Filmball 2009:Warten auf Weißwürste

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Beim 36. Deutschen Filmball müssen Til Schweiger, Bernd Eichinger und Co zunächst hart arbeiten, um später ausgelassen feiern zu können. Mit Video und den besten Bildern.

Philipp Crone

Der Star des Filmballs biegt falsch ab - links zum Aufzug statt rechts zum Ballsaal. Vorher hat Daniel Craig, ganz der lässige Bond, gemütlich Interviews gegeben, Autogramme geschrieben, permanent gelächelt und vor allem eine perfekte Figur gemacht. Er wirkt kontrolliert, immer im Einsatz, immer fotogen, immer gut gelaunt, zeigt keine Schwächen, aber auch kaum Menschliches.

Hatten Spaß: Produzent Martin Krug, Schauspieler Heiner Lauterbach (r.) und dessen Frau Victoria beim 36. Deutschen Filmball. (Foto: Foto: ddp)

Damit passt er eigentlich wunderbar zu der oberflächlichen Veranstaltung im Ballsaal, dem 36. Deutschen Filmball, oder? Ja und Nein. Für den ersten Teil, der bis Mitternacht dauert, ist Craig wie geschaffen, für den anschließenden, den wichtigsten Teil der Veranstaltung, allerdings wohl kaum.

Zehn Minuten ist Craig nur da. Aber die reichen, um die Ordnung im Bayerischen Hof am Samstagabend durcheinander zu bringen.Denn hier ist alles genau aufgeteilt. Da sind auf der einen Seite die deutschen Filmstars in Smoking und Abendkleid, die nacheinander von dunklen Limousinen ausgespuckt werden, auf dem 30 Meter langen roten Teppich von Kamera zu Kamera, von Mikrophon zu Mikrophon und von Heizstrahler zu Heizstrahler schreiten, bis sie zuletzt durch die goldene Drehtür drinnen verschwinden.

Die Jagd nach dem besten Bild

Auf der anderen Seite sind die Fotografen und Kameraleute in der ersten Reihe, in Reihe zwei die Autogrammjäger und dahinter die Schaulustigen, die zwischen den Bäumen des Promenadeplatzes auf das Treiben vor dem orange und blau beleuchteten Gebäude blicken. Und dann ist da noch Daniel Craig.

Horst Seehofer wartet um kurz nach 20 Uhr minutenlang in der Kälte, um mit ihm zusammen ein Foto zu machen, die Sicherheitsleute halten anschließend im Foyer extra einen Korridor zum Aufzug frei. Als sich die Aufzugtüren hinter ihm schließen, öffnen sich die des Ballsaals für ein einmaliges Schauspiel, der Jagd nach dem besten Bild.

Til Schweiger beantwortet stoisch Reporterfragen

Die Gäste stärken sich erst einmal mit Champagner, um diesen Teil des Abends abzumildern. Manche Damen sind bei der Tischsuche ausschließlich mit der Vorwärtsbewegung beschäftigt, denn permanent steigt ihnen im dichten Gedrängel jemand auf die Schleppe. Die einen suchen ihre Plätze, die Fotografen ihre Motive. Til Schweiger sagt zum ersten Mal, was er noch zwanzig Mal wiederholen wird.

"Ich bin hier, um Leute zu treffen, die ich sonst nicht so oft sehe." Es sei ja wie ein Klassentreffen. Er beantwortet stoisch Reporterfragen, während Ministerpräsident Horst Seehofer zur Ansprache nach vorne schreitet. Nur eine kleine Panne unterläuft ihm, als er den Gastgeber des Abends, den Präsidenten der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft, Steffen Kuchenreuther, zweimal "Küchenreuther" nennt.

An Tisch 15 werden derweil die Fotografen fündig. Heiner Lauterbach mit Sohn Oscar und Martin Krug räumen alle überflüssigen Accessoires vom Tisch, um Platz für die Champagnerkübel zu haben. Bernd Eichinger an Tisch 19 hält sich beim Essen extra zurück, um jederzeit loslächeln zu können. Die schmale Caroline Herfurth neben ihm hat noch nicht so viel Erfahrung. Sie isst lieber, dafür wird sie nicht so oft abgelichtet.

Vorne die bekannten, hinten die unbekannten Gäste

Nur im vorderen Teil des Saales blitzt es. Denn die etwa 1200 Gäste aus der Filmbranche sind aufgeteilt, vorne die bekannten, hinten die unbekannten. Vorne sitzt Seehofer an einem Tisch mit Edmund Stoiber, hinten sitzt Günther Beckstein, noch hinter Bushido. Der ist zunächst ein wenig irritiert. "Das ist mir alles zu wichtig hier", sagt er.

Daran wird sich erst um 23 Uhr etwas ändern, wenn die Kameras ausgeschaltet werden müssen. Bis dahin zeigen die Profis, wie man's macht. Uwe Ochsenknecht nutzt den Gang zur Toilette gleich mehrmals. Er flaniert zuerst wie zufällig bei Bernd Eichinger und dessen Frau vorbei. Man drückt und küsst sich kurz und Ochsenknecht sagt noch schnell: "Wir sitzen da hinten." Schon blitzt es gewaltig, die Fotografentraube wächst in Sekunden auf 15 an. "Der Moritz ist nicht da, oder?", fragt Ochsenknecht noch. Eichinger schüttelt den Kopf, Moritz Bleibtreu ist nicht gekommen. Ochsenknecht schreibt draußen vor dem Saal noch Autogramme für die seit Stunden wartenden Fans und kann sich dann wieder bei Frau und Söhnen niederlassen. Um kurz vor Mitternacht ist das Spiel vorbei.

Ochsenknecht singt

Zunächst leeren sich fast unmerklich die Tische, die Bars füllen sich, die Tanzfläche belebt sich. Ochsenknecht steht plötzlich auf der Bühne und singt den Winehouse-Hit "Valerie". Es ist der Startschuss zur richtigen Party. Die einen tanzen, die meisten sichern sich schon einen Platz im Keller. Hier in den Gewölben wird aus der Foto-Veranstaltung ein Filmklassentreffen. Man trinkt Bier statt Wein, isst Weißwurst statt Filet, das Ballgehabe wird von Stammtischstimmung ersetzt.

Niemand muss mehr all zu sehr auf sich achten. Man spricht mit vollem Mund, Gesichter und Augen beginnen zu glänzen. Doris Dörrie hier, Christiane Paul da, Christine Neubauer hier, Katja Flint da. Auf den Keller freut er sich immer am meisten, sagt Christian Berkel. Das gibt es eben nur hier: Eine Mischung aus bayerischer Gemütlichkeit, Wiedersehensfreude, Partydurst und ein bisschen Intimität. Oberflächlich war oben, hier im Gewölbe geht der Filmball den Gästen unter die Haut.

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