Eröffnung:Von Wunderpus bis Nautilus

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Durch die neue Oktopus-Welt im Sea Life schwimmen Saugnapf-Entertainer und Tarnmeister

Von Philipp Crone

Das Blöde am Oktopus ist, dass er nicht blöd ist. So sehen das zumindest die Sea-Life-Mitarbeiter am Donnerstagvormittag im Olympiapark. In einem der vier neu angelegten Becken wird gerade Mittelmeerkrake Karin aus einem Netz in ihr neues Becken entlassen, aber das Tier macht noch keine Anstalten, die zuvor groß angekündigten Wunderdinge zu vollbringen.

Zur Eröffnung der neuen Oktopus-Welt im Münchner Sea Life, die nun ein Jahr bestehen wird, erklärt der General Manager Jörg Hanel den zehn im Halbdunkel des Raumes wartenden Erstklässlern der Helmholtzschule, was sie gleich Tolles erleben werden: Erst werde Karin ihr neues Becken erkunden, "die Tiere sind sehr intelligent und neugierig", dann wird ein Becken weiter der Flummi-große Tarnmeister Wunderpus gefüttert und am Ende auch noch die Nautilusse. Stella und Ilayda, zwei siebenjährige Mädchen, starren also gespannt auf das weiße Netz, das der biologische Leiter Jens Bohn oben in das Oktopusbecken hält, und erwarten Karin.

Drei Herzen, acht Arme, passt durch eine Öffnung mit dem Durchmesser einer Zwei-Euro-Münze - das ist Oktopus Karin. (Foto: Martin Hangen/Sea Life)

Da der Krake aber eben nicht blöd ist, stellt er die Beckenerkundung erst einmal hinten an, nachdem er von 20 Kinderaugen und blendendem Kameralicht durch die Scheibe beobachtet wird. So spannend ist das Becken ohnehin nicht, es hat ein paar dekorative Vasen und einen Stein.

Stella jubelt, als Karin ihre Arme ausbreitet. Sie hat die Zahl richtig, "acht!". Außerdem haben die Tiere drei Herzen und werden etwa eineinhalb Jahre alt, aber nur, wenn sie geistig gefordert werden. Trotz einer Spannweite von mehr als einem Meter können sie sich durch kleinste Labyrinthe zwängen, weil alles an ihnen weich ist außer den Augen und dem Schnabel. Sie passen durch einen Flaschenhals mit dem Durchmesser eines Zwei-Euro-Stückes.

Stella (links) und Ilayda, beide sieben Jahre alt, begutachten den Wunderpus, das kleine tarntüchtige Tier mit den gestreiften Armen. (Foto: Martin Hangen/Sea Life)

Biologe Bohn wirft eine Plastikdose ins Becken, die Karin locker aufschrauben könnte, wenn sie wollte. Will sie aber nicht, also marschieren Stella und Ilayda zum nächsten Becken, in dem der Wunderpus wartet. Der ist schwer zu finden, weil er sich so gut tarnen kann, indem er zum Beispiel die Form und Farbe eines hochgiftigen Rotfeuerfisches annimmt und dessen Bewegungen nachahmt.

Wunderpus bekommt Futter hineingereicht und lässt sich dafür auch eine Weile blicken, während sich im letzten Becken die Nautilusse eher so verhalten, wie es der Laie von einem lebenden Fossil, das als Gattung seit 80 Millionen Jahren unverändert so existiert, erwarten könnte: träge. Der Kopffüßer hat eine äußere Schale, in die er sich bei Gefahr zurückziehen kann, und etwa 40 Tentakeln am Kopf. Er bewegt und verhält sich wie ein U-Boot. Im Laufe des Lebens entwickelt ein Nautilus im Rumpf immer mehr Kammern, die dann mit Luft und Wasser gefüllt werden, um den Auftrieb zu regulieren. Im Becken reguliert der Kopffüßer am Donnerstag aber lediglich seinen Appetit: Als ihm Futter direkt in die Tentakeln gedrückt wird, saugt er es ganz allmählich ein und verzehrt es.

Stella und Ilayda haben genug gesehen, sie wollen zu den Haien im nächsten Raum. Und siehe da, der schlaue Oktopus macht sich, als die Kinderaugen weg sind, gleich über die Dose her. Aber nur, um sie aus der Ecke hinter dem Stein zu werfen und sich dort gemütlich niederzulassen. Gar nicht blöd eben.

© SZ vom 24.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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