Historischer Stadel mit Zukunft:Aus dem Dornröschenschlaf erweckt

Lesezeit: 3 min

Für Schreinermeister Günter Krieglsteiner ist es ein Herzensprojekt - er baut einen Barockstadel aus dem 18. Jahrhundert im Marzlinger Zentrum wieder auf. (Foto: Marco Einfeldt)

Schreinermeister Günter Krieglsteiner hat vor etwa elf Jahren einen Barockstadel aus dem 18. Jahrhundert gekauft und jahrelang eingelagert. Jetzt baut er ihn wieder auf, mitten in einem Neubaugebiet in Marzling. Nun wird Richtfest gefeiert.

Von Gudrun Regelein, Marzling

Für Günter Krieglsteiner ist es ein Herzensprojekt. Der Marzlinger Schreinermeister hat vor etwa elf Jahren einen Barockstadel aus dem 18. Jahrhundert erworben. Viele Jahre lang lag dieser im Dornröschenschlaf - bis zum vergangenen Jahr. Im Frühjahr 2022 nämlich fiel der Startschuss für den Wiederaufbau im Ortszentrum von Marzling. An diesem Freitag wird nun Richtfest gefeiert.

Noch steht der Stadel, der im Jahr 1771 erbaut wurde, eingehaust inmitten einer Neubausiedlung. 2021 realisierte Krieglsteiner auf dem zentralen Areal sein Wohnprojekt "Leben im Obstgarten". Schon damals, sagt er, stand für ihn fest, dass auch der Stadel dort wieder in seiner ursprünglichen Größe mit einer Grundfläche von etwa 200 Quadratmetern errichtet werden sollte. Falls alles optimal läuft, wird das Mammut-Projekt nun in diesem Juni endgültig vollendet sein.

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Den Barockstadel erwarb er schon vor einigen Jahren, seitdem lagerte er zerlegt bei ihm. Der denkmalgeschützte Stadel stand früher bei Ampertshausen, erzählt Krieglsteiner, den habe er schon als Kind mit seinem Opa besucht. Der Stadel sei handwerklich sehr sauber gefertigt und habe ihn, der selbst Schreiner ist, begeistert. Mit Beharrlichkeit hat er ihn dann auch bekommen. Der Stadel - beziehungsweise die Teile, die noch erhalten waren - war damals im Besitz einer Erbengemeinschaft. Diese hatte ihn, nachdem dafür die Erlaubnis vom Landesdenkmalamt gekommen war, zerlegen lassen. Ein Zimmerer wurde damit beauftragt, das Landesdenkmalamt begleitete die Aktion, auch ein Ingenieurbüro und ein Kunsthistoriker waren beteiligt. Danach brachte ein Transportunternehmen den zerlegten Stadel zu Krieglsteiner nach Marzling, wo er auf seinem Grundstück extra ein Einlagegebäude gebaut hatte. Jeder Balken war nummeriert, alles akribisch dokumentiert, um einen Wiederaufbau zu ermöglichen.

Einst stand der Stadel aus dem Jahr 1771 in Ampertshausen. Jetzt steht er eingehüllt mitten in einem Neubaugebiet in Marzling. (Foto: Marco Einfeldt)
Der Stadel besteht aus vielen einzelnen Bauteilen - die ursprünglichen Balken sind deutlich dunkler gefärbt als die neuen. (Foto: Marco Einfeldt)

Dieser begann nach vielen Jahren im Frühjahr 2022 mit den Aushub-Arbeiten und der Fundamentierung, im Juli wurde die Bodenplatte gegossen. Im September wurden dann auch schon die Balken angeliefert. Insgesamt gab es sechs Binder - in jedem befanden sich verschiedene Säulen, ein Balken, ein Scherendachstuhl und die dazugehörenden Bänder. Die Bauteile jedes Binders wurden einzeln auf dem Boden ausgebreitet, bearbeitet, dann wurde wieder alles zerlegt und zwischengelagert. Danach ging es mit dem nächsten weiter. Im Oktober wurden schließlich die Einhausung errichtet und das Baugerüst aufgestellt, damit die Zimmerleute den historischen Stadel wieder aufbauen konnten.

Gespür für die traditionelle Bauweise

Etwa 40 Prozent vom historischen Tragwerk gab es noch, die fehlenden Teile mussten mit viel Know-how und Gespür für die traditionelle Bauweise rekonstruiert und wieder dem Bestand angepasst werden, erzählt Krieglsteiner. Schadhafte Bauteile dagegen wurden restauriert. "Das war sehr zeitintensiv." Alleine schon, da man alles wieder möglichst denkmalgerecht errichten wollte. Auch deshalb beauftragte er eine Zimmerei, die große Erfahrung mit der Restaurierung und Denkmalpflege habe, sagt Krieglsteiner. Aber auch für Projektleiter Florian Platzer von der Münchner Zimmerei Frank ist es ein besonderer Auftrag: "Das ist ein sehr außergewöhnliches Projekt", sagt Platzer.

Auch für Projektleiter Florian Platzer (links neben Günter Krieglsteiner) ist es ein ganz besonderer Auftrag. (Foto: Marco Einfeldt)

Vor gut zwei Monaten, im Dezember 2022, begann dann schließlich der endgültige Aufbau. Durch die Nummerierung auf jedem Balken und jedem Bauteil wussten die Zimmerleute, die auch an diesem Donnerstag noch eifrig am Hämmern sind, genau, welches Teil wohin gehört. Jetzt steht der stattliche Stadel, der bis zum First etwa zehn Meter misst. Schon auf dem ersten Blick sieht man, welche Balken neu sind. Die ursprünglichen nämlich sind deutlich dunkler gefärbt. Für den Barockstadel wurde beim Bau das Holz der Fichte, ein Baum den es damals häufig in der Region gab, verwendet, berichtet Krieglsteiner. "Das Gebäude hat auch die Form dieses Baumes, unten breit, oben schlanker werdend." Der Bundwerkstadel sei ein ganz besonderer Stadel, "hier zeigt sich die höchste aller Zimmermannskünste." Er sei nicht nur zweckmäßig, sondern auch schön, er ist farblich abgesetzt. So trägt auch ein Längsbalken dekorative Elemente, dort sieht man neben der eingeritzten Jahreszahl 1771 rote, aufgemalte Dreiecke.

Ein Treffpunkt für die Gemeinde

Das traditionelle Richtfest, das gefeiert wird, wenn der Dachstuhl fertig ist, sei eine wichtige Zwischenetappe, sagt Krieglsteiner. Aber fertig ist man deshalb noch nicht. Auf dem Dach beispielsweise müssen noch Holzschindeln verlegt werden, die Außenfassade errichtet und die großen Tore eingebaut werden. Falls alles gut laufe, sei der Wiederaufbau, der übrigens durch Leader-Mittel unterstützt wird, Ende Juni abgeschlossen. Der Stadel soll in der Gemeinde einmal zu einem Treffpunkt für die Bürger und einem Ausflugsziel für den ganzen Landkreis werden. Ideen, was in dem historischen Stadel alles passieren könne, gebe es bereits, sagt Krieglsteiner. Ein Café, ein Laden und ein Veranstaltungsraum sollen dort einmal einziehen.

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