FDP vor der Landtagswahl:Liberale Zahlenspiele

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Die FDP will bei der Landtagswahl ihr Ergebnis von 2003 verdoppeln - und hofft auf Stimmen der Raucher.

Jan Bielicki

Es gibt Zahlen, die mögen Rainer Stinner nicht mehr über die Lippen kommen. "Beim letzten Mal hatten wir in Bayern Zweikomma...", hebt Münchens FDP-Chef an, bevor er sich selber unterbricht: "Sagen wir lieber: Wir hatten nicht genügend Prozente." In der Tat: Gerade 2,6 Prozent der bayerischen Wähler wollte bei der Landtagswahl 2003 für die FDP stimmen, und die Liberalen mussten wieder einmal draußen bleiben aus dem Maximilianeum. Auch in München waren sie nur auf vier Prozent gekommen.

Schwarze Plakate gegen die Schwarzen: Die FDP hofft, bei der Landtagswahl der CSU unzufriedene Wähler abspenstig machen zu können. (Foto: Foto: Heddergott)

Umso zuversichtlicher schickt Stinner seine Leute in die nun anstehende Wahl. "Wir wollen unser Ergebnis in München verdoppeln", peilt er "mindestens acht Prozent" im Stadtgebiet an. Und ganz so unmöglich hoch, wie es die Daten von vor fünf Jahren erscheinen lassen, liegt diese Zielmarke nicht.

Die Münchner Liberalen sehen sich im Aufwind. In nur drei Jahren sind aus 560 eingeschriebenen Liberalen 880 geworden. Bei den Bundestagswahlen 2005 haben sie in der Stadt 12,3 Prozent erreicht, bei der Kommunalwahl im März auch immerhin 6,8 Prozent und den begehrten Fraktionsstatus im Stadtrat. Aktuelle Umfragen lassen sie bayernweit bei sieben Prozent liegen und damit sicher über der für den Einzug ins Landesparlament entscheidenden Fünf-Prozent-Schwelle.

"Zwischen zwei und vier" seiner Münchner Parteifreunde sieht Stinner darum schon im Landtag. Neun treten an, acht in den acht Stimmkreisen, einer nur auf der Oberbayern-Liste. Dieser eine heißt Jürgen Koch und ist schon deshalb interessant, weil seine Aufstellung zeigt, wohin die FDP-Wahlstrategie zielt.

Der 39-jährige Gastronom führt zwei Lokale, darunter das Café Atlas am Gasteig. Er sitzt im Vorstand der im "Verein zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur" vereinigten Raucherlobby und wettert gegen das Rauchverbot, das die "personifizierte Prohibition" in Gestalt des CSU-Fraktionschefs Georg Schmid durchgesetzt habe. Die Stimmen unverbesserlicher Kneipenraucher will die FDP nicht der Konkurrenz der Freien Wähler überlassen, für die Stinner ohnehin "auf Landesebene keine Daseinsberechtigung" sieht.

"Völlig im Nirwana"

Vor allem aber mühen sich die Liberalen um unzufriedene CSU-Wähler, und richten ihren Wahlkampf vor allem gegen die von der CSU in Berlin mitverantwortete Steuerpolitik und die Gesundheitsreform. "Der Mythos von der Unbesiegbarkeit der CSU ist zerbrochen", glaubt Stinner zu erkennen. Seine Landespartei hat ihre Plakate und Prospekte in tiefes Schwarz getaucht und wirbt für sich als "der deutlichste Kontrast zu Schwarz".

Eine Koalitionsaussage will Stinner damit aber nicht getroffen sehen - weder mit noch gegen die CSU. Nur so viel: Ein Bündnis aller anderen Parteien gegen die CSU hält er für "nicht arbeitsfähig" und für "eine Chaotentruppe". Die SPD, so spottet der FDP-Bundestagsabgeordnete, sei ohnehin "völlig im Nirwana".

Die besten Chancen, in den Landtag einzuziehen, haben die drei Kandidaten, die in den FDP-Hochburgen antreten: der Arzt Otto Bertermann, 62, in Bogenhausen, der Zahnarzt Wolfgang Heubisch, Landeschef des Verbandes Freier Berufe und ebenfalls 62, in Schwabing, und die 36-jährige Journalistin Julika Sandt in Harlaching-Giesing.

Der in der Türkei geborene Luftfahrtingenieur Mahmut Türker, 41, hofft, als parteiübergreifend bisher einziger Stimmkreiskandidat mit Migrationshintergrund zusätzliche Stimmen anzuziehen. Er tritt in Ramersdorf an. In Moosach kandidiert der Informatiker Johannes Hohenthaner, 40, in Pasing der Betriebswirt Reinhold Berger, 33, in Altstadt-Hadern die Apothekerin Annette Bulfon, 42, und in Milbertshofen der Rechtsanwalt Moritz Ostwald, 43.

© SZ vom 22.07.2008/sonn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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