zu fördern. "Gerade in der derzeitigen Situation gewinnen Bio und Produkte aus der Region eine immer größere Bedeutung", sagt Widmann.

Bio- und regionale Lebensmittel werden nun schon seit Längerem bei den städtischen Empfängen verwendet - und in einigen Kitas oder beim Freisinger Volksfest angeboten, berichtet Widmann. Auch bei der Ausschreibung für das Essen für die neugebauten Schulen am Steinpark habe die Stadt darauf Wert gelegt, mindestens 30 Prozent müsse Bio sein, hieß es dort. "Der Caterer, der den Zuschlag bekam, verwendet sogar zu 40 Prozent Bio-Produkte, die Hälfte hat regionale Herkunft", sagt Widmann. Geplant sei, dort einmal täglich 1200 Essen auszugeben. Der gleiche Caterer beliefere auch zwei weitere Grundschulen und eine Mittelschule in Freising. "Wir sind auf einem guten Weg."

Noch ist Freising keine Bio-Stadt

Die Außer-Haus-Verpflegung auf Bio umzustellen, sei eines der größten Anliegen des Netzwerkes, sagt Susanne Günther, Fraktionsvorsitzende der Freisinger Grünen und Mitglied in der Agenda-Gruppe "Biostadt Freising". Aber alleine wegen des Essens mit einem hohen Bio-Anteil an den Schulen am Steinpark - das die Grünen im Stadtrat beantragt hatten -, sei Freising noch lange keine Bio-Stadt. Momentan trage die Stadt zwar diesen Titel, dieser müsse aber noch mit Leben gefüllt werden, fordert Günther. Die Agenda-Gruppe versuche zwar, das Ganze voranzutreiben, sei aber letztendlich nicht dafür verantwortlich.

Immer wieder aber würden Vorschläge oder Anträge von der Stadt auch abgelehnt werden, wie der, in den Schulhöfen Obstbäume zu pflanzen. Die Begründung dafür war unter anderem, Kinder könnten allergisch reagieren, berichtet Günther. "Vieles prallt bei der Stadt ab", kritisiert sie. "Das muss einfach mehr Schwung aufnehmen." Bei der Stadtverwaltung zumindest sehe sie kein großes Engagement, Ideen oder Vorschläge kämen von der Agenda-Gruppe.

Leuchtturm-Projekt Schulessen

Sie sehe es positiver, sagt dagegen Theresa Hautzinger. Sie vertritt gemeinsam mit Klaus Wiesinger die Agenda-Gruppe "Biostadt Freising" als Sprecherin. "Ich finde es super, dass sich die Stadt dazu entschieden hat, dem Netzwerk beizutreten. Das ist ein starkes Zeichen", sagt sie. Der Beitritt bedeute eine Selbstverpflichtung, die genannten Ziele des Netzwerkes ( siehe Kasten) zu verfolgen. Vieles aber könne nicht von heute auf morgen passieren, betont Hautzinger.

Das "Leuchtturm-Projekt" in den vergangenen beiden Jahren sei sicher das Essen an den Steinpark-Schulen gewesen. "Wir haben alle an einem Strang gezogen, das ist super gelaufen." Die Agenda-Gruppe sei der Stadt beratend zur Seite gestanden, berichtet Hautzinger. "Wir haben eine hohe Expertise, die meisten von uns sind beruflich im Bio-Bereich tätig." Hautzinger engagiert sich seit 2018 in der Gruppe, die sich kurz davor gründete. Mittlerweile gebe es etwa zwölf Ehrenamtliche, die sich aktiv einbringen. "Wir versuchen, Impulse zu geben", sagt die Sprecherin. Aktuell erarbeite man Vorschläge, wie der Bio-Anteil in Küchen in städtischer Hand vergrößert werden könnte.

Die fünf Ziele des Netzwerks der deutschen Biostädte:

Der Ökolandbau, die Weiterverarbeitung und die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln mit kurzen Transportwegen und regionaler Wertschöpfung soll gefördert werden. Bio-Lebensmittel sollen bei öffentlichen Einrichtungen, Veranstaltungen und Märkten Vorrang haben. Insbesondere bei der Essenversorgung von Kindern und Jugendlichen soll auf gesunde Bio-Lebensmittel gesetzt werden. Über vielfältige Aktionen, Veranstaltungen und Maßnahmen sollen private Verbraucherinnen und Verbraucher, aber auch Betriebskantinen und Cateringunternehmen angesprochen werden. Im Rahmen der Wirtschaftsförderung soll die Bio-Branche vernetzt und Arbeitsplätze in einer Zukunftsbranche gefördert werden. Außerdem will man gemeinsam auf Landes-' Bundes- und europäischer Ebene für eine Agrar- und Verbraucherpolitik, die sich nach ökologischen und sozialen Kriterien ausrichtet, politisch Einfluss nehmen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: