FKK-Club in Dachau:Schwarze im Rotlicht

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Die Bautafeln hängen erst seit kurzem an der Eingangstür des Clubs - für die Öffentlichkeit nicht sichtbar. (Foto: Jørgensen)

Lange wurde spekuliert, ob in Dachau ein riesiges neues Bordell entsteht. Jetzt stellt sich heraus, dass mehrere Kommunalpolitiker der CSU am Bau eines FKK-Clubs beteiligt sind. Die sprechen von einem "ganz normalen Geschäft".

Von Benjamin Emonts, Dachau

Monatelang wurde in der Stadt über ein großes Bordell gerätselt, das im Gewerbegebiet Dachau-Ost eröffnen soll. Stadtrat, Verwaltung und auch Bürgermeister Florian Hartmann (SPD) gaben sich lange Zeit ahnungslos. Doch wie sich nun heraus stellt, sind Kommunalpolitiker und Mandatsträger aus der Dachauer CSU maßgeblich an dem Bau eines FKK-Clubs in der Ohmstraße beteiligt: der Bauunternehmer und amtierende Stadtrat Wolfgang Moll, der Elektroinstallateur und erst im März aus dem Stadtrat geschiedene Helmut Erhorn sowie die Architektin und CSU-Stadtratskandidatin Heidi Lewald.

Deren Name steht auf drei von vier Bautafeln, die seit kurzem an der versteckten Eingangstür des Bordells in der Ohmstraße 5 angebracht sind. Lewald, so steht es auf den Tafeln geschrieben, ist die Planerin des "Bordells mit Wellness-Relax-Oase" sowie der dazugehörigen Terrasse und Garage. Dachaus zweiter Bürgermeister Kai Kühnel (Bündnis für Dachau) hatte mehrmals beim städtischen Bauamt nach dem Verbleib der Bautafeln gefragt. Erst kürzlich wurden diese schließlich an die Eingangstür geklebt - allerdings so, dass sie für die Öffentlichkeit nicht sichtbar sind.

Architektin Heidi Lewald bestätigte nun der Süddeutschen Zeitung, maßgeblich an den Planungen des FKK-Clubs beteiligt gewesen zu sein. "Ich habe davon gewusst, dass es um ein Bordell geht. Für mich war das ein ganz normaler Auftrag", sagte sie, um anschließend das Telefongespräch abrupt zu beenden.

"Der Bau wird eine wahnsinnig herrliche Sache"

Der ehemalige CSU-Stadtrat Helmut Erhorn, der erst im März aus dem Gremium ausgeschieden ist, erklärte im Gespräch mit der SZ Dachau, Elektroinstallationen in dem künftigen Bordell vorgenommen zu haben. Erhorn sagte weiter: "Was ist da Schlimmes dran? Aus meiner Sicht wird der Bau eine wahnsinnig herrliche Sache: Eine wunderschöne Saunalandschaft zum Rasten, ein Whirlpool zum Relaxen - es wird das schönste Etablissement in Dachau, wenn sie es denn bauen lassen." Der Elektroinstallateur ist von der Notwendigkeit der Etablissements für die Stadt Dachau überzeugt: "Ohne die geht's ja gar nicht."

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Freilich ist fraglich, weshalb die Kommunalpolitiker angesichts der lange anhaltenden öffentlichen Diskussion um das Bordell nicht schon früher ihre Beteiligung an dem Projekt publik gemacht haben. Helmut Erhorn sagt: "Die Stadt Dachau hat von dem Bordell eher gewusst als wir. Ich sage, sie wusste von Anfang an, was dort gebaut wird."

Ex-CSU-Stadtrat wollte Thema nicht an die große Glocke hängen

Stadtrat Kai Kühnel hatte nach eigenen Angaben mehrmals im Bauausschuss um Informationen über das angeblich entstehende Freudenhaus gebeten. Die Reaktion innerhalb des Gremiums: "Allgemeines Achselzucken." Bei den betreffenden Sitzungen, so Kühnel, sei auch der am Bau des Etablissements beteiligte Stadtrat Wolfgang Moll zugegen gewesen. Der sagte der Süddeutschen Zeitung: "Die Spekulationen drehten sich immer um einen mehrere Tausend Quadratmeter großen Bordellneubau. Deshalb habe ich die Anfrage nicht in Zusammenhang mit der Ohmstraße 5 gebracht. Zumal die Stadtverwaltung auch nichts von dem Bauvorhaben wusste." Folglich, sagt Moll, habe es sich um ein "ganz normales Geschäft" an einem Bau gehandelt, der von der Stadt genehmigt war. "Ich bin nicht verpflichtet, das an die große Glocke zu hängen", sagt er und ergänzt: "Das Rotlicht-Milieu ist ein sensibles Thema. Dass man in der Kommune mit dem Thema vorsichtig sein muss, dessen bin ich mir bewusst."

Der Umbau des bestehenden Bordells in der Ohmstraße 5 war von der Stadt Dachau genehmigt, wie Michael Simon bestätigt. Der Dachauer Stadtbaurat gibt an, die öffentliche Diskussion über das Bordell ebenso wie Wolfgang Moll nicht mit dem Bauvorhaben in der Ohmstraße 5 in Verbindung gebracht zu haben. "In den Diskussionen ging es um eine ganz andere Größenordnung." Inzwischen sei alles gesagt zu dem Thema.

Dachau kämpft gegen die Freudenhäuser

Und doch hat die Stadt Dachau erst Anfang August gegen die Bauherren des FKK-Clubs, die GW Invest AG und die ÖMP VG, einen Gerichtsprozess geführt. Denn die Rathausverwaltung befürchtete, die Betreiber des Bordells könnten nach dem Umbau mehr als die bisher fünf genehmigten Räume zur Ausübung der Prostitution nutzen wollen. Dies, so Bauamtsleiter Simon, hätte zu einem "Trading-Down-Effekt" für das gesamte Gewerbegebiet geführt. Dort gibt es bereits sechs Freudenhäuser.

Folglich versuchte die Stadt vor Gericht zu erwirken, dass die Betreiber des Etablissements lediglich die fünf ohnehin schon genehmigten Räume zur Prostitution nutzen dürfen. Das Verwaltungsgericht aber wies die Auflagen der Stadt in den wesentlichen Punkten zurück. In der Urteilsbegründung hieß es, die Stadt Dachau dürfe baurechtlich nicht präventiv vorschreiben, wie viele Zimmer der Betreiber für Bordellzwecke verwenden darf.

Stadtrat Kai Kühnel vom Bündnis für Dachau sagt: "Es muss jeder für sich entscheiden, wie er sein Geld verdient." Dass gleich drei CSU-Politiker am Bau des FKK-Clubs beteiligt sind, findet Kühnel "ein bisschen belustigend". Und für die Fraktionschefin der Dachauer SPD, Christa Keimerl, haftet an der Geschichte zumindest ein "Geschmäckle", wie sie sagt: "Die Beteiligung der CSU verwundert mich etwas."

Im Dachauer CSU-Ortsverband ist es bisher noch kein Thema, dass drei Mitglieder am Bordellbau im Gewerbegebiet beteiligt sind. Das könnte sich allerdings noch ändern. "Wenn bei unseren Mitgliedern Bedarf aufkommt, kann es sein, dass die Geschichte ein Thema wird", sagt der Ortsvorsitzende Tobias Stephan.

© SZ vom 30.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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