Vaterstetten:Auf ein Neues - mal wieder

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Im Vaterstettener Gemeinderat soll eine Studie zur Umgestaltung des Ortszentrums vorgestellt werden

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Ein gemütlicher Platz in der Ortsmitte, der Springbrunnen plätschert fröhlich im Hintergrund, während ebenso fröhliche Menschen den Sommerabend genießen oder auf dem Weg vom oder ins Kino, die Bücherei und den Bürgersaal vorbeischlendern. Das ist nur ein Szenario, das in den vergangenen drei Jahrzehnten für das sogenannte Rathausumfeld in der Großgemeinde entwickelt wurde. Den Weg in die Realität fand indes keine der Planungen - dafür haben sie insgesamt knapp 1,5 Millionen Euro gekostet, Stand 2013, als das bisher letzte Konzept gescheitert ist. An diesem Donnerstag könnte es nun im Gemeinderat einen neuen Anlauf für eine Überplanung des Ortszentrums geben.

Dass es in Vaterstetten schönere Plätze gibt als jenen vor dem Rathaus, dürfte in der Gemeinde kaum jemand bestreiten. Seit mehr als 30 Jahren gibt es daher Versuche, die Örtlichkeit aufzuwerten. Der erste hat seinen Beginn Ende der 1980er Jahre, als man im Rathaus mit einem Problem konfrontiert wurde, das man dort bis heute kennt: Platzmangel. Mehrere Vorschläge gab es, wie dem beizukommen sei, unter anderem war über einen Anbau neben dem Rathaus diskutiert worden, genau wie die letztlich umgesetzte Aufstockung. Damit verbunden waren zahlreiche Ideen, das Umfeld des Vaterstettener Verwaltungssitzes ansprechender zu machen. Eine davon war, die Wendelsteinstraße hinter das Rathaus zu verlegen, um davor eine Art Fußgängerzone zu schaffen. Oder die Straße in einen gepflasterten, mit Bäumen bestandenen verkehrsberuhigten Bereich umzuwandeln, wahlweise auch in mehrere kleinere Plätze unterteilt.

Dass außer dem zusätzlichen Stockwerk am Rathaus nichts umgesetzt wurde, liegt an einem anderen bis heute aktuellen Vaterstettener Problem: den schwachen Gemeindefinanzen. Bereits Ende 1996 zeichnete sich ab, dass der Umbau des Platzes in seiner günstigsten Version ohne Straßenverlegung rund 1,2 Millionen Mark kosten sollte. Zu viel für die Mehrheit im Gemeinderat, das Projekt wurde zunächst vertagt. Nachdem ein Bürgerbegehren gegen den neuen Rathausplatz Anfang 1997 Erfolg hatte, ließ es der Gemeinderat gar nicht erst zum Bürgerentscheid kommen und sagte mit großer Mehrheit das Vorhaben von sich aus ab. Dessen Planung bis dahin geschätzte Kosten von 200 000 Mark verursacht hatte.

Was damals ein Aufreger, in der weiteren Geschichte der Ortszentren indes eher ein Schnäppchen gewesen ist. Denn knapp sechs Jahre später - der Chef im Rathaus hieß nicht mehr Peter Dingler (SPD) sondern Robert Niedergesäß (CSU) - gab es einen neuen Anlauf für die neue Mitte. Auch diesmal sollte ein Verkehrsweg verlegt werden, eine Kurve in der Möschenfelder Straße hätte Platz für einen Bürgersaal neben dem Rathaus schaffen sollen. Tatsächlich gelang es der Gemeinde, das dafür nötige Grundstück zu erwerben - was dann aber auch schon alles war, was in der Causa Bürgersaal, der auch eine angeschlossene Gastronomie sowie ein benachbartes Hotel bekommen sollte, passierte. Zwar wurde Ende 2005 der Planungsauftrag vergeben, bereits ein Vierteljahr später wurde das Projekt aber wegen unklarer Finanzierung auf unbestimmte Zeit vertagt. Weitere drei Jahre später wurde unter dem Eindruck der Finanzkrise und dem damit einhergehenden Rückgang der Gewerbesteuer das auf etwa 18 Millionen Euro taxierte Bürgersaal-Projekt offiziell wegen Unfinanzierbarkeit aufgegeben. Kosten diesmal: rund eine Million Euro.

Den nächsten - und bisher umfassendsten - Anlauf gab es dann im Jahr 2010. Geplant war, das Rathaus abzureißen und in einem neuen Zentrum inklusive Bücherei und Bürgersaal - vielleicht auch zusammen mit dem schon einmal am Baldhamer Bahnhof vergeblich geplanten Kino - wieder entstehen zu lassen. Damit man nicht wieder an klammen Gemeindekassen scheitert, sollte ein "Wettbewerbliches Dialogverfahren" umgesetzt werden. Dabei hätte die Gemeinde einem Investor einige Grundstücke zu dessen eigener Nutzung überlassen, gewissermaßen als Bezahlung für den Bau der Gemeindeeinrichtungen. Mehrere Konzepte wurden eingereicht, ein besonders großstädtisches, an dem unter anderem der Architekt der Pinakothek der Moderne, Stephan Braunfels, mitgearbeitet hatte, fand das Placet des Gemeinderates. Leider ging es dem Wunschpartner, wie es der Gemeinde einige Jahre zuvor ergangen war: Ihm ging das Geld aus, 2013 wurde das Dialogverfahren offiziell abgesagt. Immerhin erfüllte es tatsächlich eines der gesetzten Ziele: Die Ausgaben waren mit knapp 300 000 Euro deutlich geringer als beim vorangegangenen Scheitern.

Das ja auch offiziell gar kein Scheitern war. Jedenfalls laut einer Stellungnahme des aktuellen Bürgermeisters Georg Reitsberger, der 2014 auf eine Anfrage des Bundes der Steuerzahler erklärte, die Gemeinde könne Teile des damals nicht umgesetzten Konzepts vielleicht später einmal wiederverwenden. 2017 schien es dann so weit: Nachdem der Gemeinderat zunächst im Januar nichtöffentlich für eine Wiederaufnahme votiert hatte, sollte das Gremium eigentlich bis Oktober desselben Jahres die Ergebnisse einer Voruntersuchung bewerten. Ob das je passiert ist, ist unklar, da in Vaterstetten seit einigen Jahren die Gemeindeordnung sehr kreativ ausgelegt wird, was Gründe für die Nichtöffentlichkeit kontroverser Themen angeht.

Offenbar ist nun aber ein Punkt erreicht, an dem man die Öffentlichkeit in die Pläne von Politik und Verwaltung einweihen will. Konkret soll im Gemeinderat eine "städtebauliche Strukturstudie und Verkehrsgutachten" zum Thema "Entwicklung des Ortszentrums" vorgestellt werden. Ob darin auch ein Springbrunnen und ein Kino vorkommen, wird sich vielleicht am Donnerstag zeigen.

Die Sitzung des Gemeinderates am Donnerstag, 7. November, beginnt um 19 Uhr im Sitzungssaal des Rathauses.

© SZ vom 06.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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