Bilder  vom Apfelpfarrer Korbinian Aigner:In guten Händen

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Als Häftling in den Konzentrationslagern Dachau und Sachenshausen züchtete der Pfarrer  Korbinian Aigner Apfelsorten. Seine Aquarelle, die naturgetreue Abbilder der verschiedenen Apfel- und Birnensorten darstellen,  hat der Seelsorger und leidenschaftliche Pomologe der TU München vermacht.

Von Johann Kirchberger, Freising

Man kann Äpfel nicht mit Birnen vergleichen, heißt es. Kann man aber doch. Bei einer Ausstellung im Asamsaal der Alten Akademie in Weihenstephan anlässlich des 50. Todestags von Pfarrer Korbinian Aigner liegen Äpfel und Birnen schön nebeneinander, etwa 250 verschiedene Sorten. Nicht physisch, nicht zum Hineinbeißen, sondern als postkartengroße Aquarelle, die Aigner während seiner Zeit in Hohenbercha gemalt hat. Die naturgetreue Bilder - insgesamt gibt es 900 davon - dienten Aigner als Anschauungsmaterial bei seinen Vorträgen über die Obstvielfalt in seiner Heimat. Dass er damit berühmt werden und seine Werke bei der Documenta in Kassel, in New York, Paris und Warschau gezeigt würden, hätte sich Aigner wohl nicht träumen lassen. Wichtig war ihm aber, dass sie nicht verloren gehen. Deshalb vermachte er sie der TU und glaubte sie dort zurecht in guten Händen.

Bei einer Vernissage an diesem Sonntag, die von Schülern des Erdinger Korbinian-Aigner-Gymnasiums musikalisch begleitet wurde, erinnerte TU-Präsident Wolfgang Herrmann an das Leben Aigners, der als Ältester von elf Kindern in Hohenpolding im Landkreis Erding geboren wurde und danach das Dom-Gymnasium in Freising besuchte. Weil er Probleme mit den alten Sprachen hatte, wechselte er an das Luitpold-Gymnasium nach München. Dann kam er zurück nach Freising, besuchte das Priesterseminar und erhielt 1911 die Priesterweihe. Nach Stationen als Kooperator kam er 1931 als Pfarrer nach Sittenbach und 1937 nach Hohenbercha. Als er nach dem Attentat auf Hitler im Religionsunterricht erzählte, er wisse nicht, ob es nicht besser sei, wenn ein Einzelner stürbe, als Millionen im Krieg, wurde er von einer Junglehrerin an die Gestapo verraten. Er kam ins Gefängnis und in die Konzentrationslager Sachsenhausen und Dachau. Gegen Ende des Kriegs gelang Aigner die Flucht und wenige Tage später war er in Hohenbercha und versah dort seinen Dienst bis zu seinem Tod 1966 in Freising.

Wie Herrmann erzählte, habe Aigner den Obstbau einmal als "Poesie der Landwirtschaft" bezeichnet. Obstbau sei für den Pfarrer Dienst an der Schöpfung gewesen. Aigner sei zwar kein Wissenschaftler gewesen, aber die Beobachtung der Natur, so wie es Aigner gemacht habe, sei die Grundlage der Naturwissenschaften. Herrmann pflanzte anschließend mit Weihbischof Bernhard Haßlberger vor der Alten Akademie einen Korbiniansapfelbaum, eine Züchtung Aigners während seiner Zeit im KZ Dachau, die er ursprünglich mit dem Namen KZ 3 bezeichnet hatte.

Professor Peter Brenner, Leiter des TUM-Archivs, der die Ausstellung zusammengestellt und ein Buch über das Leben und Wirken Aigners geschrieben hat, freute sich, dass die Bilder des Apfelpfarrers nun erstmals im "Aigner-Land" ausgestellt würden. Die Bezeichnung Apfelpfarrer habe Aigner nicht so gerne gehört, sagte er. Er sei mit Leib und Seele Pfarrer und Seelsorger gewesen, die Züchtung von Äpfel und Birnen sei für ihn eine Liebhaberbeschäftigung gewesen. "Er war Pomologe", sagte Brenner. Er habe sich der Lehre vom Obstbau gewidmet, "er hat Obstsorten gesammelt und gezüchtet wie andere Leuten Briefmarken". Und er sei ein leidenschaftlicher und begabter Maler gewesen, wie seine Bilder unschwer erkennen ließen.

Die Ausstellung in der Alten Akademie ist bis zum 16. Oktober zu sehen. Sie ist täglich von 11 bis 17 Uhr, donnerstags bis 19 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.

© SZ vom 26.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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