Artenschwund in der Region:Wenn Vögel und Grillen verstummen

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Christian Magerl, früherer Landtagsabgeordneter der Grünen, informiert über das bevorstehende Volksbegehren "Rettet die Bienen". Aus eigener Erfahrung berichtet er über die Situation im Landkreis

Von Raphael Ostertag, Moosburg

Wenn Christian Magerl in seiner Heimat unterwegs ist und sieht, wie viel sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat, weiß er genau, was ihn seit Jahrzehnten umtreibt. Seit seinen frühesten ornithologischen Streifzügen durch die Isarauen und das Erdinger Moos sei eine große Anzahl von Arten, ob Vögel, Insekten oder Pflanzen, verschwunden. Und das für immer, wie er reüssiert. "Wenn eine Art einmal weg ist, dann ist sie definitiv und endgültig weg", macht Magerl während eines Informationsabends zur Vorbereitung für das bevorstehende Volksbegehren "Artenvielfalt - Rettet die Bienen", deutlich. Faktenreich informierte Magerl, langjähriger Landtagsabgeordneter der Grünen, im vollen Nebenzimmer des Vereinsheims des TSV Moosburg faktenreich über das Thema Artenschwund in der Region.

Dabei sei die Bedeutung einer breiten Artenvielfalt auf vielfacher Ebene nicht zu unterschätzen. Zunächst solle klar sein, wie wichtig die Biodiversität für das gesamte Ökosystem an sich sei. Mikroorganismen filterten etwa den Boden von Giftstoffen, Insekten bestäubten Pflanzen und sorgten für deren Fortpflanzung und ohne die unsichtbare Arbeit von Kleinstlebewesen im Boden sei die Humuserzeugung für landwirtschaftliche Flächen undenkbar. Auch die Nahrungsproduktion oder die Forschung, welche vieles aus der Natur abschaue, sei grundlegend darauf angewiesen, auf eine große Artenvielfalt schauen zu können.

Umso schlimmer sei der rapide Artenschwund der vergangenen 30 Jahre. Alleine von den etwa 500 Wildbienenarten, die es in Bayern einst gab, gelten heute 40 als ausgestorben. Die Liste der gefährdeten Arten sei extrem lang. "Über die Hälfte der Insektenarten ist mehr oder weniger gefährdet", sagte Magerl. Dabei komme das Problem hinzu, dass man noch lange nicht alle Arten kenne. Nur etwa 30 Prozent der Arten seien bislang wissenschaftlich bekannt. Bei den anderen 70 Prozent der Tier- und Pflanzenwelt tappe man im Dunklen. Zwar könne man viele bekannten Daten auf andere Arten anwenden, jedoch verhindere dies eine eindeutige Erkenntnis, wie weit der Schwund bei diesen fortgeschritten sei.

Forderungen der Grünen, die oft veralteten Daten zu aktualisieren, seien jahrelang nicht umgesetzt worden. Für Magerl persönlich hat der Artenschutz viel mit Ästhetik und Naturgenuss zu tun. Sei es der Vogelgesang im Frühling, die Zugvögel im Herbst oder das Zirpen der Grillen im Sommer. Das alles wolle er nicht missen. Deshalb müsse man sich dieser enormen Verantwortung gegenüber den folgenden Generationen stellen, fordert Magerl. Man wolle ihnen schließlich keine "Erde hinterlassen, die leer und wüst ist", zitiert er aus der Bibel. Vor allem jetzt, da die erste Hürde des Volksbegehrens geschafft sei, müsse man ins Rathaus gehen und abstimmen.

Für Applaus sorgte die Mahnung von Toni Wollschläger, "es reicht nicht, nur sein Kreuz beim Volksbegehren zu setzen. Man muss allgemein durch sein ganzes Konsumverhalten mithelfen, die Landwirtschaft zu verändern".

© SZ vom 25.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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