Umwelt:Unzulänglich

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Bund Naturschutz kritisiert Projekt der Flughafengesellschaft, die sechs Flächen mit einer Größe von insgesamt fünf Hektar als Biotop für Schmetterlinge angelegt hat. Stattdessen fordert er einen Verzicht auf die dritte Startbahn

Von Kerstin Vogel, Freising

Die Ankündigung der Flughafengesellschaft (FMG) hat sich zunächst gut gelesen: Westlich von Pulling habe die FMG sechs Projektflächen mit einer Größe von insgesamt rund fünf Hektar als Biotop für Schmetterlinge angelegt, hieß es in einer Anfang Juli verschickten Pressemitteilung. Um optimale Lebensbedingungen für Schmetterlinge zu schaffen, seien hier Larvenhabitate eingerichtet und die für die Falter wertvollen Futterpflanzen wie Wiesenknopf und Wiesenknöterich angepflanzt worden. Dieses freiwillige naturschutzfachliche Projekt zum Tagfalterschutz laufe zunächst bis zum Jahr 2020, Ziel sei es "stark gefährdeten Tagfalterarten wie dem Wald-Wiesenvögelchen, dem Randring-Perlmuttfalter und dem hellen und dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling einen geschützten und attraktiven Lebensraum zu bieten".

Beim Bund Naturschutz (BN) in Freising allerdings kann man darüber eigentlich nur lachen. "Die FMG denkt, sie kann einerseits Lebensräume großflächig zerstören und dann die dort vertriebenen Arten beliebig hin- und herschieben", kritisiert Christine Margraf, Artenschutzreferentin des BN: "Aber so funktioniert Artenschutz nicht." Statt isoliert ein paar Quadratmeter mit Einzelpflanzungen zu versehen, müssten Verbundflächen geschaffen werden. Die fraglichen Flächen würden für die wenig mobilen Falterarten viel zu weit auseinander liegen, die notwendige Vernetzung fehle, bestätigt Wolfgang Willner, BN-Kreisvorsitzender und Insektenexperte. Arten wie der Ameisenbläuling bräuchten außerdem beispielsweise bestimmte Ameisennester an ihren Standorten.

Beim Ortstermin im Freisinger Moos steht Kreisgeschäftsführer Manfred Drobny vor der Informationstafel, die von der Flughafengesellschaft hier aufgestellt wurde, um Interessierte auf das Projekt aufmerksam zu machen, und kommt aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr heraus. "Unzulänglich" sei das, sagt er, die Fläche, vor der das Schild steht, sei schon vor den angeblichen Maßnahmen der FMG aus naturschutzfachlicher Sicht eigentlich in ganz gutem Zustand gewesen. Das könne man unter anderem am Alter der Büsche dort ablesen. Fachlich hätte es für das Wald-Wiesenvögelchen stattdessen zum Beispiel Sinn gemacht, eine an eine Fläche der Unteren Naturschutzbehörde angrenzende Wiese zu verbessern, ergänzt Margraf. Die nämlich sei viel zu intensiv genutzt. Ein entsprechender Vorschlag sei von der FMG jedoch abgelehnt worden.

Ein paar Hundert Meter von der Infotafel entfernt haben die Naturschützer stattdessen eine weitere "Maßnahme" entdeckt. Auf zwei oder drei Quadratmetern, die mit vier Pflöcken gekennzeichnet wurden, seien hier anscheinend einfach ein paar Wiesenknopf-Pflanzen in den Boden gesetzt worden, wundert sich Drobny: "Wenn man einfach die Wiese umackern und das aussäen würde, dann wächst diese Pflanze wie Haare auf dem Hund." Dass aber Ameisen und Ameisenbläuling nun ausgerechnet diese paar Quadratmeter hier finden, hält auch Margraf für eher unwahrscheinlich. "Das alles geht völlig an der Natur vorbei, mit Schutz und Verbesserung hat das nichts zu tun."

Artenschutz sei sehr schwierig, bestätigt Willner, deshalb habe der Erhalt bestehender Flächen normalerweise auch immer Vorrang vor einer Neuschaffung. Das, was die Flughafengesellschaft hier betreibe, sei ein klassischer Fall von "Greenwashing", denkt Drobny. Für den Bund Naturschutz ist die Forderung deshalb klar: "Wenn die FMG wirklich Naturschutz betreiben will, dann soll sie auf die dritte Startbahn verzichten."

© SZ vom 21.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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