Auswege aus der Krise:Blick auf heimische Kunden

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Grüne beschäftigen sich mit der Situation am Milchmarkt

Von Karlheinz Jessensky, Moosburg

"Milch und Politik" - ein allgegenwärtiges Thema, das die Grünen für ihre Monatsversammlung im Gasthof "Zur Länd" auf die Agenda gesetzt hatten. Allenthalben wird von einer Krise auf diesem Gebiet gesprochen. Grünen-Kreisrat und Bio-Bauer Anton Wollschläger nahm sich jetzt des Themas an. Zudem wurde bei der Versammlung die regional erste Milchtankstelle in Pfrombeck vorgestellt.

Bei der Milch gehe es nicht allein um die Existenz der Bauern, auch die Verbraucher säßen mit im Boot, sagte Wollschläger. Mit 95 Millionen Tonnen Kuhmilch sind die USA der weltweit größte Produzent. Mit 31 Millionen Tonnen liegt Deutschland auf Platz fünf. Mit der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) 1957 wurde eine Mindestpreispolitik eingeführt, in den 60er und 70er Jahren gab es eine enorme Produktionssteigerung. 1950 gab es 5,8 Millionen Kühe in Deutschland, 65 Jahre später waren es noch 4,2 Millionen. Die Milchleistung pro Kuh stieg in diesem Zeitraum von 3800 auf 8400 Liter pro Jahr. Die Zahl der Vollerwerbslandwirte schwand von 1,6 Millionen auf 200 000. Schließlich erreichte der Milch-Selbstversorgungsgrad in Europa im Jahr 1984 den Wert von 125 Prozent. Die Schlagworte "Milchsee" und "Butterberg" waren in aller Munde. Es kamen die Milchquote, die Begrenzung der Erzeugung und der Strukturwandel in der Landwirtschaft.

2015 schließlich wurde die Milchkontingentierung aufgehoben, es herrschten freier Markt, Milchkrise und Preisverfall. Deutscher Bauernverband und Bund deutscher Milchviehhalter waren und sind sich nicht einig in der Bewertung der Krise und Auswege daraus. Wollschlägers Fazit: Nachdem große landwirtschaftliche Betriebe mit immensen Produktionszahlen für den Export immer weniger zur Verfügung stehen, gilt es, sich auf die Bedürfnisse der heimischen Kunden einzustellen, zu produzieren, was sie wünschen.

Matthias Bauer und seine Freundin Anna Raschke haben einen möglichen Schritt getan, der Milchkrise ein Schnippchen zu schlagen. Auf ihrem landwirtschaftlichen Anwesen in Pfrombeck - ein Stück hinter der Ortschaft Pfrombach in Richtung Thann/Vatersdorf - haben sie eine Milchtankstelle eröffnet. Die Milch ihrer 30 Kühe fließt fast ausschließlich in diese "Tankstelle", kann dort von Verbrauchern gezapft werden, die Wert auf ein frisches Rohprodukt direkt vom Hof legen. Die beiden jungen Leute haben den Schritt gewagt, rund 35 000 Euro investiert. Zusätzlich haben sie jetzt noch Käse und Eier im Programm, "wir sind zufrieden", sagte Matthias Bauer. Ihre Kühe leben glücklich auf der Wiese, geben auch nicht die 10 000 Liter im Jahr wie eine Kuh aus dem Großstall, sondern nur 6000. Der Arbeitsaufwand für das Geschäft mit der Milchtankstelle liegt bei zirka einer Stunde am Tag, wie Anna Raschke ausführte. Der Liter Milch kostet in dem Automaten einen Euro, das ist ein gutes Stück mehr als im Verbrauchermarkt, doch die Leute honorieren die Idee.

Die Grünen nutzten ihre Versammlung auch, um zu aktuellen kommunalpolitischen Themen Stellung zu beziehen. Mit der finanziellen Situation der Stadt könne es auf Dauer "nicht so weiter gehen", sagte Stadtrat Johannes Becher. Investitionen nur mit Grundstücksverkaufen aus dem Baugebiet Feldkirchner Au finanzieren zu wollen, sei fraglich. Das Thema Aquapark mit Großhotel und Wakeboard-Anlagen erhitzte auch die Gemüter in der Versammlung. Becher betonte, dass die Grünen nur dem Bauabschnitt 1 zugestimmt hätten und ein mögliches Großhotel "vehement ablehnen". Einigen Versammlungsteilnehmern war die Haltung der Moosburger Grünen zu diesen Plänen zu wenig entschieden. Sie lehnten das Projekt als "Umweltzerstörung" ab.

© SZ vom 10.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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