Sechs politische Gruppierungen gibt es derzeit im Echinger Gemeinderat, weitere werden wohl für die nächste Kommunalwahl in den Startlöchern stehen. Im Ort gibt es diverse niederschwellige Foren zur Meinungsäußerung - und dennoch geht nun ein anonymes Schreiben im Rathaus um, hinter dem sich "Besorgte Bürger Echings" verstecken. Pikant an dem Pamphlet ist, dass es sich auf derart interne Abläufe bezieht, dass es aus dem ganz nahen Umfeld eines Gemeinderates oder eines Verwaltungsmitarbeiters stammen muss oder gar von ihm gesteuert ist.
Denn das Schreiben, das der SZ vorliegt, bezieht sich auf die jüngsten Umstrukturierungen in der Gemeindeverwaltung durch Bürgermeister Sebastian Thaler, wobei das bisherige Hauptamt aufgespalten wurde. Die Neuordnung war Resultat einer monatelangen Aufarbeitung einer Häufung von Krankheitsfällen und Kündigungen. Vor rund drei Jahren war die Situation derart eskaliert, dass der Gemeinderat zunächst eine interne Untersuchungsgruppe und anschließend externe Moderatoren eingeschaltet hatte.
Weil diese Maßnahmen in dem anonymen Schreiben als grundfalsch angeprangert werden, wird auch der Bürgermeister selbst attackiert. Die "besorgten Bürger" bezeichnen sich unter diesem Briefkopf als "teilweise seit mehreren Generationen in der Gemeinde Eching wohnend". Erstaunlich genug, dass sich angebliche Normalbürger für die interne Verwaltungsstruktur eines Rathauses interessieren und das dann auch noch für so wichtig für ihr Wohlergehen werten, dass sie ihre Besorgnis anonym artikulieren müssen.
Am Umgang mit dem Hauptamt der Gemeindeverwaltung kommen sie jedenfalls zu dem Fazit, dass es in den vergangenen Jahrzehnten noch nie Grund gegeben habe, "mit der Arbeit und dem Auftreten des Gemeinderates und des jeweiligen Bürgermeisters so unzufrieden zu sein wie heute". Was Bürgermeister und Gemeinderat zur Aufklärung der offenkundigen Missstände im Personalwesen unternommen hätten, sei lediglich "eine niveaulose Hetzkampagne" gewesen.
Bekannt gemacht hat das anonyme Papier nun Gemeinderat Bertram Böhm (Echinger Mitte), der in der Kolumne seiner Gruppierung im Ortsnachrichtenblatt Echinger Forum davon sprach, dass die Attacken wiederum ihn "wirklich besorgt gemacht" hätten. Böhm weist darin die Kritik an den Maßnahmen des Bürgermeisters zurück. "Es muss ein Arbeitsklima vorhanden sein, mit dem alle zufrieden sind", sagt er zu der Aufarbeitung der internen Probleme, "diese Entwicklung braucht scheinbar noch Zeit". Aber mit der Umstrukturierung sei "die positive Entwicklung auf dem Weg".
Thaler selbst wollte sich nicht äußern. Offenbar hat er bereits vor Monaten ein anonymes Schreiben mit gleichem Briefkopf erhalten. Weil ihm darin auch strafbares Verhalten unterstellt worden sei, habe er das Papier der Polizei übergeben.
Er sei "bis heute weit davon entfernt, die komplexen Abläufe innerhalb der Verwaltung zu kennen und zu verstehen", heißt es beispielsweise in dem Pamphlet. Nach jetzt exakt zwei Jahren im Amt wirkt Thaler bei öffentlichen Auftritten allerdings durchaus so, als habe er die Verwaltungsmaterie durchdrungen. Und trotz sachlicher Kritik aus dem Gemeinderat war auch dort noch nie zu hören, dass der Bürgermeister Verständnisschwierigkeiten im Umgang mit der Echinger Verwaltung habe.
Weitere geäußerte Detailkenntnisse der Absender über eine konkrete Kündigung der vergangenen Wochen legen den Verdacht nahe, dass hier ein aktuelles oder ehemaliges Mitarbeitergrüppchen unter dem Deckmantel der Anonymität in eigener Sache streitet. Prophezeit werden abschließend Klagen gegen das Rathaus wegen Rufschädigung, offenbar durch Mitarbeiter, nach denen die "Besorgten Bürger" ihre Anonymität angeblich aufgeben wollen und "ohne Rücksicht auf Personen die gesamte Wahrheit auf den Tisch legen".