Tourismus:Platz sieben in Bayern

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Die nächste Bettenburg wird in der Gemeinde Oberding eröffnet. Das Moxy Munich Airport will vor allem jüngere Kunden ansprechen. (Foto: Renate Schmidt)

Jedes Jahr übernachten in Oberding fast eine halbe Million Gäste aus aller Welt. Davon profitieren nicht allein die Hotels, sondern auch Gastwirte. Metzger und Landwirte spielen jedoch als Zulieferer kaum eine Rolle

Von Regina Bluhme, Oberding

Der Tourismus im Landkreis boomt. Mit rund 484 000 Übernachtungen im Jahr 2015 setzt sich wieder einmal Oberding an die Spitze. "Die Gäste kommt nicht wegen der schönen Aussicht", räumt Bürgermeister Bernhard Mücke (CSU) jedoch ein. Für die Rekordwerte sorgen die großen Hotelketten, die sich im Ortsteil Schwaig in unmittelbarer Nachbarschaft zum Münchner Flughafen angesiedelt haben. Deren Gäste steuern den Arbeitsplatz am Airport, die Messe oder die Stadt München an. Was bleibt für Oberding? Genügend. Die Gemeinde freut sich über Gewerbesteuereinnahmen, auch Gastwirte im Ort profitieren. Landwirte haben allerdings keine Chance, mit den großen Ketten ins Geschäft zu kommen.

Demnächst eröffnet in Schwaig schon wieder ein Hotel: Das Moxy Munich Airport Hotel gehört zu Marriott-International, hat mehr als 300 Zimmer und will sich laut Homepage mit günstigen Preisen vor allem einer jüngeren Klientel empfehlen. In der Nachbarschaft befinden sich das Hilton Munich Airport Hotel (343 Zimmer), das Sheraton Munich Airport Hotel (170), das NH Munich Airport Hotel (236) oder das Holiday Inn Express Hotel (177). "Es ist ganz klar der Flughafen, der bei uns für die hohen Übernachtungszahlen sorgt", erklärt Bürgermeister Bernhard Mücke (CSU).

Im Gegensatz zur Nachbarstadt Erding liege in seiner Gemeinde "der Schwerpunkt nicht auf dem typischen Deutschlandtouristen", so Mücke. "Zu uns kommen die Leute mit dem Flugzeug für Geschäftsreisen oder auch Mitarbeiter auf Fortbildung." In Erding dagegen besuchten die Gäste außer der Therme oder dem Erdinger Weißbräu auch die Innenstadt, fügt Mücke neidlos hinzu.

Die Große Kreisstadt verzeichnet zwar weniger Übernachtungen als Spitzenreiter Oberding, doch Günther Pech ist mehr als zufrieden mit den Zahlen von 2015 und rund 442 700 Übernachtungsgästen. Der Leiter des Stadtmarketings bezeichnet den boomenden Tourismus als "bedeutenden Umsatzbringer" und "Jobmotor" . Und er leiste auch "über Steuereinnahmen einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung der öffentlichen Haushalte." Wie viel zum Beispiel die Schwaiger Hotels an Steuergeldern in Oberding lassen, darüber dürfe er nichts sagen, betont Bürgermeister Mücke, "schließlich gibt es ein Gewerbesteuergeheimnis". Aber fest steht, dass die zweistelligen Millioneneinnahmen des Oberdinger Kämmerers sicher nicht von ungefähr kommen.

Mittlerweile liegt Erding bei den Übernachtungszahlen auf Platz zehn in Bayern, Oberding sogar auf Platz sieben. Dabei sind die Zahlen noch höher, denn in die Statistik wurden nur Betriebe mit zehn Betten und mehr berücksichtigt. Im Hauptort Oberding und in den sieben Ortsteilen hätten laut Mücke in den vergangenen Jahren zahlreiche kleinere Pensionen eröffnet. Sie fänden ihre Klientel zum Beispiel unter Gästen der Therme Erding, "die preisgünstiger als in einem Hotel wohnen wollen", so Mücke. Darüber hinaus schätzt er, dass siebzig Prozent der Pensionen an Arbeiter oder Monteure vermieteten, "die unter der Woche ein günstiges und sauberes Zimmer mit Frühstück haben wollen". Diese Häuser "sind immer voll", fügt er hinzu.

Barbara Deimel, die Wirtin von Deimels Landgasthof in Oberding, hat sechs gut gebuchte Fremdenzimmer, die sie "halb an Touristen, halb an Geschäftsreisende" vermietet. Sie hat festgestellt, dass nicht wenige Gäste aus den großen Hotels in Schwaig "zu uns kommen, um ein gutes Essen für einen normalen Preis zu bekommen", sagte Deimel. "Die googeln halt, wo ein Wirtshaus in der Nähe ist." Darüber hinaus machten sich auch "ganz gewaltig die Thermengäste bemerkbar", fügte Wirtin Deimel hinzu. Marianne Schmid, Wirtin der "Alten Post" in Oberding, hat ebenfalls "viel Businessklientel vom Flughafen", wie sie berichtet. Aus aller Herren Länder kämen die Gäste. Egal, ob aus USA oder China: Bayerische Küche sei gefragt. "Unser Renner im Gasthof sind Kalbschnitzel in Butter gebraten."

"Wir können nicht sagen, dass die steigenden Übernachtungszahlen großen Anteil an unserem Umsatz ausmachen", berichtet dagegen Marion Lobermeier von der gleichnamigen Metzgerei im Ortsteil Notzing. Einige Beschäftigte aus dem benachbarten Gewerbegebiet in Schwaig kämen zum Mittagessen vorbei, auch der eine oder andere Autofahrer auf dem Weg zur Therme kaufe in der Metzgerei ein. Wurst, zum Beispiel fürs Frühstücksbüffet, liefere ihr Betrieb nicht an die großen Hotels in ihrer Nachbarschaft. "Die kaufen in großen Chargen ganz woanders ein", betonte sie.

Auch der Oberdinger Landwirt Reinhold Heilinger hat mit seinen Kartoffeln keine Chance bei den großen Ketten. "In den großen Küchen könnte ich bei den Mengen und bei den Preisen gar nicht mithalten", sagt der Landwirt. Säckeweise würde dort ja nichts mehr angeliefert, "da kommen riesige Mengen von Kartoffeln an, die bereits geschält sind". Die Übernachtungsgäste in Oberding bekommt er dennoch zu spüren, und zwar immer dann, wenn er mit seinen schweren Arbeitsmaschinen durch die Ortschaft fährt. "Japanische Touristen bewundern die Technik", berichtet Heilinger. "Ich bin ein sehr beliebtes Fotomotiv."

© SZ vom 05.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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