Festival im Olympiapark:Blech und Beton

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Platzsparend: Der kanadische Künstler Marcus Bowcott stapelt Audi, VW, Mercedes und einen BMW. (Foto: Robert Haas)

Tollwood stellt sich künstlerisch den Problemen der Großstadt

Von Christiane Lutz

Wer in der Stadt lebt, muss irgendwie von A nach B kommen. Zu welchen Engpässen das täglich in einer Stadt wie München führt, ist offensichtlich für den, der hier lebt. Noch ist es immerhin nicht so weit, dass sich die Autos kunstvoll stapeln müssen, doch es ist Zeit, über alternative Verkehrskonzepte nachzudenken. "Bitte umsteigen" lautet deshalb das Motto des Sommertollwood, unter dem die Möglichkeiten nachhaltiger Mobilität in der Großstadt diskutiert wird. Tollwood startet an diesem Mittwoch, 21. Juni, und bietet bis 16. Juli wieder ein Allerlei aus Musik, Artistik, Markt und Gastronomie.

Den Anfang des künstlerischen Programms machen die britischen Kompanien Motionhouse und Nofitstate Circus. In ihrem Stück "Block" beschäftigen auch sie sich mit dem Leben in der Großstadt, das für sie von viel Beton dominiert wird (Mittwoch, 21. Juni bis Samstag, 24. Juni, Schauplatz). Neben den Künstlern sind deshalb auch 20 graue Blöcke Teil der Show. Die Artisten klettern auf diesen herum, stürzen sich dramatisch von ihnen herab, schichten sie zu Jenga-Türmen auf. Tänzer und Zirkusartisten der beiden Kompanien arbeiten dafür zusammen und schaffen eine eigene, neue Körpersprache.

Regisseur Kevin Finnan sagt: "Der Mensch ist neben Termiten und Ameisen das einzige Lebewesen, das Städte baut. Ist das nicht faszinierend?" Die Stadt sei ein sich ständig verändernder Organismus, mit dessen Unannehmlichkeiten - Wohnungsnot, Verkehr, Menschenmengen - er klarzukommen versucht, gegen die er sich behaupten möchte. "Diese Blöcke zu bauen, war allerdings ganz schön knifflig", sagt Finnan. Sie sollten nach echtem Stein aussehen, ein bisschen wie Stonehenge, aber natürlich nicht hart sein, damit sich keiner verletzt. Schließlich fand man eine Lösung aus gepresstem Schaumstoff, ohne Verletzungsgefahr, zumindest theoretisch, bei den halsbrecherischen Akrobatikeinlagen weiß man ja nie.

Wie die meisten Veranstaltungen auf Tollwood wird auch "Block" bei freiem Eintritt stattfinden - und unter freiem Himmel. Für die Künstler bedeutet das: kein stimmungsvolles Theaterlicht, Lärm, weniger Konzentration als im geschlossenen Raum. Allerdings: Ein Stück über das Leben in der Stadt muss draußen stattfinden, wo es von jedem gesehen werden kann, der vorbeikommt. Diese Zufälle, dieses Entdecken - das gehört ja zu den schönen Seiten des Stadtlebens.

© SZ vom 21.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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