Amtsgericht Erding:Überschwemmt von Fluggastverfahren

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Wo viel geflogen wird, wird viel geklagt. Die Zivilverfahren von Passagieren des Flughafens München landen zur Bearbeitung beim Amtsgericht Erding. (Foto: Johannes Simon)

Das Amtsgericht Erding entscheidet über finanzielle Entschädigungen von Passagieren am Flughafen München, deren Flüge verspätet waren oder kurzfristig storniert wurden. Im vergangenen Jahr mussten 11 624 Zivilverfahren bearbeitet werden.

Von Thomas Daller, Erding

Das Amtsgericht Erding ist im vergangenen Jahr erneut von Fluggastverfahren "überschwemmt" worden. Das sagte die Amtsgerichtsdirektorin Ingrid Kaps kürzlich bei der Jahrespressekonferenz des Gerichts. Ende 2023 waren 11 624 Verfahren neu beim Amtsgericht Erding anhängig. Bei einem vergleichbaren Amtsgericht dieser Größe würden in etwa 2000 Zivilverfahren bearbeitet, sagte Kaps.

Da aber das Amtsgericht Erding über finanzielle Entschädigungen von Fluggästen am Flughafen München entscheidet, deren Flüge verspätet waren oder kurzfristig storniert wurden, liegt die Arbeitsbelastung der Erdinger Zivilrichter und -richterinnen bei 223 Prozent.

Bei den Fallzahlen ist auch im laufenden Jahr keine Besserung in Sicht: Vom 1. Januar bis 12. März sind bislang 2359 neue Verfahren eingegangen, im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es 1670. Zumindest personell bekommt das Amtsgericht Erding Unterstützung: "Wir haben in den vergangenen Monaten 0,25 Arbeitskraftanteile vom Landgericht Landshut zugewiesen bekommen. Zum 1. April werden wir 0,5 Arbeitskraftanteile vom Landgericht Landshut zugewiesen bekommen und 0,5 Arbeitskraftanteile vom Oberlandesgericht München", sagte Kaps.

Allerdings fehlen dem Erdinger Gericht insgesamt 25 Mitarbeiter und zwölf Richter. Perspektivisch wird es nicht einfacher, weil viele Richter zur Baby-Boomer-Generation gehören und nun ins Pensionsalter kommen - und der Nachwuchs wird weniger.

Amtsgerichtsdirektorin Ingrid Kaps, Stellvertreter Markus Nikol sowie Neuzugang Franziska Meixner. (Foto: Thomas Daller/OH)

Die Zahlen der Familienverfahren sind laut Kaps mit 1100 konstant geblieben. Davon waren 459 Scheidungen und 253 Sorge- und Umgangsverfahren. "Allerdings ist hier festzustellen, dass die Verfahren immer komplexer werden", sagte Kaps. "Auch die Zeit der Isolation in Corona hat merkbare Spuren hinterlassen."

Die Strafrichter für Erwachsenenstrafsachen mussten im vergangenen Jahr 1423 Verfahren bearbeiten, 2022 waren es 1343. Beim Jugendgericht waren es 326 Verfahren, im Jahr davor waren es 234. Die Ermittlungsrichter hatten 393 Verfahren zu bearbeiten und 308 Abschiebeverfahren.

Das Amtsgericht Erding arbeitet mittlerweile mit der elektronischen Akte in Zivil-, Familien- und Betreuungssachen. Wann die elektronische Akte im Strafrecht am Erdinger Amtsgericht eingeführt wird, steht noch nicht fest, aber es gibt eine Frist für Ende 2025. Zunächst stehe die Einführung der elektronischen Akte im Grundbuch bevor, so Kaps. Die zwei Videoanlagen, die dem Gericht zur Verfügung stehen, seien ständig ausgebucht. Auch bei den Sitzungssälen ist es problematisch: 24 Richter müssen sich vier Säle teilen.

Wie viel Aufwand das geplante Cannabisgesetz mit sich bringt, muss sich noch zeigen

Ob das geplante Cannabisgesetz für das Amtsgericht Erding tatsächlich so viel mehr juristischen Aufwand mit sich bringe, wie derzeit politisch diskutiert wird, stehe noch nicht fest, sagte die Amtsgerichtsdirektorin. Aktuell gehe es um die rückwirkende Amnestie für Fälle, die nach dem neuen Gesetz straffrei wären. Das Amtsgericht ist dabei nur für die Strafsachen am Jugendgericht zuständig, die Fälle nach dem Erwachsenenrecht bearbeitet die Staatsanwaltschaft Landshut. In Erding wären 42 Verfahren betroffen: Zwölf davon müssten eingestellt und 30 Strafzumessungen neu bewertet werden.

Anlässlich der Jahrespressekonferenz stellte die Direktorin auch einen Neuzugang des Gerichts vor. Franziska Meixner wechselte von der Staatsanwaltschaft Landshut zum Amtsgericht Erding und bearbeitete zunächst Zivilsachen. Von 18. März an kümmert sie sich um Betreuungsangelegenheiten. Meixner ist die Nachfolgerin von Richterin Christina Waldinger. Meixner ist am Ammersee aufgewachsen und hat in Regensburg und München studiert. Sie war ein Jahr Referentin am Digitalministerium und drei Jahre bei der Staatsanwaltschaft Landshut. Die 31-Jährige geht gerne in die Berge zum Langlaufen und Wandern, sie fährt oft Rad und liest gerne. "Wir heißen sie herzlich willkommen", sagte Kaps.

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