Besuch auf der Baustelle im Asamkomplex:Einfach geht hier gar nichts

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Man braucht ein bisschen Fantasie, um sich vorzustellen, wie aus dem maroden Asamkomplex einmal ein strahlendes Kulturzentrum für die Bürger werden soll. Aktuell sieht es auf der Baustelle vor allem nach sehr viel Arbeit aus. (Foto: Marco Einfeldt)

In dem prächtigen, aber in die Jahre gekommenen Gebäude in der Freisinger Altstadt türmen sich die Schuttberge, die Sanierung wird zur Mammutaufgabe. Überraschende Einblicke bietet der Barockbau derzeit aber vor allem den Archäologen.

Von Kerstin Vogel, Freising

Hochbauamtsleiter Robert Naujokat und sein Kollege Ulrich Setzwein sehen es schon vor sich: Dort hinten wird die große Treppe nach oben führen, das alte Mauerwerk da drüben wird durch eine Glaswand ersetzt und - ein bisschen Fantasie bitte: Die Gastronomie im südlichen Bereich wird den Freisingern einmal eine ganz besondere Atmosphäre bieten.

Besucher, die nicht "vom Fach" sind, sehen an diesem Freitagvormittag im Erdgeschoss des Asamgebäudes vor allem Schuttberge und sehr viel Arbeit. Sie sehen Löcher im Boden, in denen teilweise das Wasser steht, Wände, von denen der Putz geschlagen wurde, und ein früheres Treppenhaus, in dem die Treppe fehlt, dafür aber der Blick auf weitere ruinenhafte Räume und Kammern freigegeben ist. Nur wenige Monate, nachdem in dem sanierungsbedürftigen Gebäudekomplex am Freisinger Marienplatz mit der Entrümpelung begonnen wurde, wird bei einem Rundgang über die Baustelle deutlich, was für eine Mammutaufgabe die Stadt und die mit der Sanierung beauftragten Firmen übernommen haben. Einfach geht hier gar nichts.

Weil es keine breiten Zufahrten oder Tore gibt, kann nur mit kleinem Gerät gearbeitet werden, Elektrofahrzeuge müssen es außerdem sein, weil der Gesundheitsschutz für die Arbeiter vorgeht. "Wie können hier in den Räumen keinen Diesel einsetzen", sagt Martin Gottschalk von der HZO GmbH, die die Bauleitung übernommen hat. Viel Material wird auch einfach in simplen Schubkarren abtransportiert. Wenn sämtlicher Putz von den Wänden geschlagen ist, alle Bodenbeläge entfernt sind und auch das Niveau der Böden wie geplant um bis zu einen Meter abgesenkt sein wird, dürften gut 200 Lastwagen voll Erde, Schutt und anderem Müll zusammengekommen sein. Die Container, in denen das unbrauchbare Material vor dem Abtransport gesammelt wird, stehen zusammen mit einem Teil der Baustelleneinrichtung im Hinterhof des Asamgebäudes. Ein riesiger Gerüstturm mit Lastenaufzug ist dort außerdem aufgebaut worden, um Material aus dem oberen Stockwerken abtransportieren zu können.

Aktuell aber geht es in dem Barockbau vor allem darum, die bei den Entrümpelungsarbeiten zutage tretenden Zeugnisse vergangener Zeiten zu sichern. Tilman Eickhoff vom Archäologischen Büro Anzenberger & Leicht hat den Hut auf, wenn es um diese Arbeiten geht. Dass er es ist, ist ein bisschen ein Glücksfall für die Stadt, denn Eickhoff lebt selber seit 1980 in Freising und kann sich deshalb vielleicht noch ein kleines bisschen mehr für seinen aktuellen Job begeistern.

Einiges haben der Chefarchäologe und seine Mitarbeiter schon gefunden, was Aufschluss über frühere Nutzungen des Asamkomplexes gibt. So war in der Südostecke offenbar ein Haus aus dem späten Mittelalter in den Komplex integriert. Im Erdgeschoss wurden früher Hühner und Schweine gehalten, nach vorne, zum Marienplatz hin, lagen die Küchen - und ganz aktuell hat man einen früheren Waschraum mit Feuerstelle und Brunnen identifiziert: "Das ist einer der schönsten Befunde", sagt Eickhoff.

Gefunden hat man außerdem beispielsweise eine feuerfeste Decke, die über einem Raum des Gebäudekomplexes angebracht wurde, als das um 1837 dort eingezogene Gericht seine Akten feuersicher lagern musste. Oder die Spuren einer Wasserversorgung, die von einem Mühlrad in der Moosach Wasser durch Bleileitungen auch in entlegenere Räume transportierte - und die vom damaligen Stadtbaumeister Heigl exakt in einen Plan eingezeichnet worden waren.

Mehr als einen Beweis hat man auch dafür gefunden, dass der schlammige Grund unterhalb des Asamgebäudes den Bewohnern und Nutzern schon immer zu schaffen gemacht hat. So steht das fast durchgängig feuchte Mauerwerk auf einem engen Raster von angespitzten, etwa 60 Zentimeter langen Holzpfählen. "Ganze Wälder stecken da im Boden", sagt Eickhoff. Dort, wo sie sich dauerhaft unter Wasser befanden, sind die Pfähle nahezu vollständig erhalten. "Das ist eine Methode wie in Amsterdam oder Venedig", begeistert sich Eickhoff - tatsächlich wird auch die neue Gründung zur Sanierung des Fundaments auf modernen Mikropfählen erfolgen.

Bis dahin aber müssen die Archäologen nun erst einmal ihre Funde vermessen und mit Fotos und Zeichnungen dokumentieren, denn erhalten werden kann von alledem nichts, nicht einmal das historische große Steckkieselpflaster, das im Bereich der früheren Theatergarderobe gefunden wurde. Man habe sogar erwogen, dieses Pflaster mit Kunstharz eben zu bekommen, schildert Naujokat die Überlegungen zu einem Damenschuh-tauglichen Erhalt, "aber auch das ist alles nicht so einfach".

© SZ vom 05.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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