Ulrike Scharf:Mit dem Landkreis verbunden

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Überraschungen hat die CSU-Abgeordnete in den vergangenen Jahren genügend erlebt. Unter Horst Seehofer wurde sie Ministerin und von Markus Söder wieder entlassen. Sie setzt im Wahlkampf auf ihre Erfahrungen, die sie im Amt machte - positive wie negative

Von Gerhard Wilhelm

Das Wort "überraschend" ist für die CSU-Landtagsabgeordnete Ulrike Scharf in den vergangenen Jahren ein steter Begleiter gewesen. Vor der Landtagswahl 2013 setzte sich die Unternehmerin aus Maria Thalheim zur großen Überraschung vieler bei der Nominierungsversammlung der CSU in einer Kampfabstimmung mit 112 zu 79 Stimmen klar gegen den amtierenden Landtagsabgeordneten Jakob Schwimmer durch. Bei der Wahl selbst überraschte sie mit einem deutlichen Ergebnis: Jeder zweite Erdinger Wähler gab ihr seine Stimme. Und kurze Zeit später kam die nächste Überraschung: der damalige Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) ernannte sie im September 2014 zur Staatsministerin für Umwelt und Verbraucherschutz. Die nächste und bis dato letzte Überraschung war dann allerdings aus ihrer Sicht eine negative. Markus Söder löste Seehofer ab, baute das Kabinett um - und ersetzte Scharf durch den bisherige Staatskanzleichef Marcel Huber.

In den vergangenen fünf Jahren hat die 50-Jährige viel politische Erfahrung sammeln können. Positive wie negative. Was in einem Ressort, das die Themen Umwelt und Verbraucherschutz umfasst, nicht schwer ist. Zum Beispiel als sie im Skandal um Bayern-Ei 2016 unter Druck geriet. Dass es im Kabinett ganz einsam um einen werden kann, musste sie bei der dritten Startbahn für den Münchner Flughafen feststellen - sie war die Einzige, die sich gegen den Ausbau aussprach.

Sozialministerin Ulrike Scharf. (Foto: Stephan Görlich)

"Ich habe in den vergangenen fünf Jahren als Ministerin wahnsinnig viel lernen können, es war eine sehr fordernde Tätigkeit, die mir aber auch viel Freude machte", sagt die Direktkandidatin. Dass sie Staatsministerin wurde habe sie sehr überrascht, aber auch geehrt. Was danach folgte sei ein "wahnsinniger Lernprozess" gewesen. "Vergleichbar mit einem Jahr Intensivstudium mit täglichen Prüfungen." Zudem sei das Ministerium so weit gefächert, von der Atomaufsicht über die Artenvielfalt und den Hochwasserschutz bis hin zum Verbraucherschutz, womit es auch sehr viel "Sprengstoff" für eine neue, junge Ministerin gegeben habe. "Aber ich habe wohl meine Arbeit doch dann ganz gut gemacht, sonst hätten viele nicht ihr Unverständnis geäußert, dass ich entlassen wurde", sagt Scharf.

Die Entlassung dürfte auch nicht im Sinne der Startbahngegner gewesen sein. Schon vor ihrer Vereidigung hatte sie Seehofer eines klar gemacht: dass sie auch als Ministerin an ihrem Nein zur Dritten Startbahn am Flughafen festhalten werde.

Die 50-Jährige kommt eigentlich aus einem ganz anderen Bereich. Nach einer Ausbildung zur Bankkauffrau und einem Studium der Betriebswirtschaften trat sie als vertretungsberechtigte Gesellschafterin in das elterliche Reiseunternehmen ein. Der Politik sei sie aber schon sehr früh nahe gestanden, sagt die Abgeordnete. Schon in der Schule sei sie Klassen- und Schulsprecherin gewesen und habe Verantwortung übernommen. Da sei es nur normal gewesen in die Politik zu gehen um Verantwortung zu übernehmen und Einfluss zu nehmen, Dinge zu ändern, verbessern. Dabei habe ihr auch das Aufwachsen in einem Familienbetrieb geholfen und ihre Zeit als selbständige Unternehmerin.

SZ-Grafik (Foto: N/A)

1995 trat sie in die CSU ein, wurde vier Jahre später stellvertretende Vorsitzende des CSU-Kreisverbands (was sie heute noch ist, ebenso wie Kreisrätin seit 2002), 2003 rückte sie in den CSU-Bezirksverband und 2004 als Beisitzerin in den Bezirksvorstand der Frauen Union, deren Vorsitzende sie seit 2009 ist. Zum ersten Mal in den Landtag kam sie als Nachrückerin von Otto Wiesheu. Bei der Landtagswahl 2008 erlitt aber die CSU dramatische Verluste und musste mit der FDP koalieren. Scharf konnte nicht wieder in den Landtag einziehen - dafür aber 2011 ins Präsidium der CSU als Schatzmeisterin. Bevor sie Ministerin wurde, saß sie zudem im Wirtschaftsausschuss.

Ulrike Scharf ist dem Landkreis immer verbunden geblieben. Der Name Scharf ist im ganzen Landkreis durch das Reisebüro und Busunternehmen bekannt. Die gebürtige Erdingerin hat Maria Thalheim nie verlassen - höchstens zum Verreisen. "In meiner Zeit im Reisebüro habe ich mir vieles in der Welt angesehen und bin auch heute noch eine Reisetante. Aber daheim bin ich in Maria Thalheim und wenn man dann wieder nach Hause kommt, weiß man was man an seiner Heimat hat." Wenn daheim die Haustüre zufalle, oder sie ihren Garten sehe, komme sie zur Ruhe.

Mit Besorgnis sieht sie die Entwicklung der Parteienlandschaft, vor allem den Aufstieg der AfD, aber auch den Niedergang der SPD, die für die Stabilität der Demokratie in Deutschland in ihren Augen wichtig ist und der sie in Bayern "20 Prozent" wünscht. Die AfD schürt für Ulrike Scharf unterschwellige Ängste, dabei wisse man seit Chemnitz, wo sie wirklich stehe. "In Bayern geht es uns sehr gut, das zeigen alle Daten, und trotzdem gibt es eine Stimmung, dass sich was ändern muss. Es ist ein diffuses Unbehagen, das aber durch nichts belegt werden kann", sagt die CSU-Politikerin. "Es ist eher eine Angst vor Veränderungen, mit ausgelöst durch die Flüchtlinge." Und gegen diese Ängste müsse man eine Politik machen, die das Vertrauen der Menschen wieder gewinne. Die politischen Vorgänge in Berlin seien dazu derzeit "nicht gerade wahlkampfunterstützend". Zum Beispiel habe sie beim Thema Diesel ein andere Position als ihr Parteikollege, Bundesverkehrminister Andreas Scheuer. "Ich bin zwar auch gegen ein Fahrverbot, weil es nur die trifft, die sich kein neues Auto leisten können und weil der Diesel gut ist für die CO₂-Bilanz, aber wer den Schaden verursacht, der soll auch zahlen. Nämlich die Industrie." Über den Wahlausgang will Scharf nicht spekulieren, auch nicht über mögliche Koalitionspartner. "Ich werde bis zum letzten Tag um jede Wählerstimme kämpfen", sagt die CSU-Kandidatin.

© SZ vom 29.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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