Wohnungsmarkt:Der Druck steigt weiter

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Eine Veranstaltung der Jungen Union zum Thema Immobilienmarkt zeigt: Es gibt etliche Lösungsvorschläge. Aber eine schnelle Entlastung auf dem Wohnungsmarkt bringen sie alle nicht

Von Jan-Hendrik Maier, Erding

Wer sich für das Wohnen im Landkreis Erding entscheidet, muss in den meisten Fällen tief in die Tasche greifen. Die marktüblichen Mieten und Kaufpreise sind hoch, zudem stehen nur wenige Objekte zur Auswahl. Ein Thema, über das sich viele den Kopf zerbrechen, ganz gleich ob Betroffene, Politiker oder Makler. Die Ideen sind zahlreich, doch eine schnelle Lösung scheint nicht in Sicht. Auch bei einer Veranstaltung der Jungen Union (JU) in Erding wurden Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt. Sie alle brauchen aber Zeit.

Eine Cocktailbar in der Haager Straße am Dienstagabend: gedämpftes Licht, aus den Boxen in der Ecke kommt Loungemusik. Zunächst einmal deutete nichts auf eine Parteiveranstaltung hin, wäre da nicht das Banner der JU im Hintergrund. Der JU-Kreisverband Erding hat mit dem "Speak Easy" einen ungewöhnlichen Ort gewählt, um über die Situation auf dem Wohnungsmarkt zu diskutieren. Dazu eingeladen waren der Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz (CSU), Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) und Makler Patrick Kanzelsberger. Etwa vierzig Menschen waren gekommen, unter ihnen einige Stadträte und Lenz' Vorgänger im Bundestag, Max Lehmer (CSU).

Als "erschreckend" bezeichnete Kanzelsberger die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt. Durch die enorme Nachfrage und das knappe Angebot seien die Preise für Käufer und Mieter stark gestiegen. Kanzelsberger belegte das anhand einer aktuellen Studie des Münchner IVD-Instituts. Demnach sind seit Herbst 2010 die Mieten in Erding um 30 Prozent gestiegen, für Eigentumswohnungen muss man sogar 64 Prozent mehr zahlen. Er geht davon aus, dass junge Familien den "Druck auf den Markt" zwar noch erhöhen werden, aber kaum eine Möglichkeit haben, eine bezahlbare Bleibe zu finden. Gleichzeitig würden weniger Menschen in eine Wohnung als Kapitalanlage investieren. Kanzelsberger befürchtet daher, wie er sagte, dass die Preise weiter ansteigen, insbesondere bei Kaufobjekten. Er befürwortete das Erdinger Modell von der sozialen Bodennutzung, kurz Sobon: "Der richtige Ansatz, um mittleren Einkommen ein Eigenheim zu ermöglichen." Mittelfristig würde auch die Ausweisung von mehr Bauland für Entspannung sorgen, ist der Makler überzeugt. Bayerstorfer stellte fest, dass sich die Wohnungsnot durch anerkannte Asylbewerber noch verschärfen werde, denn sie gelten in Unterkünften als "Fehlbeleger" und müssen sich folglich etwas eigenes suchen. "Es ist aber unmöglich, mit Sozialhilfesatz in Erding eine Wohnung zu finden." Die Wohnungsbaugesellschaft des Landkreises (WBG) müsse deshalb versuchen, mehr im sozialen Wohnungsbau zu schaffen und wieder für alle Gemeinden "attraktiv" zu werden. Derzeit sind 17 der 26 Kommunen Mitglied in der WBG.

Bayerstorfer verwies auf das soziale Erbbaurechtsprogramm, das der Kreistag im Sommer des vergangenen Jahres gebilligt hat. Junge Familien sollen mit dem Förderprogramm die Chance bekommen, ein eigenes Haus zu bauen. Indem ihnen die WBG ein Grundstück in Erbbaurecht bereitstellt, reduzieren sich die Gesamtkosten deutlich. "Wohnungseigentum beugt Altersarmut vor", sagte der Landrat. Derzeit würden die Gemeinden Fraunberg und Taufkirchen entsprechende Grundstücke zur Verfügung stellen.

Lenz forderte vom Bund noch mehr Unterstützung bei der Konversion der Liegenschaften am Fliegerhorst. Außerdem müsse man ein mögliches Einheimischenmodell in der Kreisstadt so gestalten, dass es die EU nicht anfechten könne. Lenz bemängelte, dass es in Deutschland jedes Jahr 120 000 Wohnungen zu wenig gebe - ein Problem, das sich nicht erst seit Ankunft der Flüchtlinge existiere. "Die Bundespolitik hat das Thema zu lange nicht berücksichtigt, aber mittlerweile reagiert", sagte Lenz. Als Beispiel nannte er das Asylpaket I, das pro Jahr 500 Millionen Euro für den Wohnungsbau vorsehe. Durch die jüngste Wohngeldnovelle profitierten zudem 320 000 weitere Haushalte von der staatlichen Leistung.

In der anschließenden Diskussion ging es teils heftig zur Sache. Der Dorfener Immobilienunternehmer Robert Decker warf der Stadt Erding vor, dass sie "nicht annähernd Gebrauch von ihrer kommunalen Planungshoheit" mache. Er kritisierte das "einseitige Stützen" auf das Gutachten vom Wasserwirtschaftsamt in Sachen Hochwasserschutz. Die Erdinger Stadträte Walter Rauscher und Burkhard Köppen (beide CSU) wiesen die harsche Kritik zurück. Man müsse eben abwarten, bis die Planungen zum Hochwasserschutz abgeschlossen seien. "Es gibt genug Baugebiete, wo man sofort anfangen könnte", sagte Rauscher. Max Lehmer regte an, noch mehr auf regionaler Ebene zu entwickeln.

© SZ vom 05.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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