SZ-Adventskalender:Alt, arm, ausgeschlossen

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Materielle Not ist bei vielen Senioren mit Vereinsamung und dem Verlust sozialer Kontakte verbunden

Von Florian Tempel, Erding

Der Landkreis Erding ist eine prosperierende Gegend mit guten Wirtschaftsdaten und kaum Arbeitslosigkeit, die Bevölkerung ist im Durchschnitt relativ jung. Man muss hier genau hinschauen, um die zu sehen, die am scheinbar allgemeinen Wohlstand nicht teilhaben. "Armut versteckt sich leicht", sagt die Geschäftsführerin der Caritas Erding, Barbara Gaab, "und bei alten Menschen versteckt sie sich oft komplett." Gerade ältere Menschen, die in Armut leben, "zeigen sich nicht". Sie haben es ihr Leben lang geschafft ohne staatliche Hilfe durchs Leben zu kommen - da wollen sie nicht am Ende doch noch aufs Sozialamt gehen und die ihnen zustehende Grundsicherung beantragen müssen. Lieber schränken sie sich ein und versuchen "mit ganz wenig durchzukommen", sagt Gaab. Auch Hafersuppe macht satt, jeden Tag.

Die Menschen nicht alleine lassen, das ist wichtig

Selbst die Profis von der Caritas bekommen diese versteckte Armut nur nebenbei mit, wenn sie zum Beispiel bei der ambulante Pflege zu den Leuten ins Haus oder die Wohnung kommen "und dann sehen, da gibt's nicht viel". In der Stadt frisst die Miete die Rente auf. Auf dem Land wohnen die Armen vielleicht sogar im eigenen Haus, was bei minimalen Altersgeldzahlungen aber kaum ein Vorteil ist. Und auch wenn man erkennt, dass eine alte Frau oder ein alter Mann Anspruch auf finanzielle Unterstützung hätten, "kann man eigentlich nur wenig tun", sagt Gaab. Man müsse doch höchsten Respekt haben vor Menschen, die in aller Bescheidenheit auf Sozialleistungen verzichten.

Was man aber tun kann, was man tun sollte und was immer wichtiger wird, ist, die Menschen nicht allein zu lassen. Denn die materielle Armut führt in verstärktem Maß auch zu Vereinsamung. Es gibt nicht wenige, die es sich nicht leisten können auszugehen, in einem Café ein Tässchen zu trinken oder ein Bier bei Wirt - allein schon weil für sie eine Busfahrkarte nach Erding, Dorfen oder Taufkirchen zu teuer ist. Wenn überhaupt ein Bus fahren würde und die Haltestelle nicht erst nach einem Kilometermarsch erreichbar wäre. Wer als alter Mensch arm ist und auf dem Land lebt, der kommt kaum noch raus.

Mittagstisch im Mehrgenerationenhaus

Das Mehrgenerationenhaus Taufkirchen versucht, dem etwas entgegenzusetzen. Dort gibt es zum Beispiel so einfache, schöne und sinnvolle Projekte wie den Seniorenmittagstisch. Das ist nicht nur gut, weil es zu kleinen Preisen warmes Essen gibt. Es ist eben auch viel erfreulicher, gemeinsam an einem Tisch zu sitzen, als ganz alleine zu Hause seine Suppe zu löffeln. Das Allerbeste jedoch ist, dass die Älteren beim Mittagessen mittendrin im Leben sind, weil um sie herum Kinder ebenfalls ihre Teller voll laden und es sich schmecken lassen. Das Mehrgenerationenhaus bringt so täglich in der Mittagszeit Jung und Alt auf völlig unkomplizierte Weise zusammen.

Doch auch wenn das Angebot für jeden Alten offen ist, kann nicht jeder teilnehmen - weil der Fußweg zu weit ist, zu beschwerlich oder zu gefährlich, weil der Bus nicht fährt oder zu viel kostet. Damit aber auch diejenigen, die nur aus diesen Gründen auch zu den anderen vielen Angeboten für Senioren im Mehrgenerationenhaus nicht kommen können, nicht länger ausgeschlossen sind, braucht es einen eigenen Kleinbus. Mit einem eigenen Fahrdienst wird das Mehrgenerationenhaus seiner Aufgabe noch besser gerecht werden. Der Bus wäre zudem auch für die Beförderung von Besuchern der regelmäßigen Demenzgruppen wichtig. Die wöchentlichen Treffen dienen nicht nur der Aktivierung von Demenzerkrankten, sondern auch explizit der Entlastung der Angehörigen. Mit einem eigenen Bus könnten Angehörige vom Fahrdienst befreit werden und von noch etwas mehr freier Zeit für sich selbst profitieren.

Der Adventskalender für gute Werke der Süddeutschen Zeitung möchte die Anschaffung eines Busses für das Taufkirchener Mehrgenerationenhaus unterstützen. Mit Spenden für den Adventskalender wird das möglich.

© SZ vom 03.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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