Ausstellung in Neufahrn:Zwei Heilige auf Karton

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Der Freisinger Künstler Lars Herrmann zeigt in Neufahrn eine Ausstellung, die thematisch auf den Ort zugeschnitten ist. Herzstück sind die auf ungewöhnlichem Untergrund gezeichneten Darstellungen von Franziskus und Wilgefortis

Von Birgit Grundner, Neufahrn

Es war von Anfang an eine Herausforderung: Der Freisinger Künstler Lars Herrmann hat größere Bilder als je zuvor gezeichnet. Erstmals hat er dabei Karton als Leinwand verwendet, und zum ersten Mal hat er die Werke thematisch speziell für den Ort geschaffen, an dem er sie zeigen wollte. Aber dann haben sich ausgerechnet diese Kunstwerke, die das Herzstück seiner neuesten Ausstellung im Neufahrner Rathaus werden sollten, gleich nach der Ankunft dermaßen verzogen, dass es auch mit bloßem Auge erkennbar ist. Wärme und Feuchtigkeit seien wohl schuld gewesen, sagt Herrmann, und er stellte mit einem etwas gequälten Lächeln fest: "Die Bilder haben den Klimawechsel zwischen Neufahrn und Freising nicht überstanden."

Inzwischen sind sie nicht mehr ganz so gewellt, und ihrer Wirkung hatte das alles ohnehin keinen Abbruch getan. Die beinahe einen Quadratmeter großen Bilder zeigen den örtlichen Kirchenpatron Sankt Franziskus und die Neufahrner Legendenfigur Wilgefortis auf ungewohnte Weise: Franziskus ist umgeben von knorrigen Baumstämmen, die auf den Betrachter wie der Ausschnitt eines verwunschenen Waldes wirken, und bei denen man jede Holzfaser zu erkennen glaubt. Mit Tusche- und Bleistiften erzielt der Künstler diesen Effekt, die Baum-Motive hat er in den Freisinger Isarauen gefunden.

Farbe bringen die leuchtend goldene Kutte des Heiligen und die etwas helleren Fische, die wie schwerelos durch die Szenerie schweben, ins Bild. Die Augen von zwei Fischen sind zugleich die Augen von Franziskus, der mit den Tieren gesprochen haben soll. Mit den gleichen Techniken arbeitete Herrmann auch bei der Darstellung von Wilgefortis. Dabei griff er die Legende von der Heiligen Kümmernis auf, wonach Gott ihr einen Bart wachsen ließ, damit sie keinen Heiden heiraten muss. Verbindendes Element zwischen den beiden Heiligen ist ein drittes Bild, eine Darstellung von Mariä Verkündigung.

Anlehnungen an die christliche Ikonografie, figürlich-poetische Spielereien und mythologische Themen bestimmen die Arbeiten von Lars Herrmann, die sich zwischen Realismus, Fantastik und Surrealismus bewegen. Alle sind fein und filigran gezeichnet und fordern die Betrachter geradezu auf, näher heranzutreten und die Details zu studieren: "Es sind Bilder, bei denen man immer wieder noch was Neues entdeckt", stellte auch eine Vernissage-Besucherin fest, als sie gerade drei winzige Figuren ausgemacht hatte, die scheinbar aus einem Wald herauswachsen.

Neugierig macht freilich auch eines von Lars Herrmanns "Werkzeugen": Er zeichnet oft mit schwarzem Kugelschreiber. Angefangen hatte er Ende der 1980er Jahre mit "Kritzeleien, die jeder macht", erinnert sich der Zeichner. Daraus entwickelt hat sich dann eine ausgefeilte Technik: Herrmann erzeugt durch ständig wechselnden Druck der Hand Varianten von hellsten Schraffuren in feinen Haarlinien bis zu tiefschwarzen Schatten. "Fast zehn Jahre habe ich sogar ausschließlich mit schwarzem Kugelschreiber gemalt", erzählt Herrmann.

Der studierter Kunsthistoriker zeichnet seit seiner frühesten Kindheit und erhielt zahlreiche Preise in der fränkischen Region. Heute lebt und arbeitet er als freischaffender Künstler in Freising. Im Sommer ist er dort an einer Ausstellung im Alten Gefängnis beteiligt.

Dass das Neufahrner Rathaus auch Galerie ist, hat mittlerweile Tradition. Es sei im positiven Sinne "etwas Übliches" geworden, stellte Bürgermeister Franz Heilmeier (Grüne) bei der Vernissage fest. Etwas ganz und gar nicht "Übliches" überdecke dagegen derzeit alles, so der Rathauschef in Anspielung auf die Coronavirus-Lage. Ständig muss die Gemeinde Neufahrn momentan Veranstaltungen absagen - vom Volksfest über Kulturabende bis zur Sportlerehrung. Aber zumindest eine Ausstellung im Neufahrner Rathaus sollte weiterhin kein Problem sein. Die aktuelle ist dort noch bis zum 30. April zu sehen.

© SZ vom 16.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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