Bahnhof Hallbergmoos:Zu weite Umwege für Menschen mit Handicap

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Offiziell gilt der Hallbergmooser S-Bahnhof als barrierefrei. Das ist er aber nur bedingt. Deshalb lässt die Gemeinde trotz eines verlorenen Prozesses in dieser Sache nicht locker. Ein Rechtsgutachten soll klären, ob der Zugang im Einklang mit den Rechten von Menschen mit Behinderungen steht

Von Alexandra Vettori, Hallbergmoos

"S-Bahnhof barrierefrei", so steht es auf den Seiten des MVV beim Hallbergmooser Bahnhof. So sehen es auch Bahn und bayerische Staatsregierung, deshalb bleibt seit Jahren alles so, wie es ist. Der Zusatz "die barrierefreie Querung der Gleise ist nur auf sehr langen Wegen über die Straßenbrücke der B 388 möglich" ändert daran nichts.

Tatsächlich muss, wer in seiner Bewegung eingeschränkt ist und die steile Treppe unter den Gleisen hindurch zu Fuß nicht schafft, 630 Meter weiter gehen beziehungsweise rollen: Vom Bahnsteig aus geht es erst eine Rampe empor zum Fußweg entlang der Straße nach Hallbergmoos, über die Autobrücke, die die Gleise überspannt, und dann wieder eine spiralförmige Rampe hinab. Die Gleise zu überqueren ist regelmäßig nötig, denn auf der Westseite des Bahnhofs liegt nicht nur der Park-and-Ride-Parkplatz, sondern auch die Bushaltestation. Kein Wunder, dass die Gemeinde Hallbergmoos keine Chance auslässt, auf diesen Missstand hinzuweisen. Vor allem der inzwischen parteilose Gemeinderat Karl-Heinz Zenker, der persönlich betroffen ist, weil seine Frau im Rollstuhl sitzt.

2008 hatte die Gemeinde sogar vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof geklagt, weil der angeblich behindertengerechte Übergang keiner ist. Doch sie verlor den Prozess, auch eine Revision ließen die Richter nicht zu, denn es gibt ja eine Rampe. Jetzt aber will man einen neuen Anlauf starten. Karl-Heinz Zenker, dessen Petitionen beim Landtag bisher im Sande verliefen, hat nun einen Antrag im Gemeinderat gestellt und am Dienstagabend eine Mehrheit dafür gefunden. Danach soll ein Rechtsgutachten erstellt werden mit dem Ziel, die Frage zu klären, ob der Zugang am Hallbergmooser Bahnhof wirklich im Einklang mit den Rechten von Menschen mit Behinderungen steht. Zenker rechnet sich durchaus Chancen aus, denn inzwischen ist die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen auch in Deutschland in Kraft. Das geschah zwar auch im Jahr 2008, allerdings fünf Tage nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs in Sachen Hallbergmooser Bahnhof.

Der Gemeinderat stimmte unisono für Zenkers Antrag. "Jeder Rückenwind in der Diskussion mit Verkehrsministerium und Bahn tut gut", sagte Bürgermeister Harald Reents (CSU). Konrad Friedrich (SPD), Behindertenbeauftragter des Gemeinderats, betonte, ein solches Gutachten könne durchaus von Nutzen sein: "Alle Stellen beziehen sich immer auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs, das unseren Bahnhof als barrierefrei bezeichnete." Allerdings fragte Friedrich, ob die Gemeinde bei einem entsprechendem Ergebnis des Gutachtens dann auch Rechtsmittel einlegen werde. CSU-Gemeinderat Marcus Mey, selbst Rechtsanwalt von Beruf, stimmte zwar auch dafür, versprach sich aber wenig davon: "Es ist wunderbar, welches Vertrauen in Rechtsanwälte in diesem Gremium herrscht. Unser Rechtsgutachten wird in unserem Sinne ausfallen, aber die Bahn hat noch 25 andere Juristen, die anderer Meinung sind."

© SZ vom 21.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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