Taufkirchen:Strategien für Dörfer mit Zukunft

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Seit 1980 haben zwei Drittel aller bäuerlichen Betriebe im Landkreis aufgegeben. In diesen ehemals landwirtschaftlich geprägten Ortsteilen sucht Taufkirchen nun Lösungen, damit keine Geisterdörfer entstehen

Von Thomas Daller, Taufkirchen

Verfallene Bauernhöfe, leere Ställe und Scheuen, in vielen kleinen Orten macht sich der Strukturwandel in der Landwirtschaft bemerkbar. Welche Strategien sind erforderlich, damit diese Dörfer eine Zukunft haben? Mit dieser Frage haben sich zwei Dutzend Taufkirchener befasst, die an einem Seminar in der Schule der Dorf- und Landentwicklung in Thierhaupten teilgenommen haben. Dort machten ihnen die Moderatoren keine Illusionen: In den Dörfern der Zukunft wird es kaum noch Landwirtschaft geben, andere Konzepte müssen her. Daran will man in Taufkirchen nun arbeiten.

Nach Angaben des Amts für Landwirtschaft und Forsten in Erding haben seit 1980 etwa zwei Drittel der Landwirte im Landkreis aufgegeben und ihre Äcker und Wiesen verpachtet oder verkauft. 2000 Betriebe gibt es im Moment noch, aber pro Jahr geben weitere zwei Prozent auf. Die Anwesen verfallen, manche Scheunen werden noch als Unterstellplätze für Wohnwägen oder als Getränkelager verpachtet. Hinzu kommt, dass es für die Eigentümer oftmals nicht lukrativ ist, die Höfe abzureißen und dort Wohnbebauung zu errichten. Denn wenn man einen Betrieb der Landwirtschaft entnimmt, werden steuerlich saftige Veräußerungsgewinne fällig. Wohin das führt, sieht man beispielsweise im Taufkirchener Ortsteil Gebensbach, wo sich entlang der Hauptstraße bereits viele leer stehende Gebäude befinden.

Wie verhindert man, dass sich solche Orte zu Geisterdörfern entwickeln? Für die verfallenen Bauernhöfe haben die Fachleute aus Thierhaupten auch keine Patentlösung. "Eine wirtschaftliche Nutzung ist kaum möglich", sagte Seminarleiter Andreas Raab, der in der Taufkirchener Gemeinderatssitzung die Ergebnisse der Klausur vorstellte. Aber er stellte vorab den Taufkirchener Ortsteilen ein gutes Zeugnis aus: "Die örtlichen sozialen Strukturen sind weitgehend intakt." Das sei vor allem rührigen Vereinen zu verdanken. Punktuell gebe es jedoch Bedarf an Treffpunkten; also Dorfplätzen. Und nicht zuletzt werde die Mobilität eine immer größere Rolle spielen. Das könne jedoch der ÖPNV in der Fläche nicht leisten, weil dies zu teuer sei. Daher benötige man Alternativen wie eine Nachbarschaftshilfe, die einen Fahrdienst für ältere Leute anbiete. Raab: "Wir werden in den Dörfern über die Familien hinaus Strukturen schaffen müssen, in denen wir uns gegenseitig unterstützen." Insbesondere Nachbarschaftshilfen "werden eine Pflichtinfrastruktur der Zukunft sein".

Die Vertreter der verschiedenen Ortsteile hatten auch einige konkrete Anliegen formuliert: In Moosen, dem größten Ortsteil nach dem Hauptort Taufkirchen, ist nach wie vor Bedarf nach neuem Baugrund. Außerdem wünschen sich die Moosener ein Naherholungsgebiet. Ihr Vorschlag: die Vils renaturieren.

In Hörgersdorf, im oberen Vilstal, sei der Dorfplatz ein "Schandfleck", den man herrichten sollte. Und eine Handvoll Bauplätze für Einheimische seien ebenfalls wünschenswert. In Wambach ist das anders: Dort gibt es seit geraumer Zeit freie Bauplätze, aber keine Nachfrage. Und in Gebensbach ist eben besagter großer Leerstand. Die Altgehöfte sind alle in Privatbesitz, und aus Sicht der Gebensbacher wäre es wünschenswert, kleine Gewerbebetriebe in den Altgebäuden unterzubringen. Gemeinderat Martin Huber regte zudem an, dass man in den ländlichen Ortsteilen Vereinsheime bauen sollte, weil sie nach dem Aussterben der Landgasthöfe die Rolle der Wirtschaften übernommen hätten. "Das Dorf lebt mit den Vereinen." Die Gemeinderäte beschlossen einstimmig, einen geeigneten Planer zu suchen, der ein Gemeindeentwicklungskonzept erstellen soll, das auf den Grundlagen aus Thierhaupten basiert. Bürgermeister Franz Hofstetter sagte, "wir stehen in den Startlöchern".

© SZ vom 23.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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