Abschied:Gelbes Blut

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Bernd Tüshaus hat 38 Jahre lang mit Leib und Seele für Jungheinrich sowie dessen Vorgänger Steinbock gearbeitet und dabei turbulente Zeiten überstanden. Nun ist der Geschäftsführer der Moosburger Niederlassung im Ruhestand

Von Clara Lipkowski, Moosburg

Vorbei sind die Zeiten, als er täglich pünktlich um sieben im Büro erschien. Nach 38 Jahren in der Maschinenbaubranche ist Schluss. Das hat Bernd Tüshaus so entschieden. Nun ist es so weit. Zum 1. Januar ist der Geschäftsführer der Moosburger Jungheinrich-Niederlassung in Vorruhestand gegangen. Um die Gabelstaplerproduktion müssen sich jetzt andere kümmern. "Vor drei Jahren habe ich die Entscheidung getroffen", sagt er, "da war es noch lange hin. So richtig klar geworden ist es mir im letzten Monat bei der Firma". Gehen lassen wollten ihn die Mitarbeiter eigentlich nicht. Aber so würde der 63-Jährige das nie sagen, für Eigenlob hat er nicht viel übrig. "Ich kann stolz sein darauf, dass ich so eine gute Mannschaft hatte", sagt er lieber. Damit meint er einen Zirkel von zehn Kollegen, die ihm als Chef direkt berichtet haben. Tüshaus war 1978 bei Steinbock, der Vorgängerfirma, eingestiegen. 1996 wurde sie von Jungheinrich übernommen. Tüshaus stieg auf, wurde erst Projektleiter, dann Prokurist, später Leiter einer Produktionslinie.

2007 dann wurde er in die Geschäftsführung des Unternehmens berufen. Kurz darauf schüttelte die Wirtschaftskrise das Unternehmen ordentlich durch. "Das kam überraschend, es herrschte ja eine Riesenunsicherheit, aber überall", sagt Tüshaus, mit so einer Wucht habe niemand gerechnet. Jungheinrich liefert vor allem Gabelstapler aus, die firmentypisch grell-gelben, auch ins Ausland. Infolge der Wirtschaftskrise waren vor allem die Exporte von fehlender Nachfrage betroffen - und damit auch Jungheinrich. Die Firma in Moosburg und der gesamte Konzern mit Sitz in Hamburg mussten umdenken.

In der Stadt an der Isar war gerade die Planung für den Neubau des zweiten Werks in Degernpoint fertig geworden, alles war bereit für die Expansion. "Das haben wir dann gestoppt", so Tüshaus. Stattdessen führte die Geschäftsführung unangenehme Gespräche mit dem Betriebsrat: "Wir haben uns entschieden, für 24 Monate auf Kurzarbeit umzustellen." Ein kluger Schritt zur rechten Zeit, wie sich später rausstellte. "Damit haben wir alle Mitarbeiter an Bord gehalten", sagt Tüshaus. Die Erleichterung darüber sieht man ihm auch heute noch an, acht Jahre später. "Da hat die Führung von Jungheinrich richtig reagiert und nicht überreagiert", sagt Tüshaus. Er hatte immer an seinen Arbeitgeber geglaubt: "Ich habe nicht daran gezweifelt, dass Jungheinrich das schafft, aber die Wirtschaftskrise war ja so mächtig, weltweit, dass dir niemand hätte sagen können, wohin es geht. Das war eine der großen Herausforderungen."

Es ging weiter, 2012 konnte das zweite Werk in Degernpoint endlich gebaut werden. "Das haben wir sehr gut und schnell, in 16 Monaten, realisiert", sagt Tüshaus. Genug Zeit zum Vorplanen hatten sie ja gehabt. Zu diesem Zeitpunkt war er schon alleiniger Geschäftsführer. 2010 hatte er den Chefsessel übernommen. Und mittlerweile kann man sagen: Die Expansion nach Degernpoint ist ihm geglückt. Die zweite Produktionsstätte ist seit 2013 in Betrieb, die Geschäftslage gut, der Konzern meldet seit Längerem steigende Umsatzzahlen und Aufträge.

Zeit also für Bernd Tüshaus, sich der nächsten, "zweiten, großen Herausforderung" zu widmen, wie er sagt: der Modernisierung des Stammwerks in Moosburg. "Teilweise verliefen die Transportwege im Betrieb kreuz und quer. Die haben wir optimiert, zu klaren Linien von der Logistik bis zur Montage." Die Modernisierung ist planmäßig Ende des Jahres abgeschlossen worden. So hat der 63-Jährige das Unternehmen, das mit knapp 1200 Beschäftigten Moosburgs größter Arbeitgeber ist, in einem guten Zustand verlassen.

Eine andere Firma kam für ihn nie infrage, trotz Abwerbungsversuchen. "Wenn man in so einer Position ist, wird man schon das ein oder andere Mal gefragt", sagt er, "aber ich hatte immer unterschiedliche und interessante Aufgaben, für einen Wechsel gab es keinen Grund". Die Faszination in der Arbeit machen für ihn aber auch die Gabelstapler aus. "Wir machen einfach gute Produkte", sagt er und grinst.

Seinen Führungsstil beschreibt er als "direkt und ehrlich". "Man muss schon klar in seinen Aussagen sein", findet er. "Und ganz wichtig ist, dass die Mitarbeiter wissen, dass der Mensch das Wichtigste in dem ganzen Gebilde ist." Und wenn er so von seiner Belegschaft schwärmt, fällt ihm noch der Satz ein, den sie immer im Team gesagt haben: "Was wir anpacken, machen wir gut." Ein "echter Jungheinrich" eben.

Wie es der Firma geht, will er natürlich auch in Zukunft beobachten, wenn er nicht gerade mit seiner Frau wandert, radelt, Ski fährt oder an seinem Golf-Handicap arbeitet. Was er den Azubis zur Begrüßung mitgab, hat bei ihm doch auch Spuren hinterlassen: Einer von ihnen ist man, "wenn das Blut umgefärbt ist von rot auf gelb".

© SZ vom 04.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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