Ausbau der Innenstadt:Widerstand flammt auf

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Die Freisinger Innenstadt ist derzeit eine einzige Baustelle. Die Anwohner kritisieren die Planung und fürchten die Kosten. (Foto: Marco Einfeldt)

Bei einer Informationsveranstaltung wird deutlich, dass viele Anwohner mit den Bauarbeiten in der Altstadt unglücklich sind - auch, aber nicht nur wegen der Kosten.

Von Kerstin Vogel, Freising

Die Bürgerinitiative Freising weitet ihren Widerstand gegen die Straßenausbaubeitragssatzung aus. Unter dem Motto "Straßen saniert - Bürger ruiniert" haben sich am Freitag mehr als 70 Bürger über das bayernweite Aktionsbündnis zur Abschaffung der ungeliebten, mit "Strabs" abgekürzten Satzung informiert. Geplant ist nun zunächst ein Infostand am 2. Dezember in der Innenstadt, außerdem will man bayernweite "Montagsdemos" organisieren und vor allem Druck auf die Landtagsabgeordneten ausüben. "Die müssen Angst haben, dass sie nicht mehr gewählt werden", sagte Dieter Hillenbrand.

Hillenbrand gehört zu den Anwohnern der Weizengasse, die über die "Strabs" wegen der Neugestaltung der Innenstadt mit zwischen 10 000 und 70 000 Euro zur Kasse gebeten werden sollen. 18 500 Euro seien es bei ihm selber, sagte Hillenbrand empört, seitens der Stadtverwaltung sei ihm nur empfohlen worden: "Dann müssen sie halt zu sparen anfangen." Da gehe es um Existenzen, betonte er, man habe dem Oberbürgermeister und den Stadträten förmlich die Türen eingerannt, "aber nicht einen Millimeter in diese Bretter gebohrt". Hillenbrand: "Der Kas is' bissen, die setzen das um."

Die Bürgerinitiative will mit der Stadt diskutieren

Diese Aussage freilich wollten einige Besucher mit Blick auf die Innenstadtkonzeption so nicht stehen lassen. Sie kritisierten teilweise vehement die Planung für die Umgestaltung der Altstadt, äußerten Zweifel an der künftigen Verkehrsführung, ebenso wie am Hochwasserschutz und forderten die Stadträte auf, sich der Diskussion mit den Anwohnern darüber zu stellen. Eine entsprechende Veranstaltung will die Bürgerinitiative nun noch in diesem Jahr auf die Beine stellen.

Was die Abschaffung der Strabs angeht, setzen Hillenbrand und seine Mitstreiter ihre Hoffnung in den bayernweit organisierten Widerstand. Der pensionierte Jurist Jürgen Jordan räumte als Sprecher des Aktionsbündnisses "Allianz gegen Straßenausbaubeitrag" zunächst mit dem verbreiteten Irrglauben auf, nur Hausbesitzer würden für den Straßenausbau zur Kasse gebeten. Die Besitzer von Mietshäusern würden die finanziellen Belastungen natürlich umlegen, steigende Mieten wären die Folgen.

Bayernweites Aktionsbündnis sammelt 60 000 Unterschriften

Das Aktionsbündnis, dem mittlerweile 110 Bürgerinitiativen aus ganz Bayern angehören, bezeichnete Jordan als "mittellosen Verein mit guten Ideen", der es bereits geschafft habe, dass die Bürgerinitiativen ernst genommen würden. Man habe 60000 Unterschriften für eine Petition an den Landtag gesammelt, zählte Jordan auf, 2015 habe eine Expertenanhörung im Landtag zu dem Thema stattgefunden, daraufhin sei das Gesetz zum 1. April 2016 geändert worden, "allerdings nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben". Zwar gebe es jetzt die Möglichkeit, wiederkehrende Beiträge für ein bestimmtes Abrechnungsgebiet zu erheben, auch diese Variante ist laut Jordan jedoch ungerecht.

Er rief dazu auf, sich zusammenzuschließen, wo nötig Prozessgemeinschaften zu bilden, Anwälte einzuschalten und dann gegen die Beitragsbescheide zu klagen. Diese allerdings müssten auf jeden Fall zunächst bezahlt werden. Die Behauptung der Kommunen, sie seien auf die Einnahmen aus der Strabs angewiesen, halte einer Überprüfung nicht stand, versicherte Jordan, die Summen würden sich in der Regel lediglich im Promillebereich bewegen. Von den 24 Gemeinden im Landkreis Freising hätten in den vergangenen fünf Jahren 17 Straßenausbaubeiträge erhoben und zwar in Höhe von insgesamt 4,8 Millionen Euro.

Freising hat bisher 2,1 Millionen einkassiert

Die Stadt Freising habe davon allein 2,1 Millionen einkassiert, so Jordan weiter und rechnete vor, dass das gerade einmal 400 000 Euro im Jahr seien, was beispielsweise beim Haushalt 2016 nur 0,24 Prozent ausgemacht hätte. Jordan: "Und davon soll das Schicksal einer Kommune abhängen?" Auch den Spruch "Eigentum verpflichtet", der den protestierenden Hausbesitzern immer entgegengehalten werde, entzauberte Jordan. Straßen würden schließlich den Gemeinden gehören sagte er unter großem Beifall, deshalb rufe man umgekehrt den Politikern zu: "Eigentum verpflichtet."

Ausdrücklich stellte sich auch der Landtagsabgeordnete der Freien Wähler und Freisinger Stadtrat, Benno Zierer, auf die Seite der Anwohner. Die Straßenausbaubeitragssatzung sei ungerecht und werde immer ungerecht bleiben, sagte er: "Deshalb muss sie weg." Er empfahl der Bürgerinitiative ebenfalls, Druck auf die Landtagsabgeordneten auszuüben, "aber nicht erst, wenn die Entscheidung ansteht, sondern vorher bei den Fraktionsberatungen." Auch gegen die Freisinger Stadträte sollte sich der Druck der Anwohner nach Auffassung von Jens Barschdorf (FDP) richten. Alles was da gerade in der Innenstadt passiere, sei ganz sicher kein Vorteil für die Anwohner: "Wassereinbrüche, keine Parkplätze - man muss sich gut überlegen, ob man das wirklich so haben möchte."

© SZ vom 27.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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