SZ-Schulratgeber:Die Alternative zum Normalfall

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Land zu Land, Stadt zu Stadt: Nicht im Frontalunterricht sollen die Montessori-Schüler Geografie lernen, sondern in ihrer eigenen Geschwindigkeit. (Foto: Peter Bauersachs)

Die Montessori-Schule in Aufkirchen ist beliebt - aufgenommen wird aber nicht jeder.

Von Mathias Weber, Erding

Gute Architektur soll ja nicht nur eine Hülle sein, um das Innere eines Hauses vor Wind und Wetter zu schützen, sie soll auch eine gewisse Außenwirkung haben. An der Fassade eines Hauses kann man mitunter ablesen, wie es drinnen zugeht. Insofern dürfen die beiden Montessori-Häuser im Landkreis - die Schule in Aufkirchen und das neue Kinderhaus in Klettham - als archtektonisch gelungen angesehen werden.

"Seht her", sagen das Kinderhaus mit seinen verwinkelten Dachschrägen und die Montessori-Schule mit seinem runden Dach - "hier wird es unkonventionell." Die Montessori-Schule als unkonventionelle Einrichtung - ein Vorurteil, das die Montessori-Anhänger immer gerne bestätigen. Anders soll es an der Schule zu gehen als in den normalen Regelschulen, organisatorisch, aber auch zwischenmenschlich.

In der einzigen Montessori-Schule des Landkreises im Oberdinger Ortsteil Aufkirchen gibt es zum Beispiel keine Klassen im eigentlichen Sinn, sondern nur vier Stufen mit sogenannten Jahrgangsmischungen. Kinder der ersten bis zur dritten Klasse lernen gemeinsam. Dadurch soll ein "natürliches Umfeld" geschaffen werden: "Leistungsbezogenes Konkurrenzverhalten und altersspezifische Besonderheiten bleiben in einem normalen und entspannten Rahmen."

Nachfrage größer als Angebot

Solche Ideen gefallen offenbar: Ulrike Reinhardt, eine von vier Lehrerinnen der Schulleitung weiß, dass sich immer mehr Eltern eine Aufnahme ihrer Kinder an der Montessori-Schule wünschten. "Die Nachfrage ist immer größer als das Schulangebot", sagt sie. 24 Kinder könne man im Jahr aufnehmen, Anmeldungen gab es im vergangenen Jahr aber 45. Also wird ausgewählt: Schüler (und ihre Eltern) müssen einen mehrstufigen Auswahlprozess durchmachen. Es gibt unter anderem einen Informationsabend und einen Schnuppernachmittag. "Wir geben uns viel Mühe", so Reinhardt, und es gebe "relativ objektive Aufnahmekriterien": Zum Beispiel turnen die Kinder, sodass ihre motorische Entwicklung begutachtet werden kann, auch Rhythmusübungen gibt es. Und schließlich darf es nicht an den Eltern scheitern: Sie müssen hinter dem Konzept stehen.

Und nicht nur das: Sie müssen auch zahlen. Denn die Montessori-Schule in Erding ist eine Privatschule, anders zum Beispiel als in Nordrhein-Westfalen, wo Montessori-Schulen staatlich anerkannt sind. Zwischen 210 und 230 Euro im Monat beträgt das Schulgeld, aber Reinhardt beeilt sich auch zu versichern, dass eine Aufnahme nicht am Geld scheitere - auch Unterstützungsangebote würde es geben. Trotzdem: Schulgeld, Privatschule, alternatives Konzept - wie elitär ist eine Montessori-Schule? Co-Schulleiterin Reinhardt weiß um die Vorurteile, lässt sie aber mittlerweile nicht mehr gelten. "Von bodenständigen Menschen bis zum Akademiker schicken viele Eltern ihre Kinder auf ihre Schule."

Zwei komplett andere Philosophien

Und auch innerhalb der Lehrer-Community hat die Montessori-Pädagogik ihren Schrecken verloren. Reinhardt berichtet, dass die Zusammenarbeit mit Regelschulen im Landkreis problemlos funktioniere. Schließlich müssen die Montessori-Schüler ihren staatlich anerkannten Abschluss dann an einer Regelschule machen - die Mittlere Reife sowie der Realschulabschluss steht den Aufkirchener Schülern offen. Wer die allgemeine Hochschulreife absolvieren will, kann auf eine spezielle Montessori-Fachoberschule in München wechseln. Diese gute Perspektive, vermutet Reinhardt, sei wohl auch ein Grund, warum so wenige Schüler die Montessori-Ausbildung abbrächen und dabei blieben- nur drei, vier Schüler seien es im Jahr.

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Ab und an, erzählt Reinhardt, kämen sogar Lehramtsstudenten bei der Montessori-Schule vorbei und informierten sich über das Konzept. Aber eine gewisse Distanz, sagt die ehemalige verbeamtete Lehrerin, die seit Gründung der Schule 1994 dort arbeitet, sei nach wie vor vorhanden. Vielleicht ist diese Distanz aber nicht nur einseitig - hier prallen schließlich zwei komplett andere Philosophien aufeinander. Und Reinhardt sagt auch ganz offen, wie sie die Arbeitsbedingungen der Lehrer an staatlichen Schulen empfindet: "Die schmoren in ihrem eigenen Saft."

© SZ vom 23.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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