Besuch des Bundesgesundheitsministers:Keine echte Diskussion

Lesezeit: 2 min

Der "Stargast" kommt zu spät: Der Flug von Minister Hermann Gröhe ist am Freitag gecancelt worden. (Foto: dpa/Carstensen)

Bei der Anhörung zum Thema "Pflegeberufe" in Moosburg werden nur vorher festgelegte Fragen verlesen

Von Karlheinz Jessensky, Moosburg

Für Erich Irlstorfer steht das Thema ganz oben auf seiner Agenda. Der CSU-Bundestagsabgeordnete ist Mitglied im Bundestagsfachausschuss für Gesundheit und dort Berichterstatter für die Qualität in der Pflege sowie für Pflegeberufe, Zahnmedizin und ärztliche Vergütung. Ein Rattenschwanz an Aufgaben, und doch sind auch die nur ein Teilaspekt aus dem großen Bereich der Pflegeberufe an sich. Seit zehn Jahren geht es in der politischen Diskussion um eine Fortschreibung und Neuordnung der Pflegeberufe mit Kinderkrankenpflege, Krankenpflege und Altenpflege. Irlstorfer organisierte dazu in der Moosburger Stadthalle eine Anhörungsversammlung mit Fragen der Verbände.

Das Gesetzgebungsverfahren für das Pflegeberufereformgesetz samt zugehöriger Durchführungsverordnung ist auf dem parlamentarischen Weg. Für den 30. Mai ist eine Anhörung im Bundestag geplant, wahrscheinlich aber wird der Termin nicht zu halten sein. Die CDU/CSU werde ohne Termindruck handeln, sagte Irlstorfer. Denn bei dem Werk einer Unitarisierung der drei Pflegeberufe gebe es noch jede Menge Fragen sowie Für und Wider.

60 bis 70 Prozent Gemeinsamkeiten gibt es nach Irlstorfers Ansicht. Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml nannte eine Akademisierung der Pflegeberufe notwendig, wohingegen Irlstorfer dem Zugang aller Schularten das Wort redete und sagte: "Wir wollen die Durchlässigkeit erhalten und nicht generell akademisieren." Dass mehr Pflegekräfte in Zukunft angesichts der Überalterung der Gesellschaft vonnöten sein werden, war nicht streitig. Die Ausbildung müsse attraktiv und die Anreize, im erlernten Beruf auch zu bleiben, müssten gegeben sein, hieß es.

1,5 Millionen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind derzeit in der Pflege tätig, ihnen stehen 2,5 Millionen Pflegebedürftige gegenüber, in 30 Jahren werden es zwei Millionen mehr sein. 1,5 Millionen leiden heute unter Demenz, einer Erkrankung, die erst ab 2017 als pflegebedürftig anerkannt wird. Irlstorfer betonte den notwendigen Dreiklang zwischen Pflegekräften, zu pflegenden Personen und deren Angehörigen. Hauptperson bei dieser Veranstaltung, die der CSU-Kreisvorsitzende Florian Herrmann gar als "Kongress" bezeichnete, hätte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe sein sollen. Doch dessen Flug von Düsseldorf nach München war gecancelt worden, Gröhe kam mit zwei Stunden Verspätung. Organisationstalent Irlstorfer schaffte es, die lange Pause mit Weißwürsten und Wienern samt Brezen für 400 Personen zu überbrücken.

Als Gröhe sich zunächst allgemeinen Ausführungen zur Pflege zuwandte, gab es einen Zwischenruf: "Wann geht denn die Diskussion endlich an?" Eine, die diese Bezeichnung auch verdient hätte, fand indes nicht statt. Neun hochkarätige Verbandsfunktionäre lasen zuvor schriftlich fixierte Fragen vor, die streckenweise argen Kirchturmhorizont offenbarten. Gröhe fand mehr als einmal Gelegenheit darauf hinzuweisen, dass letztlich der Markt entscheiden werde, welche Tätigkeiten akademisierte Pfleger ausüben würden, und nicht die Politik. Bei der Qualifikation von in der Pflege Beschäftigten sei entscheidend, was am Arbeitsplatz verlangt werde. Es wäre auch schon ein Fortschritt, wenn Arbeitgeber in Pflegebereichen nicht nur die Fahrtkosten zu einer Demo bezahlten, sondern Tariflohn.

© SZ vom 02.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: