Prozess:Ehepaar kommt mit Bewährungsstrafe davon

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Die Anklage lautete auf Betrug und Urkundenfälschung. Nicht geklärt ist die Rolle einer ominösen Firma für Pferdemanagement

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Mit Bewährungsstrafen ist ein Ehepaar am Amtsgericht davon gekommen, obwohl auch Richterin Michaela Wawerla das Urteil schon unter "einigen Bedenken" gefällt hatte. Den beiden Angeklagten waren Betrug, versuchter Betrug und Urkundenfälschung vorgeworfen worden, dem 52-jährigen Mann zudem Sozialleistungsbetrug und Amtsanmaßung. Der Staatsanwalt hatte für beide Freiheitsstrafen ohne Bewährung gefordert, die beiden Verteidiger für die 51-jährige Ehefrau Freispruch, weil sie von den Machenschaften ihres Mannes nichts gewusst habe, und für den teilweise geständigen Mann eine Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung.

Bis die Beweisaufnahme mit Hilfe von fünf Zeugen und einiger Akten abgeschlossen werden konnte, verging einige Zeit. Und am Schluss blieben einige Fragen offen. Vor allem: Woher kommt das Geld, das beide in den vergangenen beiden Jahren ausgegeben hatten? Unter anderem 32 000 Euro für ein Pferd, wie der ermittelnde Polizeibeamte aussagte. Oder 23 000 Euro, um ein auf Kredit gekauftes neues Auto vorzeitig abzubezahlen. An Einnahmen konnten die Ermittler nur Zahlungseingänge von einem Münchner Versicherungsbüro auf den diversen Konten des Angeklagten feststellen, wo er als freiberuflicher Mitarbeiter geführt wird und wo der 52-Jährige an einem Projekt mitarbeite, wie er vor Gericht aussagte. Die Ehefrau gab an, sie beziehe derzeit ein monatliches Gehalt von 600 Euro von einer "Pferdemanagementfirma". Der Geschäftsführer: ihr Mann. Weitere Angaben - weder zum Tatvorwurf noch zu ihren finanziellen Verhältnissen - wollte sie nicht machen. Die hohen Summen wurden nach Erkenntnis des ermittelnden Beamten von einem Konto überwiesen, das einem Ungarn gehört, der seinen Wohnsitz nicht in Deutschland hat.

Die Pferdemanagementfirma spielt eine zentrale Rolle bei den Betrugs- und Urkundenfälschungsvorwürfen. In zwei Fällen hat das Ehepaar einen Bankkredit beantragt - einmal über 15 000 und einmal über 12 500 Euro. In beiden Fällen unterschrieb die 51-Jährige den Kreditantrag. Und in beiden Fällen wurden zum Nachweis der Kreditfähigkeit Gehaltsabrechnungen vorgelegt. Von eben dieser Pferdemanagementfirma, wo die Frau angestellt sei. Auch beim Kauf des Autos im Erdinger Autohaus.

Einerseits gab der angeklagte 52-Jährige zu, dass diese Abrechnungen sowie Kontoauszüge mit einem Guthaben von ihm gefälscht wurden, andererseits wurde darauf bestanden - vor allem vom Verteidiger der Frau - dass es diese Firma tatsächlich gebe. Der ermittelnde Beamte konnte aber weder einen Eintrag ins Gewerberegister noch bei der IHK feststellen. Auch seien bei der Durchsuchung der Wohnung des Ehepaars keinerlei Unterlagen über die Firma gefunden worden und auf den Konten keinerlei Bewegungen. Der Verteidiger des 52-Jährigen beteuerte bei seinem Plädoyer, dass es sogar beim Finanzamt eine Steuernummer gebe. Der Angeklagte hatte sich bei den Ermittlungen aber geweigert, dem Finanzamt das Recht auf Auskunft einzuräumen. Weitergehende Ermittlungen über die Finanzströme auf den Konten hatte der Beamte zwar beantragt, aber dann nichts mehr gehört von den zuständigen Stellen.

Beim Sozialleistungsbetrug habe es sich um einen Irrtum seines Mandaten gehandelt, sagt der Verteidiger. Das Jobcenter habe ihm geschrieben, wenn er nicht weiter mitwirke und nicht im Amt erscheine, würden er keine Bezüge mehr erhalten. Dass er in der Zeit, in der er von dem Versicherungsbüro Geld bekam, ihm auch Sozialhilfe überwiesen wurde, habe er erst später bemerkt. Mit dem Jobcenter habe er sich aber mittlerweile auf die Rückzahlung der zu Unrecht überwiesenen rund 3400 Euro geeinigt.

Für den Staatsanwalt reichte die Beweislage in Verbindung mit dem Teilgeständnis des Angeklagten aus, um gegen den Mann zwei Jahre und gegen seine Frau ein Jahr und zwei Monate Freiheitsstrafe zu fordern. Die Firma sei eine "reine Luftnummer", er sehe sogar eine Tendenz zum gewerbsmäßigen Betrug. Auch für Richterin Wawerla war die Mitwisserschaft der Ehefrau bestätigt. Zumal sie die Unterlagen für die Kredite über das Post-Identifizierungsverfahren persönlich abgegeben hatte. Für eine Strafe ohne Bewährung reiche es aber nicht, zumal sie ohne Vorstrafen sei. Beim Mann sprach nach Meinung der Richterin für ihn, dass er schon begonnen hat, den Schaden beim Jobcenter wiedergutzumachen, sein Geständnis und dass er offenbar jetzt regelmäßig an besagtem Projekt arbeite und Geld verdiene. Fast völlig unter dem Tisch fiel beim Strafmaß, dass er sich in zwei Fällen betrunken gegenüber Polizeibeamten und im Krankenhaus als Doktor der Zahnmedizin ausgegeben hatte.

© SZ vom 18.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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