Volkshochschule:"Die Norweger sind fehlertolerant"

Lesezeit: 3 min

Skandinavist Uwe Englert startet demnächst mit "Norwegisch für Anfänger" an der VHS Erding. Die Sprache ist zunehmend beliebt und das hat mehrere Gründe.

Interview von Regina Bluhme, Erding

Uwe Englert ist ausgebildeter Skandinavist, hat 16 Jahre an deutschen Universitäten Nordische Philologie unterrichtet und ist heute als Lehrbeauftragter tätig. Einen Teil seines Studiums absolvierte er in Oslo, seither ist er mehrmals im Jahr in Norwegen und mit Land und Leuten sowie der Sprache bestens vertraut. Den frischgekürten Träger des Literaturnobelpreises aus Norwegen, Jon Fosse, liest er im Original. Jetzt hält Englert in Erding seinen ersten Sprachkurs an einer Volkshochschule. "Norwegisch für Anfänger" startet am Donnerstag, 12. Oktober. Ein Gespräch über fehlertolerante Einheimische und darüber, was ein Hummer mit einem Kanarienvogel zu tun hat.

SZ: Herr Englert, wer lernt Norwegisch?

Uwe Englert: Ich denke, die Sprache findet immer mehr Interesse. Zum einen wird Norwegen immer beliebter bei Touristen, gerade bei Deutschen, die mit dem Wohnmobil unterwegs sind. Zum anderen gibt es auch immer mehr Deutsche, die nach Norwegen auswandern. Inzwischen belegt Deutschland Platz zwei oder drei bei den Einwanderern. Für Berufstätige im Gesundheitsbereich, bei der Alten- und Krankenpflege, ist das Land aufgrund der Arbeitsbedingungen attraktiv. Und dann sind da die generell guten Wirtschaftsbeziehungen. Deutschland ist für Norwegen der wichtigste Wirtschaftspartner. Es ist also gar nicht dumm, die Sprache zu erlernen.

Ist Norwegisch schwierig zu lernen?

Nein, für Deutschsprachige schon überhaupt nicht. Norwegisch gehört zu den nordgermanischen Sprachen. Der Wortschatz, vielleicht zwei Drittel der Wörter, ist dem Deutschen also sehr ähnlich. Das kommt unter anderem vom einstigen Einfluss der plattdeutschen Hansekaufleute und von den Facharbeitern im Bergbau, die die Sprache mitgeprägt haben. Wenn Sie also heute einen norwegischen Text lesen, dann können Sie relativ viel verstehen.

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Wie sieht es mit der Grammatik aus?

Die Grammatik ist sehr viel einfacher als die deutsche. Das Einzige, auf das man achten muss, ist die Idiomatik. Bei den Redewendungen gibt es nämlich schon Unterschiede. Wir sagen zum Beispiel: Da sieht es aus wie bei Hempels unterm Sofa. In Norwegen sagt man: Das ist ja hier wie Hummer und Kanarienvogel!

Und was ist bei der Aussprache zu beachten?

Es gibt ein, zwei Laute, die anders sind, und einen zusätzlichen Vokal, den das Deutsche nicht kennt und der zwischen i und ü liegt. Abgesehen davon, ist es wirklich nicht super schwierig. Meiner Erfahrung nach geht es mit den Fortschritten beim Erlernen des Norwegischen zügig voran.

Die VHS schreibt, dass es im Norwegischen zwei Muttersprachen gibt, Bokmål und Nynorsk.

Zirka 85 bis 90 Prozent schreiben Bokmål, und diese Sprache lernen wir auch im Kurs. Nebenbei: Der neue Literaturnobelpreisträger Jon Fosse, der gerade gekürt wurde, schreibt auf Nynorsk, also der kleineren der beiden offiziellen norwegischen Sprachen. Gesprochen werden in Norwegen wahnsinnig viele Dialekte und die werden sehr ernst genommen. Ich sehe da eine Parallele zu Bayern. In Norwegen werden sogar die Hauptnachrichten im Fernsehen in Dialekt gelesen. Wobei diese von allen verstanden werden. Nur bei einzelnen Dialekten, die in abgelegenen Tälern gesprochen werden, da haben die meisten dann doch Schwierigkeiten.

Viele verständigen sich heute im Urlaub einfach mit einer Sprach-App auf dem Handy. Warum sollte man eine Sprache erlernen?

Es ist doch viel charmanter, wenn man mit einem Einheimischen ins Gespräch kommt, statt in sein Handy zu starren. Was für tolle menschliche Begegnungen gingen sonst verloren. Und die Norweger sind durchaus fehlertolerant! Es wird im Grunde sehr, sehr positiv eingeschätzt, wenn ein Nicht-Muttersprachler sich was traut. Denn das Sprechen ist ja meist das Schwierigste. Ich sage immer: Ein guter Lehrer schafft es, den Schülern den Mut zu geben, das Erlernte auszuprobieren.

Es heißt, wer Norwegisch beherrscht, kann auch Schwedisch und Dänisch. Ist das richtig?

Norwegisch liegt sprachlich gesehen so ziemlich genau zwischen Dänisch und Schwedisch. Die Aussprache ist näher bei Schwedisch, die Schrift eher bei Dänisch. Wer eine skandinavische Sprache erlernen will, sollte tatsächlich mit Norwegisch beginnen. Damit kann sich der Sprecher und die Sprecherin auf der ganzen skandinavischen Halbinsel verständlich machen. Mitunter sogar in manchen Gegenden von Finnland. Es ist also durchaus eine gute Idee, einen Norwegisch-Sprachkurs anzufangen!

Norwegisch für Anfänger mit Dozent Uwe Englert, von Donnerstag, 12. Oktober, an jeweils 18.45 bis 20.45 Uhr, VHS-Haus, Raum B 203. Weitere Infos und Anmeldung unter 08122/9787-0 oder unter anmeldung@vhs-erding.de

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusArchäologie
:Das Geheimnis der Erdinger Unterwelt

Im Landkreis gibt es mehrere unterirdische Stollensysteme. Ursprung und Zweck dieser Erdställe liegen immer noch im Dunkeln. Aber Heimatforscher Rudolf Koller hat da eine Theorie.

Von Regina Bluhme

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: