Freischankflächen:Mehr Lockerheit auf dem Bürgersteig

Lesezeit: 2 min

Geht es nach der Stadt, könnten Gäste demnächst auch am späten Abend noch auf einen Kaffee beim Tambosi am Odeonsplatz vorbeischauen. (Foto: Florian Peljak)

"Man muss einfach mal was ausprobieren": Stadtrat und Verwaltung wollen Wirten die Chance geben, ihre Freischankflächen bis Mitternacht zu öffnen - den Bedenken und Protesten der Anwohner zum Trotz.

Von Dominik Hutter

Für den Kneipenabend unter freiem Himmel dürfte es an diesem Samstag noch zu frisch sein - als Vorgeschmack aber taugen die frühlinghaften Temperaturen allemal: auf jene lauen Sommernächte, an denen es draußen so richtig gemütlich ist. Die dürften in diesem Jahr noch etwas länger ausfallen als gewohnt, denn im Stadtrat bahnt sich eine ganz große Koalition für mehr Lockerheit auf den Bürgersteigen an. Zumindest an Wochenenden sollen die Münchner künftig bis Mitternacht die Tische und Stühle bevölkern dürfen. Bislang war vor den allermeisten Kneipen spätestens um 23 Uhr Schluss.

Das Rathaus setzt sich damit über die Bedenken der Bezirksausschüsse hinweg, die derlei allenfalls außerhalb des Mittleren Rings dulden wollen und im dicht bewohnten Glockenbachviertel am liebsten schon um 22 Uhr die Gehsteige hochgeklappt hätten. Doch diese Haltung passt nicht zur Vorstellung der Rathausspitzen von einer liberalen Großstadt. Zumal das Nachtleben in Allach oder Ludwigsfeld erst noch erfunden werden muss.

"Das passt einfach zu einer Stadt wie München", sagt Dieter Reiter, der sozialdemokratische OB-Kandidat, über die Liberalisierungspläne von Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle. Vorgesehen ist es, zunächst probeweise für drei Monate die Öffnungszeiten an Freitagen und Samstagen von 23 auf 24 Uhr zu verlängern - falls dies für die Nachbarschaft vertretbar erscheint. Insofern können sich Gaststätten, deren Außenbetrieb aktuell wegen der Anwohner auf 22 Uhr begrenzt ist, kaum Hoffnungen auf mehr Umsatz machen.

Die neue Regelung soll kein Freibrief für alle sein

Diese Einzelfallentscheidung ist für die SPD ganz wichtig, ein "Freibrief für alle" sei nicht geplant, betont Fraktionschef Alexander Reissl. Ohnehin gibt es schon heute Kneipen in München, die ihre Gäste auch um drei Uhr nachts noch im Freien bewirten dürfen. Diese Regelung soll auch bestehen bleiben.

Der Vorstoß Blume-Beyerles habe sehr viel mit Bürokratieabbau zu tun, und das sei in jedem Fall ein wünschenswertes Unterfangen, findet Reissl. So müssen künftig die entsprechenden Genehmigungen nicht mehr jährlich neu beantragt werden, und auch bei der Mindestbreite von 1,60 Meter Gehweg will die Verwaltung künftig bei Grenzfällen ein Auge zudrücken.

Restaurants in München
:Neun Tipps für einen romantischen Abend zu zweit

Verliebt beim Vietnamesen, nobel beim Franzosen oder schlemmen wie damals in der Toskana: In diese Restaurants kann man seinen Partner nicht nur am Valentinstag zum Essen ausführen.

Von Laura Kaufmann und Janina Ventker

"München muss gerade im Innenstadtbereich urban sein", findet CSU-OB-Kandidat Josef Schmid, der die neue Liberalität deshalb ausdrücklich begrüßt. Schließlich könne sich jeder aussuchen, wo er hinzieht. "Ich habe kein Verständnis für Anwohner, die erst in ein pulsierendes Viertel ziehen und sich dann darüber beschweren", erklärt Schmid. Letztlich müsse es Raum für alle geben - und die geplante Regelung sei geeignet, einen "vernünftigen Ausgleich" zu schaffen.

Sabine Nallinger, die OB-Kandidatin der Grünen, könnte sich vorstellen, die Freischankflächen sogar noch auszudehnen - notfalls müsse eben auch mal ein Parkplatz dran glauben. "Man muss einfach mal was ausprobieren", findet die Politikerin. In einer Großstadt mit zahlreichen jungen Bewohnern dürfe man mit dem knappen öffentlichen Raum nicht restriktiv umgehen.

Auch Public Viewing soll künftig leichter möglich sein

Zumal sich leider allzu oft diejenigen Gehör verschafften, die am lautesten nach Ruhe schreien - und nicht die Mehrheit, die still ihre Sommerabende genießt. Bei der FDP taucht die Freiheit am Kneipentisch sogar explizit im Kommunalwahlprogramm auf. Die Genehmigung von Freischankflächen müsse liberalisiert werden, steht darin. Und dass man den Menschen nicht vorschreiben wolle, auf welchen Stühlen sie sitzen müssen.

Das haben die Behörden bislang tatsächlich getan. Knallige Farben waren ebenso verpönt wie Bänke oder bestimmte Blumentöpfe. All das will Blume-Beyerle nun ändern, und auch Open-Air-Übertragungen "herausragender Fußballereignisse" sollen künftig leichter möglich sein. Die Regelungen gelten übrigens nur auf städtischem Grund. In privaten Wirtsgärten geht es schon immer lockerer zu.

© SZ vom 15.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Cafés für Mütter mit Kind
:Mami Cool

In München breiten sich Müttercafés aus - als Heimat für alle, für die ein Kind noch lange kein Grund ist, den Lebensstil zu ändern. Hier zeigt sich aber auch, wie anstrengend es sein kann, eine urbane, lässige Mutter zu sein.

Von Anne Goebel
Jetzt entdecken

Gutscheine: