Verkehr:Kies weg vom Kiesweg!

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In Taglaching gibt es Streit wegen einer engen Straße: Ein direkter Nachbar baut Barrieren, damit keine Bulldogs mehr über seinen Grundstücksrand fahren - ein Landwirt hat ihm nun einen Schotterhaufen vor die Einfahrt gekippt

Von Korbinian Eisenberger, Bruck

Der Stein des Anstoßes ist ein rechteckiger Findling. Er steckt tief neben dem Wegrand und markiert die Grenze. Oder besser gesagt: Er soll sie bewachen. Doch der massive Brocken reicht nicht. Die Bulldogs fahren über ihn hinweg, als wäre er ein Kieselstein. Deswegen musste ein zweites unüberwindbares Hindernis her: ein scharfkantiges Metallteil, das Reifen platzen und Gemüter erzürnen lässt. So kam es, dass ein Nachbarsbauer sich zu einem Gegenangriff provoziert sah: Er setzte sich in seinen Radlader und kippte dem Grenzschützer einen Kieshaufen vor die Einfahrt.

Im Ortsteil Taglaching in Bruck überschlagen sich die Ereignisse. Grund ist ein Zank unter Nachbarn, der einen vorläufigen Höhepunkt erreicht hat. Die Beteiligten: Der 54 Jahre alte Holzmechaniker Johann Auberger. Und sein Nachbar, der 55 -jährige Landwirt Kastulus Hintermair. Der Streitpunkt: Hintermair und viele andere Bulldogbesitzer aus dem Ort fahren mit ihren Maschinen über den Weg, der direkt an Aubergers Grundstück grenzt. Dabei kommen sie mit ihren großen Reifen oft in den Bereich, der nicht mehr zum Weg gehört, sondern schon zum Grundstück. Deswegen Steine, Metallbarrieren - und nun eben eine Ladung Revanchegelüste.

Dienstagmittag in Taglaching. Seit einer Woche liegt der Kies nun vor dem Gartenzaun von Johann Auberger. "Irgendwie auch kindisch das Ganze", sagt er. Und trotzdem. Ihm stinkt, dass jemand diesen Haufen vor seine Tür gesetzt hat: "Das Wasser fließt dort jetzt nicht mehr ab."

Es war am Montag vor einer Woche, als die Bauern wie sonst auch mit schwerem Gerät zu ihren Feldern rumpelten. Dabei nutzen sie bis zu 30 Zentimeter von Aubergers Grundstück. "Sie fahren mir meine Pflanzen am Zaun zu Brei", sagt er. "Also habe ich das Metallteil hingestellt", sagt Auberger, als Ultima Ratio. Am Nachmittag, als die Bauern fertig waren, "da habe ich es schon wieder weggenommen", so Auberger. Doch da hatte Kastulus Hintermair seinen Radlader schon in Stellung gebracht.

Der Schriftsteller Ludwig Thoma hätte seine Freude gehabt. Nur dass sich diese Dorfposse zu seiner Schaffenszeit nie zugetragen hätte. Bis in die Siebziger hinein hatten die Bauern in dem drei Meter schmalen Taglachinger Weg genug Platz. "Damals waren Traktoren maximal zwei Meter hoch und breit", erklärt Verkehrsexperte Martin Gehring vom bayerischen Landesverband für Maschinenringe am Dienstag. Doch die Landwirtschaft und ihre Geräte haben sich verändert. Für mehr Leistung brauchte es über die Jahrzehnte immer längere Achsen und dickere Reifen. Mittlerweile sind vier Meter Höhe und drei Meter Breite Standard bei Bulldogs.

Die Maschinen der Bauern sind größer geworden, die Zufahrtswege jedoch nicht unbedingt. In Taglaching ist das Teil des Konflikts, der - so skurril es auch klingen mag - erst mal gelöst werden will. "Ich muss da durch, sonst kann ich meine Wiese nicht mähen", sagt Bauer Kastulus Hintermair. Mit dem Bulldog samt Mähdrescher. Die Hindernisse des Nachbarn machen es komplizierter für ihn. Den Grenzstein habe er schon als frech empfunden. "Das Eisentrumm war dann die Krönung", sagt er. Ein kaputter Reifen koste ihn 2500 Euro, so Hintermair: "Es war ein guter Anlass, da Kies hinzukippen."

Gut möglich, dass es hier einfach um zwei Nachbarn geht, die es schwer miteinander haben. Johann Auberger vermutet jedoch, dass mehr dahintersteckt. Auberger ist über den Ort hinaus bekannt für unbequeme Fragen. Er kritisiert offen Bauern, wenn sie auf ihren Feldern Glyphosat verwenden. Und er ist erklärter Gegner des Brucker Bürgermeisters Josef Schwäbl, CSUler und Landwirt. Dessen Pläne, in Taglaching ein Gewerbegebiet zu erschließen, will Auberger verhindern. Reizthemen in der Gemeinde und unter der Landwirten.

Ein Bauernkomplott gegen den Querulanten im Ort? Ein thomaeskes Leitmotiv, mehr aber auch nicht. Der Bürgermeister erklärt, dass er von der Kiesladung erst im Nachhinein erfahren habe. Was jetzt mit dem Haufen passiert? Dazu könne er vorerst nichts Genaueres sagen, so Schwäbl. Nur das: Über das Vermessungsamt werde er prüfen lassen, wo genau die Weggrenze verläuft. Womöglich ragt ja auch die Hecke des gegenüberliegenden Nachbarn zu weit in den Weg hinein. Dann müsste man sie stutzen - sodass Auberger seine Barrieren wieder durch Blumen ersetzen kann.

© SZ vom 19.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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