Fasanerie-Nord:Neue Wege an den alten Gleisen

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SZ-Karte; Foto: Stephan Rumpf (Foto: gf)

Die Stadt plant, den Bahnhof Fasanerie mit einer Unterführung für Fußgänger und Radler aufzuwerten und den Knotenpunkt verkehrlich zu entlasten. Beim Workshop zu dem Projekt ist der Andrang groß, die Bürger befürchten, dass der Stau nur verlagert wird

Von Simon Schramm, Fasanerie

Jetzt, da jahrelange Überlegungen endlich Konturen gewinnen, kann man sich mit etwas Fantasie schon vorstellen, wie der Bahnhof der Fasanerie in, sagen wir, zehn Jahren aussehen wird. Zunächst einmal wird es dort keine ständig geschlossene Bahnschranke mehr geben, die konstant zu täglichen, langen Staus führt. Der Bahnhof wird auch kein Verkehrsknotenpunkt mehr sein, an dem mehrere Straßen zusammenlaufen. Stattdessen führt dann neben der Station vielleicht eine weit geöffnete, bunt beleuchtete Unterführung für Radler und Fußgänger unter die Bahngleise, von der man auch zu den Bahnsteigen gelangt. Zum Teil ist dieser Bereich womöglich begrünt, es gibt Fahrradständer, Treppenstufen zum Sitzen und einen Bahnhofskiosk. Vielleicht genehmigen sich die Bewohner der Fasanerie auch in einem Mini-Biergarten ein Feierabendbier. Alles nur Wunschdenken?

Das Potenzial, den öden Bereich rund um die Bahnstation in der Fasanerie neu und besser zu gestalten, ist zumindest vorhanden, denn am Bahnübergang an der Feldmochinger Straße wird etwas geschehen, was seit Jahrzehnten Forderung im Viertel ist. Der Bahnübergang soll verschwinden und durch eine Rad- und Fußwegunterführung ersetzt werden. Vorgesehen ist, den Autoverkehr auf der Feldmochinger Straße südlich des derzeitigen Übergangs zu versetzen. Die Straße soll unter den Gleisen in einer Unterführung verlaufen und in die Borsigstraße führen. Am derzeitigen Bahnübergang entsteht dann eine neu zu überplanende Fläche, wenngleich dort nicht sonderlich viel Freiraum vorhanden ist.

Am Mittwochabend hat das Baureferat bei einem mit rund 300 Bürgern sehr gut besuchten Workshop in der Feldmochinger Mehrzweckhalle die Planung vorgestellt und Ideen und Wünsche der Bürger gesammelt, wie der Bereich der Unterführung aussehen soll. Deutlich wurde, dass die Planer noch viele Schwierigkeiten lösen müssen, die bisher offensichtlich noch nicht detailliert betrachtet wurden.

Zudem gibt es immer noch große Vorbehalte gegen den Umbau, nicht jeder Bewohner hat sich am Mittwochabend den Visionen für die Unterführung angeschlossen. Es sei eine "total verkehrte Planung", brüllte ein Workshop-Teilnehmer. Viele Bürger aus dem Viertel fordern, die Bahngleise tiefer zu legen. Peter Schösser vom Baureferat wiederholte die Gründe, weshalb die Stadt das schon vor etwa vier Jahren abgelehnt hat. Bei dieser Variante würden die Kosten nicht zwischen Bahn, Bund und Stadt gedrittelt werden und die Stadt müsste alleine die Finanzierung tragen; auch seien Ersatzgleise notwendig, die durch private Grundstücke verlaufen würden.

Der Unmut über die beschlossene Planung speist sich auch aus der Furcht, dass das Stauproblem nur in den Süden verlagert wird. Verkehrsplaner Robert Adam versicherte: Das Viertel werde nicht mit Verkehr geflutet, der Verkehr werde sich nicht erhöhen. Damit das wirklich geschieht, sollten nach dem Umbau in der Fasanerie zwei in Planung befindliche Projekte im Bezirk tatsächlich realisiert werden, waren sich Adam und die Bewohner einig: Auch an der Lerchenauer Straße und an der Lerchenstraße müssen die Bahnübergänge beseitigt werden, weil der Verkehr sonst freilich den neuen, schrankenlosen Weg durch die Fasanerie-Nord nutzt.

Am Mittwochabend war zu beobachten, wie sehr es sich lohnt, Bewohner einzubeziehen, die eine Planung auf ihre Praxistauglichkeit hin untersuchen. Denn wegen vieler Bemerkungen kristallisierte sich ein neuer Knackpunkt heraus: die Kreuzung, an der der Moosglöckchenweg in die Borsigstraße anschließen soll und an der derzeit keine neue Ampel vorgesehen ist. Aus dieser Richtung kommen einige Schüler, von dort gelangt die westliche Fasanerie zum örtlichen Supermarkt oder in die Stadt, in der Nähe befindet sich eine Busstation. "Wie soll ich jemals die Straße queren ohne Ampel? Wir werden abgeschnitten, das ist der Effekt", sagte eine Bewohnerin. Im Zuge der Diskussion im Workshop ist darum die Idee entstanden, eine weitere Unterführung unter der Borsigstraße zu bauen.

Es gibt noch einen weiteren Ort, für den man eine Lösung finden muss: das ehemalige, denkmalgeschützte Bahnwärterhäuschen westlich der Linie. "So wie es jetzt geplant ist, können wir unser Haus nicht mehr verlassen", sagte eine Bewohnerin des Gebäudes. Westlich des Hauses würde die neu verlaufende Borsigstraße ihr Grundstück eingrenzen. Östlich des Gebäudes könnte nach aktueller Planung eine Rampe in Richtung der Unterführung verlaufen. Ein Stadt-Mitarbeiter versprach den Bewohnern, eine Lösung zu finden, wie das Grundstück erschlossen werden kann und wo die Bewohner parken sollen.

Fest eingeplant sind barrierefreie Rampen in Richtung der Bahnsteige. Wie sie geführt werden sollen, ist noch offen. Ohnehin plädierten die Bewohner für eine offene Gestaltung der Unterführung am Bahnhof, um in der Nacht eine bedrohliche Stimmung zu vermeiden. Trotz Zweifeln kamen im Laufe des Abends auch viele Ideen zusammen, etwa den neuen Platz für einen Wochenmarkt zu nutzen oder eine Poststelle einzurichten. Auch muss die Stadt noch ein Areal für Stellplätze finden.

Bis der Bahnübergang verschwindet, wird es sowieso noch dauern. Das Baureferat will die Vorschläge aus dem Workshop sammeln und auswerten, wie sie in den Umbau eingebunden werden könnten; im September soll das den Bewohnern bei einem zweiten Termin präsentiert werden. Danach entwickelt das Baureferat eine Vorplanung, der der Stadtrat zustimmen muss und die beim Eisenbahnbundesamt zur Planfeststellung eingereicht wird. Bau-Experte Schösser rechnet mit einem Baubeginn nicht vor 2020 - abhängig auch vom Ergebnis des Planfeststellungsverfahrens und eventuellen Einsprüchen.

© SZ vom 29.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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