Starkbierfest beim Schex:Starke Sprüche

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Die Lokalpolitik verfügt sich gehorsam nach St. Wolfgang, um sich beim Schex derblecken zu lassen. Von Logistikhalle bis Leichenhalle: Wirt Anton Silbernagl erklärt, was ihm nicht gefällt

Von Philipp Schmitt, St. Wolfgang

Starkbier, derber Humor, launige Sprüche, bayerische Schmankerl, Blasmusik und ein Politikerderblecken: Am Freitag war es im Wirtshaus Zum Schex wieder einmal so weit: Die Politprominenz und die sogenannten Großkopferten durften beim Starkbierfest wieder Humor beweisen und sich vom Schex'n Toni, dem Gastwirt Anton Silbernagl, die Leviten lesen lassen. Am Ende erzählten sie auf der Bühne selbst einige Witze. "Wir hatten wieder eine gute Mischung", so lautete Silbernagls Fazit dieses gesellschaftlichen Ereignisses der besonderen Art.

Julian Wittmann kommt gut an

Der Saal platzte aus allen Nähten, viele Lokalpolitiker ließen sich beim Pendant zur Starkbierprobe am Nockherberg blicken. Silbernagl trat als Gstanzlsänger und Geschichtenerzähler auf und sorgte für Stimmung. Die von Rupert Schäfer dirigierte Kapelle des St. Wolfganger Musikvereins lieferte den musikalischen Rahmen. Als weitere Bühnenattraktionen trat Julian Wittmann aus Lengdorf mit Gitarre und Lederhose auf, der mit kraftvoll-selbstbewusster Stimme und mit frechen eigenen Texten zu Songs etwa der österreichischen Liedermacher STS für Beifall sorgte. Auch wenn es mit Texten über diverse Brauereien und Biersorten nicht wie bei seinem Vorbild Bob Dylan zum Literaturnobelpreis reichen dürfte - Wittmanns Auftritt hat dem Publikum gefallen.

Gut angekommen ist auch die Kabarettistin Patricia Müller, die als vermeintliche neue Wolfganger Tourismusreferentin die Gäste beim Spaziergang durch die Gemeinde auch Panoramablicke auf die A 94-Baustelle nicht vorenthalte, wie sie sagte, wobei die Tour vor allem bei katastrophenerprobten Japanern beliebt sei: Zu Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) sagte sie, dass sie ihn zur nächsten Tour einlade, damit er sich "das Panorama genau anschauen könne".

Ulrike Scharf fehlte

Die Kabarettistin fügte an, dass sie eigentlich zum Starkbierfest gekommen sei, um den bayerischen Finanzminister Markus Söder, der wie die Erdinger CSU-Landtagsabgeordnete und bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf nicht anwesend war, und den CSU-Bundestagsabgeordneten Andreas Lenz zu sehen. St. Wolfgangs Bürgermeister Ullrich Gaigl (FW) sei "in der falschen Partei", befand Patricia Müller, und werde gerne übersehen, aber sie werde ihn "schon noch berühmt machen".

Das Ambiente im Saal passte, wobei mit jedem "Prosit der Gemütlichkeit" das Starkbier bei dem einen oder anderen Besucher seine berauschende Wirkung weiter entfaltete und die urigen Gstanzl mit noch größerem Vergnügen zur Kenntnis genommen wurden: Etwa die von Silbernagl augenzwinkernd beschriebene Rivalität mit der Stadt Dorfen, vertreten durch die dritte Bürgermeisterin Doris Minet: "Kirchenläuten, Schweinegülle, Stadtwerke", das beste am multikulturellen Dorfen sei der Radlweg nach Sankt Wolfgang.

Leichenhalle oder Wellnesstempel?

Im Dorfener Stadtrat zu sein, sei Selbstgeißelung und schlimmer als der Weg nach Canossa, so der Schex. Aber auch St. Wolfganger Gemeindethemen durften nicht fehlen, der Schilderwald etwa und das Radlverbot an der Goldach entlang sowie das von der Feuerwehr geforderte neue Feuerwehrhaus, obwohl das alte Gebäude "wunderbar" sei. Es habe aber nur drei Ausfahrten für vier Fahrzeuge. In der Gemeinde Pastetten werde das vorgemacht: Die wollten sogar zwei neue Feuerwehrhäuser für Pastetten und Reithofen bauen, da dürften sich die Wolfganger nicht lumpen lassen.

Das neue Leichenhaus in Lappach habe er zunächst für einen Anbau mit Schwimmbad, Sauna und Terrasse gehalten, erst bei näherem Hinsehen sei ihm klar geworden, dass es sich um keinen Wellnessbereich handele. Auch der neue US-Präsident Donald Trump durfte nicht fehlen: Den Bau einer Mauer zwischen den USA und Mexiko könne er sich sparen, in Deutschland gab es die Mauer, aber so richtig teuer sei es erst danach geworden. Zum SPD-Effekt durch Martin Schulz meinte Silbernagl, dass es wirklich jeder zum Bundeskanzler schaffen könne - wenn er gewählt würde.

St. Wolfgang in der Bundesliga

Mit Starkbierrhetorik nahm er das neue Bundesverpackungsgesetz auf die Schippe. Da könne auch CSU-Mehrweg-Horst Seehofer getrost wieder als Ministerpräsident kandidieren. Auch Umweltministerin Scharf kam wegen der Aufarbeitung des Bayern-Ei-Skandals, den ihr ihr Vorgänger Marcel Huber "Ei brockt hat", nicht ungeschoren davon. Von Scharf könne zudem der Vorschlag stammen, über Afrika Nacktbilder von Seehofer, Söder oder dem "Schwimmer Jack", dem früheren St. Wolfganger Bürgermeister und jetzigem stellvertretenden Landrat, abzuwerfen, damit Flüchtlinge freiwillig einen Bogen um Bayern machen: "Da käme bestimmt kein Afrikaner mehr zu uns."

Für die vielen B- und C-Promis im Landkreis forderte er ein Landkreis-Dschungel-Camp. Und in Erding könne er die Diskussion um die elf Fußballplätze große neue Logistiklagerhalle nicht verstehen, schließlich seien derartige Hallen in Pyramoos längst üblich. Die Lokalpolitiker machten den Spaß mit. Zum Schluss mussten Bürgermeister Gaigl, Sissi Schätz aus Haag, Hans Wiesmaier aus Fraunberg, Bayerstorfer und Lenz Witze erzählen, die nicht zitiert werden müssen. Liedermacher Wittmann hatte noch einen: Ein St. Wolfganger Bürger hatte bei einer Fee einen Wunsch frei und wünschte sich den Aufstieg der Fußballmannschaft bis in die Bundesliga. "Unmöglich", entgegnete die Fee. "Hast du nicht noch einen anderen Wunsch?" "Doch, dass die Gemeinde in fünf Jahren schuldenfrei ist", worauf die Fee erwiderte: "Willst du erste oder zweite Bundesliga?"

© SZ vom 03.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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