Ausschusssitzung in Freising:"Wohnen für Hilfe" vorerst gescheitert

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Die Bilanz des Kreisseniorenbeirats fällt ernüchternd aus

Von Peter Becker, Freising

"Wohnen für Hilfe" hat Beate Frommhold-Buhl (SPD) einst als "geniale Idee" bezeichnet. Im Prinzip funktioniert das ganz einfach: Studierende etwa mieten sich bei älteren Menschen ein und können auf eine günstigere Miete hoffen, wenn sie pro Quadratmeter Wohnfläche je eine Stunde Arbeit leisten, vielleicht zum Einkaufen gehen oder Unkraut im Garten jäten. Die Idee stammt vom Seniorenbeirat, der sie 2015 initiierte. Zwei Jahre später gab es ein halbes Dutzend Senioren im Landkreis, die sich auf ein solches Experiment einließen.

Am Donnerstag stellte Rita Schwaiger, Vorsitzende des Kreisseniorenbeirats, während der Sitzung des Ausschusses für demografische und soziale Fragen des Kreistags resigniert fest, dass "Wohnen für Hilfe" vorerst gescheitert sei. Als Gründe dafür nannte sie bürokratische Hindernisse. Und: "Die Senioren ziehen nicht so mit." Viele wollten keine fremden Menschen bei sich in den eigenen vier Wänden haben.

Neben der Pflege ist Wohnen im Alter eines der großen Themen, die bei der Fortschreibung des seniorenpolitischen Gesamtkonzepts berücksichtigt werden sollen. Das aktuelle, von der SPD-Kreistagsfraktion angestoßen und vom Kreistag unter Landrat Michael Schwaiger verabschiedet, ist mittlerweile knapp zehn Jahre alt. Die Verwaltung will es evaluieren und fortschreiben. Der Ausschuss hat mit positivem Entscheid vorberaten. Jetzt liegt die Entscheidung beim Kreisausschuss.

Hintergrund ist, dass der demografische Wandel vor dem Landkreis nicht Halt macht. Auch wenn dies manche Menschen im Landkreis laut Heino Pause (FW) nicht wahrhaben wollen. "Manche tun so, als würden sie nicht älter werden." Pause, engagiert in der Gesundheitsregion plus, denkt noch heute enttäuscht an eine Informationsveranstaltung der Organisation zurück, die nur spärlich besucht war. Da gelte es, das Bewusstsein zu schärfen. Schließlich soll der Anteil der über 65-Jährigen im Landkreis von 24,8 (2019) auf 39,6 Prozent im Jahr 2039 ansteigen. Wobei der Anteil der älteren Menschen im nördlichen Landkreis rasanter ansteigen soll als im südlichen.

Gesundheitsregion plus und Kreisseniorenbeirat werden bei der Fortschreibung des seniorenpolitischen Gesamtkonzepts eine wichtige Rolle spielen. Schwaiger wünscht sich aber eine bessere Verzahnung mit der Landkreisverwaltung. Oftmals habe es mit der Übermittlung von Informationen nicht so geklappt. Wichtige Themen sind aus Sicht des Kreisseniorenbeirats die Mobilität mit öffentlichen Verkehrsmitteln, die Barrierefreiheit öffentlicher Toiletten, insbesondere am Freisinger Bahnhof, sowie das Wohnen im Alter. In den Gemeinden mangele es an betreutem Wohnen oder Mehrgenerationenhäusern. "Viele Senioren möchten nicht alleine wohnen", sagte Schwaiger. Bei dem Gedanken, dass manche Gemeinden der Meinung seien, sie könnten auf seniorengerechtes Wohnen verzichten, "stellt es mir die Haare auf".

Schwaiger will sich bei den Neuwahlen des Seniorenbeirats im Mai zur Wiederwahl stellen. Und ganz hat sie das Projekt "Wohnen für Hilfe" nicht aufgegeben. "Das spukt uns immer noch im Kopf herum", sagte sie.

© SZ vom 17.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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