Evangelische Kirche:"Tag des Innehaltens"

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Vor 80 Jahren ließen die Nazis die Kirche St. Matthäus abreißen

Der Jahrestag des Abrisses der Münchner evangelischen Matthäuskirche durch die Nazis vor 80 Jahren ist für Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm ein "Tag des Innehaltens". Er denke mit Schmerz und Trauer an all die Menschen, für die die Matthäuskirche eine geistliche Heimat gewesen ist, die von den Nazis in "einer willkürlichen Nacht- und Nebelaktion" zerstört worden sei, sagte Bedford-Strohm.

Die Matthäuskirche in der Sonnenstraße in der Münchner Innenstadt wurde 1833 als erste evangelische Kirche in München eingeweiht. Nach dem Willen von König Ludwig I. sollte die Kirche die "Haupt-Kathedrale der Protestanten in Bayern" sein. 100 Jahre später war die Kirche den Nazis ein Ärgernis, weil sie den geplanten gigantischen Aufmarschstraßen im Wege stand. Außerdem gab es Planungen für einen U-Bahn-Tunnel unter der Kirche. Deshalb ordnete Hitler den Abriss an, den der "Völkische Beobachter" am 14. Juni 1938 vermeldete. Der Gemeinde werde "zur Ausübung des Gottesdienstes" stattdessen der "Weiße Saal" des Polizeipräsidiums zur Verfügung gestellt, hieß es da.

Am Abend des 12. Juni hatte sich die Gemeinde zu einem letzten Gottesdienst getroffen, bei dem es zu bewegenden Szenen kam. Wie das Evangelische Gemeindeblatt berichtete, hatte schon lange vor dem Gottesdienst eine "dichtgedrängte Menge das weite Rund der Kirche bis auf den letzten Platz gefüllt", viele Menschen weinten. "Unsere Herzen sind bedrückt, aber unser Glaube ist ungebrochen", betonte Pfarrer Loy in seiner Abschiedspredigt. Nach dem Abendmahlsgottesdienst löschte der Münchner evangelische Regionalbischof Oskar Daumiller demonstrativ die Kerzen auf dem Altar und zog mit Bibel, Abendmahlsgerät und Altarschmuck zusammen mit der Gemeinde aus der Kirche aus. Kurz danach fuhren die Bagger auf und machten innerhalb von wenigen Wochen die Kirche dem Erdboden gleich.

Die heutige Kirche St. Matthäus wurde 1955 am Sendlinger Tor neu errichtet, etwas außerhalb des Münchner Altstadtrings.

© SZ vom 14.06.2018 / epd - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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