Feuerwerk an Silvester:Die bunte Gefahr

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Wagemutige Feuerwerker bevölkern jedes Jahr zum Jahreswechsel die Krankenhäuser. Die Polizei warnt vor Böllern aus Polen.

Johann Osel

Ein Spaßvogel hatte es zu Silvester im vergangenen Jahr besonders bunt getrieben. Der 44-Jährige stand mit seinem Wagen an einer Ampel in der Leopoldstraße und warf aus dem geöffneten Fenster einen Knallkörper auf das Auto neben ihm - ausgerechnet ein Dienstfahrzeug der Bereitschaftspolizei. "Oft ist nicht mehr nachvollziehbar, ob mit Vorsatz gehandelt wurde oder ob es sich zum Beispiel um eine verirrte Rakete handelt", sagt Polizeisprecher Andreas Ruch über die alljährlichen Erfahrungen mit dem Silvesterfeuerwerk.

Raketen nicht in der Hand anzünden, Blindgängern fernbleiben und nicht mit Böllern auf Leute zielen - die Vorsichtsmaßnahmen beim Feuerwerk sind zwar bekannt, unzählige Unfälle gibt es trotzdem jedes Jahr wieder. (Foto: Foto: Einfeldt)

In diesem Fall war der üble Vorsatz eindeutig - so wie bei den zahlreichen Sachbeschädigungen, die Jahr für Jahr anfallen. Böller in Müllcontainern oder Briefkästen, ein zerstörter Swimmingpool, zwei stumme Zeitungsverkäufer, beschädigte Autos und Laternen sowie Wohnungsbrände waren es beim Jahreswechsel 2007/2008. Das zuständige Kommissariat zählte 51 Fälle - 67.000 Euro Gesamtschaden.

Doch es bleibt erfahrungsgemäß nicht nur bei finanziellen Folgen der Knallerei. In den Münchner Krankenhäusern laufen derzeit die Vorbereitungen für die Silvesternacht. Etwa 20 Prozent mehr Einlieferungen erwartet Eduard Höcherl, Chefarzt der Unfallchirurgie im Klinikum Schwabing. Gleiche Steigerungen in dieser Nacht seien für alle Häuser des Städtischen Klinikums München üblich. "Grundsätzlich ist zwar in der Silvesternacht normaler Dienst, allerdings stehen mehr Ärzte in Rufbereitschaft im Hintergrund."

Knaller-Tourismus

"Am häufigsten sind Verletzungen durch Feuerwerkskörper und Böller. Dafür stehen die chirurgischen Nothilfen der Kliniken bereit", sagt Höcherl. Auch auf Schnittverletzungen durch Gläser und Alkoholvergiftungen sei man eingestellt. Doch vor allem Handverletzungen beschäftigen die Notärzte. Fehler und Nachlässigkeiten beim Entzünden von Feuerwerk ist die eine Seite des Problems.

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Die andere ist immer öfter die Herkunft der Knallkörper. Seit einigen Jahren registrieren die Behörden zunehmend illegale Böller und Raketen aus Osteuropa, vor allem aus Polen. "Diese sind nicht durch das Bundesamt für Materialprüfung zugelassen. Die Wucht dieser Böller ist meistens ganz anders und die Reaktionszeit kürzer", sagt Polizeisprecher Ruch.

Nervenkitzel und billigere Preise lockten die Benutzer solcher Knaller zum Einkaufen jenseits der Grenzen, ein regelrechter Feuerwerktourismus sei das. Überdurchschnittlich hoher Schwarzpulvergehalt, zu kurze Zündschnüre - bei den Importen ist das Risiko weitaus größer, dass etwas schief läuft.

Ein Beispiel aus dem vergangenen Jahr: Drei Jugendliche zündeten bereits mehrere Tage vor der Silvesternacht Böller im Pausenhof einer Schule in Milbertshofen. Ein Lehrer, der in diesem Moment hinzukam, erlitt ein Knalltrauma und musste ärztlich behandelt werden. Weil es sich um in Deutschland nicht zugelassene Knallkörper gehandelt hatte, wurden die Schüler wegen eines Vergehens nach dem Sprengstoffgesetz angezeigt. Spezielle Kontrollen in der Silvesternacht, um solche Böller aus dem Verkehr zu ziehen, wären uferlos, sagt Ruch. Sehr wohl würden die Beamten auf Streife aber einschreiten, wenn es Hinweise auf die gefährlichen Polen-Böller gebe.

Gefährdung durch Feuerwerk dürfte es vor allem dort geben, wo große Menschenmassen sind: beispielsweise in der Leopoldstraße, auf dem Marienplatz, auf den Isarbrücken oder am Friedensengel. Doch als Brennpunkte will die Polizei diese Orte nicht bezeichnen. Ohne Vorsicht könne es schließlich überall zu Unfällen kommen, dies zeige auch die Erfahrung. Folgende Vorsichtsmaßnahmen können Unfällen vorbeugen: Es sollten nur zugelassene Feuerwerkskörper verwendet werden, die durch ein Siegel der Bundesanstalt für Materialprüfung gekennzeichnet sind.

Zudem sollten sie ausschließlich im Freien verwendet und keinesfalls beim Anzünden in der Hand gehalten oder blindlings abgeschossen werden. Vorsicht auch vor Blindgängern, diese auf keinen Fall erneut anzünden. Kinder sollten grundsätzlich die Finger von den Knallern lassen, selbst wenn die Eltern unmittelbar daneben stehen. Zu beachten, so Polizeisprecher Ruch, sei unbedingt, dass in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altenheimen Feuerwerke nicht gezündet werden dürfen.

© SZ vom 30.12.2008/sonn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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