Festival: Rock that Swing:Ein Tanz, der der Musik Beine macht

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Am Freitag startet das "Rock That Swing"-Festival. Boogie- und Charleston-Spezialisten aus 21 Nationen reisen dafür nach München.

Stephan Handel

Das ist er also, der "synkopierte Two-Step, der den Offbeat akzentuiert": Marcus Koch schmeißt seine Partnerin von sich weg und holt sie wieder heran, die Füße der beiden würden auf das Parkett trommeln, wenn sie nicht leicht und leise und geschmeidig springen würden wie zwei Federn.

"Wo findet man das, dass morgens um vier die Tanzfläche noch voll ist?" Boogie-Woogie und Swing-Tänzer in der Schrannenhalle. (Foto: Foto: Robert Haas)

Marcus Koch und Barbara Kaufer tanzen den Lindy Hop, dessen Lexikon-Definition weit hinter dem zurückbleibt, was er wirklich ist: eine Lebensfreude, ein Vergnügen zum Anschauen und zum Selbermachen, ein Tanz, der der Musik so richtig Beine Macht. In dieser Woche wird München die Welthauptstadt des Lindy Hop sein. Und des Shag. Und des Balboa. Und des Boogie Woogie. Und des Rock'n'Roll.

Unter den Top drei

Marcus Koch und Barbara Kaufer sind nicht nur die besten Deutschen, wenn es um die Tänze der 1930er, 40er und 50er Jahre geht. Sie sind auch Veranstalter des "Rock That Swing"-Festivals, das am Freitag beginnt und bis Montag einige 100 Tänzer aus - bislang - 21 Nationen in der Stadt versammelt. "Weltweit gehören wir zu den drei größten Festivals", sagt Marcus Koch.

Und dann gerät er ein bisschen ins Dozieren, weil er einfach so viel weiß über die alten Tanzstile: Vom Savoy Ballroom in New York erzählt er, der so groß war, dass 25.000 Menschen hineinpassten. Vom Swing, von den großen Big Bands der 30er Jahre, und wie die Menschen den bis dahin populären Charleston an die neue Musik anpassten. Wie der neue Tanz anfangs keinen Namen hatte, bis Charles Lindbergh über den Atlantik flog und die Zeitungen titelten: "Lindy hops the Atlantic".

Wie sich an der Westküste der USA der Balboa entwickelte, bei dem die Tänzer viel enger zusammen sind und viel weniger Raum beanspruchen: So voll waren die Tanzsäle, dass kein Platz war für ausgreifende Figuren. Wie der Shag in die Welt kam, als dem Charleston der Rock'n'Roll eingeblasen wurde. Boogie Woogie, Jitterbug - es war eine andere Tanzwelt als heute, wo Disco-Fox und ein wenig ausdrucksstarkes Herumgehampele schon ausreichen für einen Abend im Club.

Informatik hat Marcus Koch mal studiert, bei Microsoft gearbeitet, aber die Tanzerei hatte ihn damals schon infiziert. Und so ging er mit Barbara, seiner ständigen Partnerin, nach Amerika, um dort die Szene zu studieren und weiterzukommen. Das gelang: 1993 wurden sie Weltmeister im Boogie Woogie, danach drei Mal Vize-Weltmeister, sieben Mal deutsche Meister, neben zahllosen anderen Titeln.

Vier tolle Tage

Und nun also das fünfte "Rock that Swing"-Festival. Los geht's am Freitag mit dem "Sugar Foot Stomp" im Kolpinghaus, am Samstag folgt der "Jamboree Ball" im Deutschen Theater in Fröttmaning mit sieben Bands und zwei Tanzflächen und einem Anfänger-Tanzkurs vor Ballbeginn. Am Faschingssonntag heißt es "Bop around the Clock" in der Max-Emanuel-Brauerei, und wem dann immer noch nicht die Füße weh tun, der kann am Montag bei der "Jitterbug Serenade" weitertanzen, wieder im Kolpinghaus.

Auf den Bällen gibt es Wettbewerbe, Showeinlagen, eine "Battle of the Bands", bei dem zwei Kapellen versuchen, sich gegenseitig zu übertrumpfen, und als Höhepunkte den "teacher Jam": Während der vier tollen Tage findet nämlich auch ein Dance Camp statt, bei dem unter anderem zehn Weltmeister unterrichten - und die werden im Ballsaal dann zeigen, was sie so alles können.

Marcus Koch hat sich feurig geredet, das ist nicht nur sein Thema, das ist sein Leben. Beim Tango, so sagt er, habe ihm ein Lehrer mal erzählt, müsse man daran denken, die Fenster zu vergittern, so ernst sei alles - am Ende stürzt sich noch einmal einer hinaus. Mit Salsa kann Marcus auch nicht viel anfangen, "hört sich doch alles gleich an". Und er mag auch nicht Tanzen als Sport, wie es gerade viele Rock'n'Roll- und Boogie Woogie-Tänzer betreiben: "Das ist doch Mädchenweitwurf", sagt Marcus. Bei ihnen jedoch: "Wo findet man das, dass morgens um vier die Tanzfläche noch voll ist?"

Jetzt treffen langsam die Teilnehmer des Kurses ein, den Marcus und Barbara an diesem Abend noch zu halten haben. Heute üben sie den "Big Apple": Ein Rundtanz, bei dem eine Art Zeremonienmeister die jeweiligen Aktionen ansagt. Charleston, Double Time, Swing High, Swing Low. Es wäre übertrieben zu sagen, dass alles schon perfekt klappt, manch einer hat durchaus Schwierigkeiten, seine Gliedmaßen im Takt zu sortieren. Aber Spaß macht's allen, und das ist doch das wichtigste beim synkopierten Two-Step, der den Off-Beat akzentuiert.

© SZ vom 19.02.2009/pfau - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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