Vaterstetten:Gut besuchte Abschiedsvorstellung

Lesezeit: 3 min

Bei Georg Reitsbergers letzter Bürgerversammlung für Vaterstetten und Baldham ist es so voll wie seit Jahren nicht. Neben Breitbandausbau und Nahverkehr geht es vor allem um Verkehrsprobleme

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Werbung wirkt, zumindest konnte den Eindruck gewinnen, wer die Bürgerversammlung im Vaterstettener Rathaus besuchte. Im Gegensatz zu den Vorjahren, als sich auf den Versammlungen für die Kerngemeinde nur eine Handvoll Bürger blicken ließ, herrschte diesmal großer Andrang. Was vielleicht daran lag, dass die Veranstaltung diesmal, anders als früher, groß im Gemeindeblatt angekündigt wurde - prompt kamen etwa 200 teils diskussionsfreudige Bürger in den Lichthof des Rathauses.

Dort wurde eine Premiere und ein Abschied gegeben: Zum ersten Mal seit einem Jahrzehnt durfte der Bürgermeister wieder an seinen Dienstsitz einladen, die Brandschutzsanierung machte es möglich. Gleichzeitig lud Georg Reitsberger auch zum letzten Mal ein. Da er bei der Wahl im kommenden März aus Altersgründen nicht mehr antreten darf, wird 2020 ein neuer Bürgermeister die Versammlung leiten. Nach derzeitigem Stand sind Robert Winkler und Leo Spitzauer die beiden aussichtsreichsten Kandidaten für Reitsbergers Nachfolge - auf der Bürgerversammlung konnte man beide einträchtig nebeneinander sitzen sehen.

Was sie und die übrigen Besucher zu hören bekamen, waren zunächst die üblichen Berichte der Verwaltung, diesmal angereichert um eine als "Information zum Glasfaserausbau" titulierte Präsentation. Die Mitarbeiter der Firma Ropa, die den Ausbau in Vaterstetten übernehmen soll, schienen allerdings mehr um Kundschaft zu werben, als die Fragen der Besucher ernsthaft beantworten zu wollen oder zu können. So äußerten einige Bedenken, dass jetzt überall die Straßen aufgerissen werden. Ein Problem, das Klaus-Dieter Labonte von Ropa nicht ganz zu verstehen schien: Schließlich habe man mit der Gemeinde doch vereinbart, dass dies ausschließlich die Firma finanziere. Auf mehrmaliges Nachfragen wurde klar, dass der Gemeinde ein massives Umgraben bevorsteht: Da man sich mit der Telekom nicht auf ein gemeinsames Vorgehen habe einigen können, müssten wohl alle Leitungen neu verlegt werden. Jedenfalls dann, wenn sich 30 bis 40 Prozent der Einwohner in der Kerngemeinde für einen Glasfaseranschluss bei Ropa entscheiden. Dafür, dass diese Quote möglichst erreicht wird, zeigte sich Ropa-Mitarbeiter Raphael Peschkes verantwortlich. Er hatte bereits eine Preisliste für Privat- und Firmenkunden vorbereitet.

An diesem Punkt befand Besucher Günter Lölkes, es sei ja in Ordnung, wenn über solche Projekte informiert werde - "aber ich finde es nicht gut, wenn die Bürgerversammlung monopolisiert wird für eine solche Werbeveranstaltung", sagte er unter Applaus vieler anderer Teilnehmer. Denn für Lölkes, der auch Mitglied im Seniorenbeirat ist, gibt es drängendere Probleme, als die Preisliste eines Internetanbieters. Etwa die seiner Meinung nach zu geringe Unterstützung der Gemeinde für ihre älteren Mitbürger. Die Anregungen des Seniorenbeirats würden schlichtweg ignoriert. Lölkes forderte, sich ein Beispiel an anderen Gemeinden zu nehmen und einen Seniorenbeauftragten einzusetzen. "Die Senioren sind nicht vergessen", versicherte der Bürgermeister, "wir werden schauen, dass wir ihnen gerecht werden." Bauamtsleiterin Brigitte Littke erinnerte daran, dass die Gemeinde dem Arbeitskreis "Wohnen im Alter" bereits ein Grundstück für ein Wohnprojekt zugesagt habe.

Ein anderes Problem für die Älteren brachte Walter Bayerlein zur Sprache: die vor knapp drei Jahren zusammengekürzte Ringbuslinie. Seit Ende 2015 fahren die Busse auf ihrem Weg durch die Gemeinde nur noch in eine Richtung. Wer schlecht zu Fuß ist, dem bleibe nur, die volle Runde zu fahren, was immerhin fast eine Stunde dauere. "Das Problem ist bekannt", sagte Reitsberger, werde sich allerdings nicht so schnell lösen lassen. Denn "es ist eine große Anstrengung, es jedes Jahr zu finanzieren". Außerdem erfolgten die Ausschreibungen für die Linien sehr langfristig, eine schnelle Wiedereinführung des Zweirichtungsverkehrs sei daher nicht möglich.

Ebenfalls keine Möglichkeit scheint es für den TSV zu geben, sein derzeitiges Angebot an Schwimmkursen auch in Zukunft anzubieten. Lobita Lanzendorfer und Susanne Edelmann brachten eine E-Mail aus dem Rathaus zur Sprache, wonach dem Verein im neuen Hallenbad deutlich weniger Belegungszeit zugeteilt werden soll. Bereits heute gebe es für den Schwimmkurs eine Warteliste von rund 200 Kindern, so Lanzendorfer, und erinnerte an die Nachwuchsarbeit des TSV. Diese werde auch stets bei der Sportlerehrung von der Gemeinde gewürdigt - nun aber durch die geplanten Kürzungen stark behindert. Laut Edelmann seien gut die Hälfte aller derzeitigen Kurse gefährdet, das entspräche allen Erwachsenen-Kursen sowie dem gesamten Gesundheitssport.

Welche Kurse der TSV in Zukunft streiche, sei nicht Sache der Gemeinde, entgegnete Georg Kast, Büroleiter des Bürgermeisters. Dass der Verein sein Angebot zusammenkürzen muss, ist laut Kast aber unumgänglich. Denn künftig wolle man "der Öffentlichkeit mehr Zeit geben", das Bad also neben Schulsport und Vereinen auch öfter als bisher für den allgemeinen Schwimmbetrieb öffnen. Die Gemeinde "weiß, was wir für Talente im TSV haben", sagte Reitsberger, man werde sich vielleicht noch einmal mit dem Belegungsplan "auseinandersetzen müssen".

Natürlich durfte auch der Klassiker jeder Vaterstettener Bürgerversammlung nicht fehlen: Verkehrsprobleme. Gefordert wurden mehr Parkverbote, neue Ampeln und Querungshilfen. Soweit möglich werde man diese Anregungen bei der Verkehrsschau im Juni besprechen, sagte Manfred Weber vom Bauamt. Auf ein spezielles Verkehrsproblem wies Anton Stephan hin: Ihm war aufgefallen, dass die kürzlich neu gestaltete Gemeindewebsite nicht richtig funktioniert. Tatsächlich sind seitdem etliche Funktionen, wie etwa Sitzungskalender oder -protokolle nicht mehr verfügbar. "Das wird alles behoben", versprach Reitsberger, "aber gut Ding braucht Weil."

An diesem Mittwoch, 10. März, findet die Bürgerversammlung für die Ortschaften statt. Beginn ist um 19.30 Uhr im Gasthaus Alte Post in Parsdorf.

© SZ vom 10.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: