Flüchtlinge in München:"Wir haben Angst"

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Polizeibusse stehen vor dem DGB-Haus in der Schwanthalerstraße. (Foto: N/A)

Zwei Wochen lang sind sie von Franken nach München marschiert. Auf den 300 Kilometern wurden die Asylbewerber immer wieder von der Polizei gestoppt und kontrolliert. Nun haben sich die Flüchtlinge im Gewerkschaftshaus des DGB verschanzt und diskutieren weitere politische Aktionen. Doch lange können sie dort nicht mehr bleiben.

Von Melanie Staudinger

Die Situation um die Flüchtlinge in der Schwanthalerstraße spitzt sich zu. Sie wollen das Haus des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), in dem sie sich in der Nacht zu Mittwoch verschanzt haben, nicht verlassen. Erst wenn alle ihre Forderungen erfüllt seien, würden sie ihren Protest aufgeben, kündigte ein Sprecher an. Nun liege es an den politischen Parteien: Sie müssten sich positionieren, wie sie zum Kampf der Flüchtlinge stünden. "Wir haben Angst", sagte Ghlam Vali, ein Asylbewerber aus Pakistan. Der DGB unterstützt die Forderungen teilweise, zeigte sich aber in einer Pressemitteilung wenig erfreut, dass die Gruppe bleiben will.

Seit zwei Wochen sind die Flüchtlinge nun unterwegs. Eine Gruppe startete von Bayreuth aus, eine weitere in Würzburg. Auf ihrem Weg durch Bayern verletzten viele Protestteilnehmer ihre Residenzpflicht. Diese besagt, dass sich Flüchtlinge grundsätzlich in dem Bezirk aufhalten müssen, in dem sie registriert sind. Wollen sie die Region verlassen, müssen sie dafür einen Antrag stellen und genehmigen lassen, sonst machen sie sich strafbar. Die Polizei kontrollierte die Züge regelmäßig und schickte die Personen ohne erforderliche Papiere zurück in ihre eigentliches Asylbewerberheim. Die Mehrzahl allerdings kehrte immer wieder zurück. Mit dieser Aktion fordern die Flüchtlinge bessere Bedingungen für Asylbewerber in Bayern: Die Residenzpflicht soll abgeschafft, alle Flüchtlinge anerkannt und Abschiebungen gestoppt werden.

Am Dienstag marschierten die Züge in einer letzten Etappe nach München und ließen sich im Gewerkschaftshaus nieder. Nur ein kleiner Teil von ihnen machte sich auf zur angekündigten Demonstration an der Münchner Freiheit, die meisten blieben im Bahnhofsviertel, weil sie fürchteten, von der Polizei festgenommen zu werden. Nachdem der Protestzug durch München gegen 21.30 Uhr von den Veranstaltern aufgelöst worden war, verschantzten sich etwa 30 Asylbewerber und einige Unterstützer in der Schwanthalerstraße und verbrachten dort die Nacht.

Ein schlichter Konferenzraum im DGB-Haus: Hier haben die Flüchtlinge übernachtet. (Foto: N/A)

Am Mittwochvormittag luden sie zu einer Pressekonferenz vor das Gewerkschaftshaus. Die Polizei ist dort noch immer präsent, wartet nach Angaben eines Pressesprechers aber erst einmal die weiteren Entwicklungen ab. Zum "Schutz von Leib und Leben" sei ihnen keine andere Möglichkeit geblieben, erklärten die Asylbewerber. Sie seien völlig überrascht gewesen, dass sie "seit zwei Wochen geschlagen, getreten, verhaftet und bedroht" würden. Das Angebot der Münchner Polizei, wonach die Demonstranten das Gewerkschaftshaus ohne Kontrollen verlassen könnten, wiesen sie zurück. "Das galt nur, wenn wir keine weiteren politischen Aktionen gemacht hätten", sagte einer von ihnen. Doch darum ginge es ihnen genau.

In weiteren Diskussionen wollen die Flüchtlinge nun klären, was sie konkret planen. Allzu lange werden sie wohl nicht in der Schwanthalerstraße bleiben können. "Das Gewerkschaftshaus ist ein reines Bürogebäude und für Übernachtungen nicht geeignet", schreibt der DGB in einer Presseerklärung. Es fehle nicht nur an Betten, sondern auch an notwendigen sanitären Einrichtungen. "Deshalb kann der Aufenthalt im Gewerkschaftshaus nur eine sehr kurzfristige Notlösung sein", heißt es in der Mitteilung weiter. Der Gruppe sollen bereits entsprechende Angebote gemacht worden sein. Bisher allerdings haben sie sich nicht dazu geäußert.

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