Erding:Das Grauen eines Kriegs

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Während der Schwedenspiele gehört das Lager mit Kanone, Galgen und Schandgeige am Grünen Markt zur Kulisse. Dem historischen Geschehen des Dreißigjährigen Kriegs widmet sich von 2. Juli an eine Sonderausstellung im Frauenkircherl. (Foto: Renate Schmidt)

Der Überfall auf Erding anno 1632 steht im Mittelpunkt der Schwedenspiele. Parallel zu den Aufführungen widmet sich im Juli eine Ausstellung im Frauenkircherl dem Dreißigjährigen Krieg. Nicht nur Waffen und Folterinstrumente dokumentieren eine Zeit des Schreckens.

Von Regina Bluhme und Gerhard Wilhelm, Erding

Die Schwedenspiele der Volksspielgruppe Altenerding sind harte Kost. Beim blutigen Einfall der Schweden anno 1632 wird in der Altstadt gemordet, geplündert und gebrandschatzt - gespenstisch authentisch, aber zum Glück ohne echtes Blutvergießen. Anlässlich der Aufführung, die am Donnerstag Premiere hat, dokumentiert eine Sonderausstellung im Juli im Frauenkircherl die grausame Realität des Dreißigjährigen Kriegs (1618 bis 1648). Die Schau beschreibt die Ursachen und verheerenden Folgen und zeigt neben Gemälden und Kupferstichen auch Waffen, Rüstungen und Folterinstrumente.

Das Frauenkircherl am Schrannenplatz ist ein beliebter Ausstellungsort für Kunstschaffende. Das Gebäude hat im Laufe der Jahrhunderte schon einiges erlebt. 1648 wurde es durch einen Brand schwer beschädigt. In diese Zeit führt nun die Sonderausstellung zurück. Die Exponate stammen laut Christian Wanninger, Pressesprecher der Stadt Erding, aus den Jahren zwischen 1632 und 1634 sowie 1646 bis 1648, "in denen die Kriegswirren die Region um Erding heimsuchten und die Stadt sowie viele weitere Ortschaften in Südbayern teilweise mehrmals verwüsteten".

In einer separaten "Folterkammer" wird die Gerichtsbarkeit erklärt

Neben mehr als 30 Bildern, Kupferstichen, Drucken und Gemälden zeigt die Wanderausstellung auch Hellebarden und sogenannte Bauernwaffen, Musketen, Kanonen, Mörser und weiteres zeitgenössisches Kriegsgerät. Mehrere lebensgroße Figuren von Soldaten und Marketenderinnen sowie Rüstungen und weitere Ausrüstungsgegenstände werden präsentiert. Ergänzend werde das Thema Gerichtsbarkeit im 17. Jahrhundert in einer separaten "Folterkammer" erklärt, so Wanninger.

Die Schrecken, Ängste und Gräueltaten dieses mitteleuropäischen Religionskriegs zwischen Katholiken und Protestanten dokumentieren Unterlagen auch aus dem Stadtarchiv Erding. 1648 hatten nur sieben Bürgerhäuser in der Stadt die drei Verwüstungen überstanden, wie Wanninger schreibt. Das mittelalterliche Erscheinungsbild Erdings sei nach dem Krieg bis auf Türme, Stadttore und Stadtmauer fast vollständig ausradiert worden. Es folgte "eine entbehrungsreiche Zeit des Wiederaufbaus". Das ist ein Punkt, an dem die Neuinszenierung der Schwedenspiele durch Manuela Schieder und Renate Eßbaumer ansetzt. Der Fokus soll laut den beiden Regisseurinnen auf der Gewissheit liegen, dass Not und Elend überwunden werden können.

Tilly soll kurz vor seiner entscheidenden Niederlage in Erding übernachtet haben

Die Sonderausstellung im Frauenkircherl präsentiert das Museum Erding in Zusammenarbeit mit dem Historischen Verein Alt-Tilly aus Altötting, von dem die Leihgaben stammen. Der Name des 2004 gegründeten Vereins leitet sich vom Leibregiment des Reichsgrafen Johann Tserclaes von Tilly (1559 bis 1632) ab. Tilly befehligte das Heer der Katholischen Liga und war mit Wallenstein der bekannteste Feldherr im Dreißigjährigen Krieg. Der Verein betont die lebenslange Verbundenheit Tillys mit Altötting, wo der Feldherr auch begraben ist. Dabei weise die Stadtgeschichte Erdings ebenfalls den Überlieferungen nach einen kleinen Bezug auf, so Wanninger: So soll Tilly kurz vor seiner entscheidenden Niederlage gegen Gustav Adolph bei Rain an der Lechmündung, die auch sein Leben kostete, in Erding übernachtet haben. Quartier soll das heutige, unter Denkmalschutz stehende "Haus der Begegnung" an der Ecke Am Rätschenbach/Aeferleinweg gewesen sein.

Sonderausstellung im Frauenkircherl Erding: Samstag, 2. Juli, bis Sonntag, 24. Juli, geöffnet immer donnerstags bis samstags von zwölf bis 20 Uhr und sonntags von zwölf bis 17 Uhr. Schwedenspiele-Aufführungen: Donnerstag, 23. Juni, Samstag, 25. Juni, Freitag, 24. Juni, Donnerstag, 30. Juni, Donnerstag, 7. Juli, Freitag, 8. Juli, Samstag, 9. Juli, Donnerstag, 14. Juli, Freitag, 15. Juli, Samstag, 16. Juli, Donnerstag, 21. Juli, Freitag, 22. Juli, und Samstag, 23. Juli. Beginn ist jeweils um 21 Uhr.

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