Landkreis Erding:Spagat für die Sauna-Betreiber

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Alleine die Therme Erding hat 35 Saunen und Dampfbäder. (Foto: privat)

Ob Therme oder Stadtwerke: Eine generelle Schließung wird allseits abgelehnt. Die Verantwortlichen verweisen auf bereits getätigte Energiesparmaßnahmen und darauf, dass Wellness ein Teil der Gesundheitsfürsorge sei.

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Klaus Müller, Chef der Bundesnetzagentur, rechnet mit Einschränkungen bei Saunen und Wellness-Einrichtungen im Winter wegen der hohen Energiekosten. Dies sagte er vor kurzem der Neuen Osnabrücker Zeitung. Schon im April hatte er auf die Frage, ob Saunen künftig noch ständig beheizt werden könnten, mit "Nein" geantwortet. Das sei bei einer Gasnotlage auf gar keinen Fall mehr zu rechtfertigen. Saunenbetreiber im Landkreis, darunter die Therme Erding mit 35 Saunen und Dampfbädern, sehen dies indes anders und verweisen auf die wirtschaftlichen Folgen für die Betreiber und die Gesundheit der Bürger.

"Wir haben alles momentan Machbare in die Wege geleitet, wir sind auf fast alles vorbereitet", sagt Jörg Wund, Besitzer der Erdinger Therme. Mit einer Entscheidung zu einer Schließung ist er nicht einverstanden: "Im direkten Gespräch mit der Berliner Bundespolitik habe ich deutlich gemacht, dass es für die Thermen Erding und Bad Wörishofen sehr wichtig ist, dass keine pauschale Schließanordnung erlassen wird." Dies würde über den Winter für eine Million Bürger bedeuten, nicht Heilbaden oder in der Sauna präventive Gesundheitsvorsorge leisten zu können. Damit würde vielen Menschen, insbesondere Kindern, ein psychischer Ausgleich zu so mancher engen Stadtwohnung fehlen. "Dies ist in Krisenzeiten, die auch Familien sehr belasten werden, wichtiger denn je."

Auswirkungen auf einen ganzen Wirtschaftszweig

Auch Thermen-Geschäftsführer Marcus Maier ärgert, dass Vorschläge gemacht werden, ohne Rücksicht auf die Auswirkungen auf einen ganzen Wirtschaftszweig. "Der in den letzten Jahren schon genug gelitten hat durch Corona", betont Maier. Alleine die Therme Erding habe inklusive der Subunternehmer fast 1000 Mitarbeiter und generiere im Jahr locker 400.000 Übernachtungen. Die Therme sei für die Region Erding vor allem im Hotelbereich extrem wichtig.

Nicht nur die Becken, sondern auch die Rutschen in der Therme werden mit Thermalwasser versorgt. (Foto: Renate Schmidt)

Laut Maier habe die Therme "einen gesunden Energiemix aus Thermalwasser, damit versorgen wir zum Beispiel nicht nur die Becken, sondern auch die Rutschen. Einen Großteil der Energie beziehen wir aus dem Bereich der Fernwärme. Darüber hinaus betreiben wir zwei Blockheizkraftwerke, mit denen wir aktuell über 90 Prozent unserer Stromversorgung abdecken".

Zudem prüfe man laufend den Betrieb auf Einsparpotenziale, ob beispielsweise eine Rutsche gleich bei Öffnung in Betrieb gehen muss, erklärt Maier. Hier könnte man schnell zum Beispiel 70 Kilowatt pro Stunde einsparen. Oder, wenn eine wenig genutzte Sauna mal eine Stunde eher schließt. Bereits um 30 Prozent habe man aktuell die Innenbeleuchtung im Rutschenbereich gesenkt und die Außenrutschen würden erst um 11.30 statt 10.30 Uhr in Betrieb genommen. Es gebe viele kleine Stellschrauben, "die wir gerade prüfen, um Energie zu sparen, ohne dass die Qualität des Badebesuches für den Gast leidet", sagt Maier. Zwei Angestellte beschäftigen sich laut Geschäftsführer mit dem Energiemanagement und vor allem mit dem Ausbau von Photovoltaik-Anlagen. "Hier hoffen wir, dass wir 2023 im Sommer 100 Prozent des ganzen Stromverbrauches autark abdecken können und im Winter sind 40 bis 50 Prozent erstrebenswert."

Das Badeerlebnis soll möglichst nicht beeinträchtigt werden

Einen Spagat müssen auch die Stadtwerke Erding machen, die Betreiber des Hallenbades mit zwei Dampfsaunen sind. "Grundsätzlich versuchen wir, die Energieeinsparanstrengungen auch abseits der Temperaturabsenkungen voranzutreiben - im Übrigen nicht erst seit der aktuellen Energiekrise - wobei natürlich berücksichtigt werden muss, dass das Badeerlebnis für unsere Besucher so gering wie möglich beeinträchtigt werden sollte", sagt Geschäftsführer Christopher Ruthner. Deshalb habe man das Lehrschwimmbecken früher als sonst nach Ende des Schulbetriebes bis zur Eröffnung des Hallenbades außer Betrieb genommen.

Die Badewassertechnik werde stärker bedarfsorientiert betrieben, der LED-Beleuchtungsaustausch im Hallenbad soll vorgezogen und der Betrieb der Dampfsaunen, soweit dann noch zulässig, auf eine Sauna reduziert werden. Bereits im vergangenen Jahr habe man durch ein "Optimierungsprojekt der Heizanlage und deren Fahrweise" Einsparpotenziale in einer Größenordnung von rund zehn Prozent erarbeitet, sowie darüber hinausgehende Sanierungen der Technik mit dem Ziel der Erhöhung der Energieeffizienz durchgeführt, "sodass in Summe ein deutlich geringerer Energiebedarf des Bäderbereichs im Vergleich zu den Vor-Corona-Jahren zu erwarten ist", sagt Ruthner.

Beim Sportpark Fit & Fun, Gesundheitszentrum Dorfen GmbH, wurde bisher der Strom für die Saunen mit einem eigenen Kraftwerk produziert. "Aufgrund der explodierten Gaspreise können wir das nun nicht mehr betreiben und müssen den Strom zum Börsenpreis und den dortigen Gebühren und Margen zukaufen", sagt Geschäftsführer Hans Enzinger. Und deshalb habe man nun ein Problem - die Energiekosten für Wärme und Strom seien praktisch "nicht mehr bezahlbar und stürzen uns in Ertragsprobleme und bescheren große Verluste". Dennoch wolle man die Saunen offen halten, der Bereich Wellness sei für die Gesundheit der Nutzer wichtig.

Man muss von Tag zu Tag entscheiden

Die Folgekosten, wenn sie schließen müssten, wären für die Krankenkassen "gravierend und nicht tragbar". Energie habe man bei Fit & Fun schon länger eingespart und deshalb 2012 rund 200.000 Euro in ein Blockheizkraftwerk mit einem 18 Kubikmeter fassenden Wärmepufferspeicher investiert. Allerdings müsse man von Tag zu Tag entscheiden, "wie sich die Lage entwickelt und wie lange wir die Verluste ertragen können". Dennoch geht der Geschäftsführer davon aus, das die Fitness-/Wellnessanlagen den ganzen Winter offen haben werden.

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