Unterföhring:Napoleons Obelisk

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Eine Basispyramide war 1802 Fixpunkt der Landesvermessung. Ein Schild erinnert daran

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

Sie ist fünf Meter hoch, wird von vier kleinen Steinsäulen umrahmt, verfügt über eine von Südwest nach Nordost durchgehende Nische, in der die Vermessungsbasis beherbergt wird, und ist durch kleine Stahltüren vor unbefugtem Zugriff gesichert. Auf zwei Tafeln aus Untersberger Marmor wird die Bedeutung der Basispyramide neben dem Föhringer Ring in deutscher und lateinischer Sprache erklärt - und seit Donnerstagnachmittag ist das historisch wertvolle Bauwerk um ein Hinweisschild reicher. Der Unterföhringer Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer (Parteifreie Wählerschaft, PWU) und sein Kollege aus Oberding im Landkreis Erding, Bernd Mücke (CSU), haben bei einer Feierstunde die Tafel enthüllt.

Die Basispyramide ist ein Relikt aus der Zeit, als das bayerische Königreich vermessen wurde, und steht für den Beginn der Vermessungstechnik. Der Obelisk aus dem Jahr 1802 steht im Niemandsland am Föhringer Ring und ist bisher relativ schwer zu erreichen. Wer zur Pyramide gelangen will, muss bislang noch viel befahrene Straßen überwinden und sich auf Trampelpfaden zu dem Bauwerk durchschlagen. Doch das soll bald der Vergangenheit angehören. Die Gemeinde Unterföhring wird einen Fuß- und Radweg zwischen Ring- und Apianstraße errichten.

Gebaut werden soll die Verbindung in Zusammenarbeit mit der Stadt München, auf Geheiß des Bezirksausschusses Bogenhausen, der sich dafür stark gemacht hat, dass das historische Denkmal auch von Münchner Seite gut zu erreichen ist. Es laufen Verhandlungen mit den Stadtwerken und der Stadtentwässerung München, denen Grundstücke gehören, über die der Weg führen wird. Dieser wird entlang dem Föhringer Rings, vorbei an der Basispyramide, durch die Unterführung der Kreisstraße M 3 zur Apianstraße führen, wo der Rad- und Fußweg im Park hinter dem Studentenwohnheim auf die Freischützstraße trifft.

Die Basispyramide hat enorme Bedeutung: Das Bauwerk stammt aus der Zeit, als Bayerns Landschaften neu vermessen wurden. Im Jahr 1800 forderte Napoleon eine exakte militärisch-topografische Karte. Zu diesem Zweck wurde eine "Commission des routes" unter Napoleons Generaladjutant Charles Frérot d'Abancourt geschaffen. Die Endpunkte der Basislinie wurden 1802 mit jeweils fünf Meter hohen Basispyramiden aus Tuffkalk gekennzeichnet. Mit Latten auf höhenverstellbaren Holzstativen wurde quer über Wiesen und Moore, Bäche und Gräben gemessen, der unzugängliche Rest wurde mittels Dreiecksmessungen berechnet.

Das Ergebnis - 21 Kilometer, 653 Meter und 93 Zentimeter - errechneten die damaligen Ingenieure ziemlich exakt, das Verfahren nahm eine Vorreiterrolle der Vermessungstechnik ein. Die 1921 erfolgte Überprüfung wich nur um 70 Zentimeter ab. Allerdings war das Meter-Maß erst 1795 im revolutionären Frankreich eingeführt worden. Deshalb wurde die Basislänge in ein den Bayern damals vertrautes Maß umgerechnet: 7419,267 bayerische Ruthen. Eine Ruthe entsprach zehn Schuh, was wiederum 2,91859 Meter sind. Nach dem Abzug der Franzosen erließ Kurfürst Max IV. Joseph, der spätere König Maximilian I. Joseph, eine Verordnung zur Gründung eines "Topographischen Bureaus", einem Vorläufer des heutigen bayerischen Landesvermessungsamtes. Diese Behörde nahm als Ausgangspunkt eine Sichtverbindungslinie des nördlichen Turmknopfes der Münchner Frauenkirche mit der Turmspitze der Kirche von Aufkirchen bei Erding. Als zentrales Stück dieser Basislinie wurde die Verbindung zwischen einem Punkt bei Unterföhring und dem Dorfrand Aufkirchens festgelegt.

Wie Wolfgang Blum vom bayerischen Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung sagte, ist die Bedeutung des Obelisken gar nicht hoch genug einzuschätzen: Die damals gemessene Strecke von exakt 21 653,93 Metern zwischen den Pyramiden in Unterföhring und Aufkirchen sei auch heute noch die längste Grundlinie in Europa. 42 Tage lang habe die Vermessung damals gedauert. Von der Grundlinie ausgehend, wurde das ganze Land vermessen, was laut Blum der Steuererhebung diente. Bayern sei nach sechs Kriegen pleite gewesen und habe Geld gebraucht.

© SZ vom 22.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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