Taufkirchen:Tatzen, Butzkia und Holzspielzeug

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In kleinen Gruppen stellten die Schüler bei der Präsentation im Mehrgenerationenhaus Taufkirchen die Ergebnisse ihrer Interviews vor. (Foto: thomas daller)

Im Rahmen eines Projekts des Mehrgenerationenhauses interviewen Schüler der 8. Klassen in Taufkirchen Senioren über deren Kindheit und Jugend: Ein Dialog zwischen Jung und Alt

Von Thomas Daller, Taufkirchen

Was war ein Telegramm? Wie spielte man Gummitwist? Was sind diese Butzkia, die in den Nachkriegsjahren in Holzöfen zum Heizen verwendet wurden? Fragen, mit denen sich Schüler zweier 8. Klassen in Taufkirchen beschäftigten, die im Rahmen eines "Zeitzeugen"-Projektes ältere Mitbürger interviewt haben. Das Projekt ging auf eine Initiative des Mehrgenerationenhauses zurück; Jung und Alt sollten dabei ins Gespräch kommen und mehr voneinander erfahren.

Immer wieder stößt das Mehrgenerationenhaus den Dialog zwischen Kindern, Jugendlichen und Senioren an. Mal waren es die Senioren, die Rahmen eines Computerkurses vom Wissen der Schüler profitieren konnten, mal greift man wie beim Zeitzeugen-Projekt den Erfahrungsschatz der Senioren auf, um einander besser zu verstehen. Wobei Zeitzeugen nicht zwangsläufig als Zeugen des Zweiten Weltkriegs definiert wurden, wie Katharina Gaigl vom Mehrgenerationenhaus erläuterte. Vielmehr ging es darum, zu erfahren, wie heutige Senioren ihre damalige Schulzeit oder erste Liebe erlebt haben, wie man seine Freizeit verbrachte oder welche Medien vor 60 Jahren genutzt wurden.

Jeweils eine 8. Klasse der Realschule und der Mittelschule machte sich an die Arbeit; so ein Interview muss schließlich vorbereitet werden. Im Geschichtsunterricht wurden dann die Themen erörtert, die man ansprechen wollte. Die Schülern lernten auch, wie man "offene" Fragen formuliert, damit nicht nur ein "ja" oder "nein" als Antwort erhält. Schließlich wählte man dann die Gäste aus, die man zu diesen Interviews einladen wollte. Und die brachten zu den Gesprächen auch noch alte Fotos oder Schulhefte mit, die bei der Präsentation als Illustrationsmaterial dienten.

Interviewpartner wie Josef Niedermeier oder Bernhard Fries erzählten bereitwillig aus ihrer Kindheit und Jugend. Nur ein bisschen Holzspielzeug hatten sie als Buben, aber viel Zeit zum Spielen blieb ohnehin nicht: Man musste im Haushalt mithelfen, weil dort noch viel Handarbeit anfiel, die keine Maschinen übernahmen. Und wer auf einem Bauernhof aufwuchs, dem ging auch als Kind die Arbeit nie aus. In den meist beengten kleinen Wohnungen teilten sich Geschwister ein Zimmer, von Taschengeld konnte man nur träumen und ein eigenes Fahrrad konnte man sich erst als Lehrling leisten. Autos gab es nur wenige. Was in der Welt vor sich ging, erfuhr man aus der Zeitung oder dem Radio; einen Fernseher schaffte man sich erst zur eigenen Hochzeit an.

Was die Schüler mit am meisten verwunderte, waren die körperlichen Züchtigungen, die den Lehrern vor 50, 60 Jahren erlaubt waren: Schläge mit dem Lineal auf die Finger, so genannte "Tatzen"; oder sie warfen mit ihrem schweren Schlüsselbund nach Schülern, die schwätzten. Doch trotz dieser strengen und teils gewalttätigen Erziehung sprachen die meisten der befragten Senioren von einer glücklichen Kindheit.

Hans Hartmann, Lehrer an der Mittelschule Taufkirchen, umrahmte die Präsentation noch mit alten Fotos aus Taufkirchen. Unter anderem zeigte er Bilder vom alten Mädchenbad, weil Buben und Mädchen bis 1968 noch streng getrennt zum Baden gehen mussten und das Mädchenbad mit Strohmatten vor Blicken geschützt war. Und die eingangs erwähnten Butzkia? Das waren Fichten- und Tannenzapfen, weil man kaum noch Holz im Wald fand.

© SZ vom 22.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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