Wildtiere:"Es ist ein Wolf"

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Der Wolf im Bild lebt in einem Gehege in einem Tierpark. (Foto: Boris Roessler/dpa)

Vier Jäger können nicht irren: Sie haben bei Pastetten einen Wolf gesichtet. Wo sich das Tier jetzt befindet, weiß niemand. Aber es könnte gut sein, dass sich schon länger ein Exemplar im Landkreis Erding herumtreibt.

Von Regina Bluhme, Pastetten

Claus Emig, der Vorsitzende des Münchner Jägervereins, sieht die Szene vom vergangenen Freitag noch genau vor sich: Auf der Rückfahrt von der Hegeschau in Isen ist bei Pastetten ein Wolf an seinem Auto vorbeigelaufen. Im Wagen saßen noch drei weitere Jäger und alle sind sich einig, dass es tatsächlich ein Wolf war. "Ein Riesenviech, struppig und zerzaust", so beschreibt ihn Emig ein paar Tage später am Telefon. Wo er sich das Tier jetzt aufhält und ob der Wolf überhaupt noch im Landkreis Erding ist, das ist schwer zu sagen. Oder ist er schon viel länger hier? In einem Jagdrevier bei St. Wolfgang wurden jedenfalls im Oktober vergangenen Jahres verdächtige Rissspuren an einem getöteten Reh entdeckt.

"Es ist ein Wolf, ein lupenreiner Wolf", da ist sich Claus Emig mit den anderen drei Jägern einig. Die vier Autoinsassen entdeckten ihn rechts auf einem Radweg und waren zunächst "ganz schön erschrocken", wie Emig zugibt. Das Tier sei dann Richtung Forstinning "quer über den Acker" gelaufen. Bei nächster Gelegenheit hätten sie angehalten, doch für ein Foto war es da schon zu spät. Er vertraue dem Urteil der erfahrenen Jäger, erklärt Thomas Schreder, Vorsitzender des Erdinger Kreisjagdverbands. Er hatte noch am Freitag die Teilnehmer der Hegeschau über die Wolfssichtung informiert. Schließlich ist das nicht der erste Wolf im Landkreis Erdig. 2014 wurde zuletzt ein Exemplar gesichtet, damals gut dokumentiert mithilfe einer Kamera.

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Dass sich wieder ein Wolf im Landkreis herumtreibt, ist gut vorstellbar. Im Oktober vergangenen Jahres zum Beispiel hat ein Jagdpächter im Bereich von St. Wolfgang ein getötetes Reh mit einem verdächtigen Kehlbiss vorgefunden. Eine DNA-Probe des Landesamts für Umwelt hat allerdings ergeben, dass es sich nicht zu 100 Prozent um einen Wolf handle, sondern um einen "großen Beutegreifer". Doch wann ist ein Wolf ein Wolf? Thomas Schreder, studierter Wildbiologe, sagt, dass es inzwischen auch viele Wolfshybride, also Mischungen aus Wolf und Hund, gibt, und sich ein reinrassiger Wolf nur schwer nachweise lasse.

Aber wie gefährlich kann denn so ein Tier für den Menschen werden? Eins sei bei einer Begegnung mit einem Wolf klar, sagt Thomas Schreder: "Er hat Sie schon lange vorher gerochen, gehört und gesehen." Wölfe zeigten ein natürliches Fluchtverhalten, außer bei Hunger, Fortpflanzung und der Verteidigung ihres Territoriums. Flieht der Wolf also nicht, dann sollte man sich möglichst schnell aus dem Staub machen, sagt Schreder. Oder die Höhe suchen, denn Wölfe können nicht klettern.

Thomas Schreder, Vorsitzender des Erdinger Kreisjagdverbands. (Foto: Stephan Görlich)

Zufall oder nicht - wenige Tage nach der Wolfssichtung bei Pastetten hat sich der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Montag dafür ausgesprochen, härter gegen Raubtiere vorzugehen, insbesondere gegen Wölfe, die sich im Alpenraum breitmachen. Er hat auch angekündigt, dass die Staatsregierung dafür sorgen will, dass der Wolf schneller abgeschossen werden kann.

Thomas Schreder plädiert dafür, grundsätzlich vorbeugend dafür zu sorgen, dass kein Mensch zu Schaden kommt. Er könnte sich gut vorstellen, die ARGE Schwarzwild, die wegen der Verbreitung der afrikanischen Schweinepest im Landkreis eingerichtet wurde, zu aktivieren und Vertreter des Tierschutzes, der Landwirtschaft, der Jäger und des Veterinärwesens an einen Tisch zu bringen, diesmal eben zum Thema Wolf, der ja EU- und bundesweit höchsten Schutzstatus besitzt. "Ich fordere nicht den Abschuss des Wolfes", betont Schreder, aber Menschenwohl müsse immer Vorrang besitzen. Und wenn, wie kürzlich im Trentino, eine Bärin einen jungen Jogger tötet und das immer noch nicht zum Abschuss des Tiers reiche, "dann habe ich schon ein Problem".

1864 ist laut SZ-Archiv der letzte Wolf im Landkreis Erding zwischen Ober- und Untergebensbach bei Dorfen geschossen worden. Dann hörte man viele Jahre nichts mehr, erst 2014 trat wieder ein Tier öffentlich in Erscheinung. Der Landkreis Erding mit seiner hohen Bevölkerungsdichte und seiner Kulturlandschaft sei für die Tiere ohnehin nicht geeignet, sagt Thomas Schreder. Wenig Wald und viele Straßen - die Gefahr, dass ein Wolf überfahren wird, ist groß. Dennoch könnte es laut Schreder möglich sein, dass ein Wolf im Holzland Unterschlupf gefunden hat. Vielleicht ist er aber auch längst weitergezogen.

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