Amtsgericht Erding:Fahrverbot und Geldstrafe für Raser

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Der Eingang zum Amtsgericht Erding an der Münchner Straße. (Foto: Stephan Görlich)

27-Jähriger fährt erst innerorts in Erding 140 und dann Richtung Berglern mit Tempo 170 weiter. Die Polizei kann ihm kaum folgen.

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Ein 27-jähriger Autofahrer ist am Amtsgericht Erding zu insgesamt neun Monaten Führerscheinentzug und zu 90 Tagessätzen zu je 50 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Nach Überzeugung von Amtsrichterin Michaela Wawerla ist er am 29. September vergangenen Jahres "grob verkehrswidrig und rücksichtslos" erst innerorts in Erding und dann außerorts Richtung Berglern gerast. Die beiden Polizeibeamten, die ihn in einem Dienstwagen verfolgten, bezifferten das Tempo auf der Alten Römerstraße mit 140 und mit rund 170 dann auf der Landstraße. Zudem überholte der 27-Jährige in einer unübersichtlichen Kurve vor Glaslern zwei andere Autofahrer.

Der Angeklagte war sich indes keiner Schuld bewusst. So wie es in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft stehe, stimme es nicht. Er möge vielleicht innerhalb Erdings 20 bis 30 Stundenkilometer zu viel auf dem Tacho gehabt haben, und außerhalb auch nicht mehr. Er habe aber definitiv immer "alles unter Kontrolle" gehabt und beim Überholen habe er keinen gefährdet. Dass er es nicht sein könne, dem die Polizei auf der Alten Römerstraße hinterhergefahren sei, liege daran, dass er nicht von der Anton-Bruckner-Straße mit einem "Drift", wie die Staatsanwältin sagte, in die Alte Römerstraße gefahren sei. Er sei von einem Freund gekommen, den er zuvor abgesetzt habe, und damit auf der Landshuter Straße gerade über die Kreuzung gefahren.

Um dem Fahrer hinterher zu kommen, war die Polizei selbst mit Tempo 140 unterwegs

Besagter Drift war der Auslöser, warum die Polizei überhaupt auf ihn aufmerksam wurde. Ein Polizeibeamter war gerade dabei, einem Autofahrer bei einer Verkehrskontrolle in der Landshuter Straße seine Papiere zurück zu geben, als er lautes Quietschen hörte, welches sich anhörte, als wenn ein Auto driftend durch eine Kurve fährt, in dem Fall an der Kreuzung abbiegt. Er habe nur noch kurz die Rücklichter des Fahrzeugs gesehen und sei dann schnell zum Dienstwagen geeilt, um die Verfolgung aufzunehmen. Bis sie die Rücklichter wieder gesehen haben, habe eine ganze Zeitlang gedauert, obwohl sie mit Blaulicht mit 140 Stundenkilometern auf der Alten Römerstraße unterwegs gewesen seien. Kurz nach der Tankstelle habe ihnen ein Rollerfahrer Handzeichen gegeben, wohin das Auto gefahren sei. Erst auf Höhe der Kirche St. Martin in Langengeisling, als sie selber schon fast mit 160 unterwegs gewesen seien, wie der fahrenden Polizeibeamte sagte.

Außerorts ging die Jagd weiter, wobei sie die Distanz zum Fahrzeug nicht nennenswert verkürzen hätten können, wie beide Beamten vor Gericht aussagten. Sie hätten in dem stark motorisierten Dienstwagen keine Chance gehabt ihn einzuholen. Auch der Kreisverkehr auf Höhe Eichenkofen habe den Fahrer nicht langsamer gemacht. Die Bremslichter seien zwar aufgeflackert, aber der Fahrer sei "sehr sportlich" über den Kreisverkehr gefahren. "Ich habe mich das in dem Tempo nicht getraut", sagte der Fahrer des Polizeiautos. Danach sei es mit Tempo 180 weiter gegangen und in einer S-Kurve vor Glaslern habe der Fahrer dann zwei vor ihm fahrende Fahrzeuge überholt. Da es nachts gegen 23 Uhr war und an der Kurve Maisfelder und ein Haus standen, könne er gar nicht gesehen haben, ob Gegenverkehr komme. Höchstens durch Lichter. Die Polizisten verzichteten ihrerseits auf ein ebenfalls gewagtes Überholmanöver. Im Anschluss schalteten sie zusätzlich das Anhaltesignal ein und tatsächlich habe er auf Höhe einer Holzhandlung vor Berglern angehalten.

Der Autofahrer hat laut Polizei gar nicht recht verstanden, warum man ihn aufgehalten habe

Als man ihn kontrolliert habe, sei er zwar kooperativ gewesen, aber er habe nicht recht verstanden offenbar, warum man ihn angehalten habe. Laut den Polizeibeamten habe er gesagt, dass sein schwer erkranktes Kind im Klinikum sei, außerdem müsse zuhause die Waschmaschine ausgeräumt werden. Warum es ihn aber auf den Weg zurück von der Klinik pressiert habe, wunderte beide Beamte.

Wenig Erkenntnis ergab die Aussage des Freundes des Angeklagten, den er nach Hause gefahren haben will. Nur soweit, dass dieser in der Landgestütstraße wohnt und der Angeklagte damit mit großer Wahrscheinlich tatsächliche über die Landshuter Straße geradeaus über die Kreuzung fuhr. Was den Anwalt des Angeklagten die These aufstellen ließ, dass das "driftende" Auto ein ganz anderes gewesen sei, das in der Alten Römerstraße abgebogen sei. Das Auto seines Mandanten habe man ja erst viel später gesehen.

Der Angeklagte habe sich grob verkehrswidrig und rücksichtlos benommen, sagt die Richterin

Theoretisch möglich, aber "sehr weit hergeholt", sagte die Amtsrichterin in ihrer Urteilsbegründung. Dagegen spreche das Handzeichen des Rollerfahrers und dass ein abbiegender Autofahrer bei dem Tempo massiv bremsen hätte müssen, womit die Polizei ihn noch gesehen hätte. Zudem sei durch die Aussagen der Beamten sicher, dass der Angeklagte spätestens sich außerorts "grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt" habe. Schließlich seien nachts nicht nur Autos mit Licht unterwegs, sondern auch schwächer beleuchtete Radler, Fußgänger und Tiere. Auf die habe der Angeklagte überhaupt keine Rücksicht genommen bei dem Tempo.

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