Erding:"Maßnahmen laufen auf Hochtouren"

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Im Sommer 2015 wurde die Turnhalle der Berufsschule Erding kurzfristig zu einer Asylbewerberunterkunft. (Foto: Renate Schmidt)

Im Landkreis Erding werden am Freitag die ersten 50 Geflüchteten aus der Ukraine erwartet. 200 Erdinger haben schon Privatunterkünfte angeboten.

Seit die russische Invasion der Ukraine begonnen hat, flüchten Menschen massenhaft vor dem Krieg. Im Landkreis Erding werden die ersten 50 geflüchteten Ukrainer und Ukrainerinnen für morgen, Freitag, erwartet. Wie viele Menschen insgesamt kommen werden, kann bisher niemand abschätzen. Die Flüchtlingshilfe Dorfen warnt davor, die bisherigen Unterkünfte wie angekündigt dichter zu belegen.

Die 50 Menschen, die dem Landkreis von der Regierung Oberbayern zugeteilt wurden, sollen in einem neu eingerichteten Ankunftszentrum empfangen werden, wie es in einer Pressemitteilung des Landratsamts heißt. Nach einer Erstversorgung werden sie anschließend auf geeignete Unterkünfte verteilt. Das Landratsamt Erding plane die Unterbringung ukrainischer Geflüchteter vordergründig bei Privatpersonen und über kommunale Initiativen, heißt es weiter. Knapp 200 Erdinger hätten bereits angeboten, Flüchtlingsfamilien bei sich unterzubringen. Landrat Martin Bayerstorfer zeigt sich "dankbar und tief berührt, mit welch großer Solidarität die Bürgerinnen und Bürger des Landkreises Erding die Menschen aus den Kriegsgebieten empfangen." Zudem seien auch zahlreiche Sachspenden, Betreuungs- und Dolmetscherangebote eingegangen. Weitere Hilfe werde jederzeit dankend angenommen, wobei besonders Pflegefamilien für unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge gesucht werden. Personen, die Geflüchtete aufnehmen oder durch Hilfs- und Dolmetscherdienste unterstützen möchten, können sich unter koordinierung-ukraine@lra-ed.de beim Landratsamt melden.

"Oberste Priorität hat, dass alle Angekommenen eine Unterkunft finden", betont auch die oberbayerische Regierung. Sie unterhält zwei Gemeinschaftsunterkünfte in Erding - eine in Oberding und eine in Lindum bei Dorfen -, auf die zukünftig Flüchtlinge verteilt werden, die nicht bei Privatpersonen oder in dezentralen Unterkünften unterkommen. Allerdings sind die Kapazitäten hier äußerst begrenzt. In Oberding würden alle Plätze bereits für Asylsuchende aus anderen Ländern benötigt, während in Dorfen noch Platz für "maximal eine Mutter mit zwei Kindern" sei.

Zwar nehme die Regierung zuerst kommunale Angebote und freie Unterkunftskapazitäten in anderen Regionen in Anspruch, wo insgesamt noch mehrere hundert freie Plätze zur Verfügung stünden. Die Flüchtlingshilfe Dorfen reagiert alarmiert auf ein Schreiben der Regierung von Oberbayern, in dem die bereits untergebrachten Asylbewerber zu Solidarität aufgerufen werden.

Auch Maria Brand, die sich bei Amnesty International engagiert, zeigt sich besorgt, dass Familien, die ohnehin schon kaum Platz hätten, "nun zu sechst im Zimmer zusammenrücken müssen". Sie bedauere sehr, dass einige Unterkünfte in Erding aufgelöst wurden, als sich die Belegungen etwas entspannt hätten. Nun könne es dazu kommen, dass man wieder spontan Unterkünfte mit unzureichender Anbindung an relevante Infrastruktur aus dem Boden stampfen müsse. Auch wäre es absolut unverantwortlich, bereits ansässige Flüchtlinge, also unter anderem afghanische oder syrische Kinder, jetzt umzuverlegen und so erneut zu entwurzeln.

Allerdings betonen die beiden auch, dass es für Ehrenamtliche schlichtweg nicht möglich sei, psychosoziale Betreuung zu gewährleisten, die traumatisierte Flüchtlinge - nicht nur aus der Ukraine - benötigen. Laut Brand hätte man die Zeit eigentlich nutzen müssen, Unterricht für die ankommenden Kinder zu organisieren oder eine Impfkampagne vorzubereiten. Denn die ukrainische Impfquote liegt bei nur knapp 35 Prozent.

Die Flüchtlingshilfe Dorfen fordert entsprechend "mehr Geld in die Hand zu nehmen, um für die Flüchtenden aus der Ukraine anständige Unterkünfte zu schaffen, ohne die ohnehin unwürdigen Wohnverhältnisse der Menschen aus Afghanistan, Syrien oder Afrika wieder zu verschlechtern." Die Situationen unterschiedlicher Gruppen von Flüchtlingen dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden. Auch Franz Lehner bereitet das Sorgen: "Solidarität kann man nicht auf Kosten der Ärmsten einfordern."

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